Schon im antiken Griechenland waren die Darsteller der Theaterstücke männlich. Das blieb so bis ins 17. Jahrhundert. Erst William Shakespeare holte Frauen auf die Bühne. Eine Entwicklung, die an der Garde und ihrem Narrenspiegel vorbeigegangen ist. In Radolfzell werden Männer- und Frauenrollen von Männern dargestellt, die mal besser, mal weniger überzeugend aussehen. Männer in Frauenkleidern, das wollten die Holzhauer offenbar auch endlich mal ausprobieren. So ein Rock sieht ja auch sehr bequem aus. Eine ungewohnte Beinfreiheit, die man in den festen Hosen des Holzhauer-Häs eigentlich nicht kennt.
Zwischen Figurschmeichler und Lidstrich-Tücken
Als Schwarzwaldmarie im roten Bollenhut sind die Holzhauer in diesem Jahr unterwegs. Das dazu passende Dirndl ist eine kluge Kleiderwahl. Jede Frau wird bestätigen können, dass ein Dirndl nicht nur ein wahrer Figurschmeichler ist, sondern auch allgemein sehr komfortabel zu tragen. Doch hat es nicht nur Vorteile, einmal in das Gewand des anderen Geschlechts zu schlüpfen.
Beim Blick in das geschminkte Holzhauergesicht haben die ersten schon erlebt, wie schwer es sein kann, sich zu schminken. Wer da einen gerade gezogenen Lidstrich vorweisen kann, hatte garantiert Hilfe von der Gattin. Wenn er denn die Augen lang genug stillhalten kann, bis das Verschönerungsprojekt abgeschlossen ist. Daran scheiterten manche der Holzhauermaries.
Ein Blick fällt doch nicht auf? Von wegen
So lernten die sonst vor Maskulinität und Bartwuchs nur so strotzenden Herren, wie es ist, auf der anderen Seite der Blicke zu sein. „Alle schauen mir immer in mein Dekolleté“, jammerte eine der Maries, eine besonders Hübsche. Er, sie – das Gendern fällt heute etwas schwer – störte sich plötzlich daran, dass seine, ihre Brüste, wenn auch nicht echt, doch die Augen des Gegenübers fesselten.
Wenigstens reflektierte diese Marie ihr eigenes Verhalten, wenn sie dann wieder Holzhauer-Hosen trägt. „Ich dachte, es fällt nicht so auf, wenn man kurz guckt, aber man merkt es voll.“ Liebe Holzhauer-Maries, liebe Männer, im Namen von allen Frauen kann ich nur sagen: Doch, man merkt es. Wir haben es immer gemerkt.