Zum Leben eines Journalisten gehören Leserbriefe genauso dazu wie endlose Gemeinderatssitzungen oder Interviews. Vor allem die Radolfzellerinnen und Radolfzeller sind fleißige Leserbriefschreiber, sie wollen die Redaktion und die ganze Stadt gerne wissen lassen, was sie denken. Das ist gut so, Demokratie lebt schließlich von vielfältigen Meinungen. So überrascht es eigentlich nicht, dass auch die bekannteste Figur der Stadt, der Kappedeschle, sich mit einem Anliegen an die SÜDKURIER-Redaktion wendet. Dafür benutzt hat er den Mail-Account des Narrizella-Präsidenten Martin Schäuble. Und zwar wundert sich der Narr, warum ihm das Wasser abgedreht wurde.
Der Narr kann weiter Wasser lassen, beteuert er
An ihm liege es nicht, beteuert der Narr. „Ich erfreue mich bester Gesundheit und habe keine Probleme, tagsüber Wasser zu lassen. Wenn es zu wenig oder gar zu viel sein sollte, bin ich selbstverständlich auch in der Lage, das genau zu dosieren. Außerdem erfreuen sich viele daran, sich hier zu erfrischen und abzukühlen – für das sind die Brunnen auch schließlich da! Warum ich hier auf dem Trockenen sitzen soll, ist mir völlig unverständlich“, formuliert der berühmte Narr seine Verwunderung über den Zustand.
Und er wünscht sich eine Antwort auf seine Frage: „Ich würde mich sehr freuen, wenn mir das jemand erklären könnte. Ihr wisst ja, wo ihr mich findet. Ihr könnt mir auch gerne schreiben. Ich lese jeden Tag interessiert unseren SÜDKURIER.“
Die SÜDKURIER-Redaktion nimmt alle Leseranfragen, auch von berühmten Narren, ernst und hat bei den zuständigen Stellen im Rathaus nachgehakt, was es mit dem trockenen Brunnen so auf sich hat. Die Antwort der Pressestelle: Es liegt nicht am Narr, sondern an seinem Brunnen. „Wegen größerer Reinigungsarbeiten in den Pumpenschächten wurden die Brunnen abgestellt, um zu vermeiden, dass sich zwischenzeitlich noch mehr Ablagerungen absetzen. Die Technischen Betriebe sind dabei, die Brunnen Stück für Stück zu reinigen und wieder in Betrieb zu nehmen“, schreibt die Pressestelle.
Beim Kappedeschle-Brunnen sei allerdings eine Undichtigkeit festgestellt worden, deswegen handele es sich um eine größere Baumaßnahme. Der Narr wird wohl noch etwas auf das kühle Nass verzichten müssen.
Da ist selbst Bischof Ratold neidisch
Dabei schätzt er seinen Brunnen vor allem im Sommer sehr: „Eigentlich freue ich mich immer, meinen Job im Frühjahr und Sommer an meinem Arbeitsplatz, auf meinem Brunnen in unserer schönen Altstadt, zu verrichten. Im Herbst und Winter bin ich ja mit unserer Fasnet beschäftigt. Das ist ein wunderschöner Ausgleich dazu. Ich will nicht eingebildet klingen, aber ich gehöre dann zu den meistfotografierten Motiven in unserer Altstadt und gerade die Kinder freuen sich, mich zu sehen und an mir herumzuklettern. Darauf ist manchmal selbst mein Freund Ratold an seinem Brunnen ein bisschen neidisch.“ Jetzt ist geteiltes Leid vielleicht auch halbes Leid, der Ratoldus-Brunnen hat auch kein Wasser.