Kiloweise Marihuana, Haschisch, Kokain und Amphetamin sollen die vier Männer aus Radolfzell und Engen in die Region gebracht und in der Drogenszene verkauft haben. Über Jahre sollen sie ein schwunghaftes Drogengeschäft von einem Mehrfamilienhaus aus in Radolfzell betrieben haben. Bis sie letztlich von der Polizei ins Visier genommen wurden und größere Mengen Drogen an einen verdeckten Ermittler veräußerten.

Wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge müssen sich ein 38-Jähriger und sein 33 Jahre alter Bruder, dessen ebenfalls 38-jähriger Freund, wohnhaft in Engen, sowie ein 34-Jähriger vor dem Konstanzer Landgericht verantworten. Am ersten Tag bekamen Prozessbeobachter einen Einblick in das Leben der vier Angeklagten.

Lange Drogenkarrieren und keine Berufsausbildung

Deren Lebensläufe und Drogenkarrieren ähnelten sich. Alle vier waren sie in Radolfzell geboren und aufgewachsen und hatten hier die Haupt- oder Realschule abgeschlossen. Im Teenageralter haben sie angefangen, Cannabis zu konsumieren, was ihnen letztlich jede Zukunftsperspektive verbaut hatte. Denn nur der 38-Jährige aus Engen schloss eine Ausbildung ab in einem Beruf, in dem er nicht arbeiten wollte. Die beiden Brüder hatten keine Ausbildung, nie eine dauerhafte Anstellung und wohnen noch immer im Haus ihrer Eltern. Der 38-jährige Bruder soll sich etwas Geld mit einer Amphibienzucht verdient haben.

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Der 34-jährige Angeklagte hatte im Alter von 15 einen Minijob begonnen und diesen bis zu seiner Festnahme ausgeübt. Der andere 38 Jahre alte Angeklagte wohnt mit seiner Verlobten und der gemeinsamen Tochter mittlerweile in Engen und jobbte im elterlichen Betrieb seiner Partnerin mit. Alle vier hatten nach jahrelangem, intensiven Cannabiskonsum auch mit härteren Drogen angefangen. Um ihre Sucht zu finanzieren, sollen sie Drogen auch verkauft haben. Seit der Hausdurchsuchung im August 2021 sitzen die Brüder und der 34-jährige in Untersuchungshaft, der 38-jährige aus Engen ist gegen Kaution freigelassen worden.

Drei Plantagen mit etlichen Cannabispflanzen

Vorgeworfen wird dem 33-Jährigen auch, Cannabispflanzen im großen Stil gezüchtet zu haben. Bei der Durchsuchung hatte man eine Plantage im Keller des Mehrfamilienhauses, auf dem Balkon seiner Wohnung sowie im benachbarten Wald der Wohnsiedlung gefunden. Der Mann muss wohl schon ziemlich lange Übung im Züchten der Cannabispflanzen haben, denn Fotos würden belegen, dass die Plantage bereits im Jahr 2011 existiert haben soll. Ebenfalls fand man tausende Cannabissamen in seinem Zimmer.

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Im Keller, der Garage und einem Gartenschuppen fanden die Beamten bei der Durchsuchung neben großen Mengen Marihuana auch Kokain und Amphetamine sowie hunderte Tabletten. Unter der Kellertreppe sowie in der Garage sei auch je eine Schreckschusspistole gefunden worden. Den Besitz der Pistole aus der Garage räumte der 33-Jährige ein, die unter der Kellertreppe sei nicht seine, ließ er seine Anwälte vor Gericht aussagen. Sein Bruder behauptete vor Gericht, nie etwas von den Plantagen des 33-Jährigen mitbekommen zu haben. Obwohl beide im selben Haus wohnten.

Deutsche Polizei bekam Daten von den französischen Behörden

Über einen längeren Zeitraum hatte die Polizei in verschiedenen Ermittlungsgruppen die Angeklagten beobachtet. Auf die kriminellen Aktivitäten sollen die Beamten durch „EncroChats“ aufmerksam geworden sein. EncroChat ist ein Textnachrichtendienst, der verschlüsselte Nachrichten und passende Endgeräte anbietet. Diese Form der Kommunikation nutzten hauptsächlich Mitglieder der organisierten Kriminalität.

Wie die Polizeibeamtin aussagte, die als Zeugin geladen war, habe man die Daten von den französischen Behörden zur Verfügung gestellt bekommen. Diese hatten die Benutzerdaten entschlüsselt und große Erfolge im Kampf gegen Drogenkriminalität erzielt. Und auch die deutschen Behörden haben mit den EncroChat-Daten Beteiligte größerer Drogenkartelle identifiziert und festgenommen. Nach und nach führte eine Spur auch nach Radolfzell.

Verdächtige Chatverläufe

Der 38-jährige aus Engen hatte in den Chatverläufen mit Synonymen über die bestellten Drogen geschrieben. So soll zum Beispiel „eine Matratze und ein Formular“ bedeutet haben, dass ein Kilogramm Marihuana und ein Gramm Kokain verlangt wurde. Der Mann aus Engen soll regelmäßig Besuch von den beiden Brüdern, mal mit einem Auto, mal mit einem Motorrad, mal mit einem E-Bike, erhalten haben. Dies belegen Bilder und Beobachtungen von Polizeibeamten, die alle Wohnhäuser observiert hatten.

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Keiner der vier Angeklagten besitzt einen Führerschein, dennoch seien sie regelmäßig mit Fahrzeugen unterwegs gewesen. Sie sollen große Rucksäcke unbekannten Inhaltes zwischen den Wohnhäusern transportiert haben. Der 34-jährige Angeklagte soll dann die Drogen an weitere Parteien, unter anderem einem verdeckten Ermittler, verkauft haben. Als Zwischenlager soll die Garage am Wohnhaus der Brüder gedient haben, zu dieser hatten alle Beteiligten jederzeit Zugang.

Durch die erdrückende Beweislast durch Chatverläufe, Überwachungsfotos, abgehörten Telefonaten, zahlreichen Drogenfunden bei der Hausdurchsuchung sowie dem Verkauf an einen Ermittler, zeigten sich drei der Angeklagten geständig in den meisten Anklagepunkten. Nur der 38 Jahre alte Bruder bestreitet etwas mit den Drogengeschäften seines kleinen Bruders und seiner Freunde gewusst zu haben. Er sei lediglich Konsument, kein Dealer.