Er gehört zu Radolfzell einfach dazu: der Stadtbus, den es seit 1994 gibt und der seither zahlreiche Menschen transportiert. 930.000 Passagiere waren es laut den Stadtwerken zuletzt pro Jahr. Doch für sie soll sich künftig einiges ändern, denn das Stadtbuskonzept soll bei der Vergabe der Leistungen ab 2026 umgestellt werden und unter anderem umweltfreundlicher werden. Über die Eckpunkte der neuen Pläne wurde in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Planung, Umwelt und Technik beraten. Zuvor hatten Gemeinderatsarbeitskreissitzungen zu dem Thema stattgefunden.
Beitrag zur gewünschten Klimaneutralität
Hauptsächlich soll der Stadtbusverkehr elektrifiziert werden, denn bis 2035 will die Stadt Radolfzell klimaneutral werden. „Es ist klar, dass auch der ÖPNV seinen Beitrag bringen muss“, erklärte Oberbürgermeister Simon Gröger. Dieselbusse sollen dafür durch E-Busse ersetzt werden.
Aber nicht nur die Stadt will einen umweltfreundlicheren Stadtbusverkehr. Wie der Berater Matthias Schmechtig betonte, gibt es auch gesetzliche Vorgaben. Konkret müssen nach einer EU-Vorgabe bis Ende 2025 mindestens 45 Prozent der Busse der Stadtbusflotte sauber und davon 22,5 Prozent emissionsfrei sein. Ab 2026 und bis 2030 sind mindestens 65 Prozent saubere Busse vorgeschrieben, davon 50 Prozent emissionsfreie Busse.
So soll das Konzept aussehen
Vorgeschlagen wurde für die Vergabe der Leistungen ab 2026 ein Konzept, wonach die Stadtbus-Linien 1, 2, 4, 5, 7 und 8 mit insgesamt fünf E-Bussen betrieben werden. Damit wären 60 Prozent der Leistungen emissionsfrei. Die Stadtbus-Linie 6 soll mit Hybridbussen bedient werden, außerdem soll ein Hybrid-Reservebus angeschafft werden. Lediglich die Einzelfahrten im Schülerverkehr sollen auch künftig mit Dieselbussen der Schadstoffklasse Euro 4 funktionieren. Grund ist laut Matthias Schmechtig, dass dabei keine großen Strecken zurückgelegt werden – dafür einen E-Bus zu kaufen, sei nicht sinnvoll.
Denn die Umstellung des Buskonzepts ist teuer. „Wir sprechen von deutlichen Kostensteigerungen“, kündigte Simon Gröger bereits zu Beginn der Sitzung an. Generell erhöhen sich laut Schmechtig die Betriebskosten, denn es sei unter anderem durch den Mangel an Busfahrern zu Kostensteigerungen gekommen. Ohne, dass sich irgendetwas an der aktuellen Situation im Stadtbusverkehr ändert, geht man von rund 2,45 Millionen Euro höheren Betriebskosten pro Jahr aus. Zusätzlich werden die jährlichen Kosten für den Betrieb von fünf E-Bussen und vier Hybridbussen auf 300.000 und 40.000 Euro geschätzt. Hinzu kommen Kosten für die Ladetechnik.
Keine Garantie für Fördergelder
Zwar besteht die Möglichkeit, Fördergelder zu beantragen. Ob und in welchem Umfang das möglich wäre, ist aktuell aber noch unklar. „Es ist kein Selbstläufer, dass man Fördermittel bekommt“, betonte Matthias Schmechtig. Und selbst wenn: „Es wird über den Bund nie zu 100 Prozent gefördert.“
Doch es kommen noch weitere Kosten auf Radolfzell zu. Denn neben der Umrüstung der Busflotte soll auch der Verkehr selbst verändert werden: Unter anderem soll die nördliche Innenstadt stärker angebunden werden, indem alle Stadtbuslinien über die Teggingerstraße geführt werden. Auch soll zum Beispiel ein tagesdurchgängiger Halbstundentakt in Richtung Möggingen, Liggeringen und Güttingen eingerichtet und die Linie bis Stahringen verlängert werden. Das würde 3,28 Millionen Euro Betriebskosten bedeuten. Weitere Verbesserungen wie ein durchgängiger Zehn-Minuten-Takt seien angedacht, aber nur mit staatlichen Zuschüssen oder Ausgleichszahlungen möglich.
Soll es eine neue städtische Gesellschaft geben?
Empfohlen wird, dass die Bereitstellung der E-Busse und der nötigen Ladeinfrastruktur durch eine neue städtische Gesellschaft geschieht. Doch die müsste erst noch gegründet werden. Neben Details muss auch noch geklärt werden, ob die Hybridbusse über diese Gesellschaft beschafft werden sollen.
Gemeinderat Walter Hiller (Freie Wähler) hatte mit diesem Vorschlag aber so seine Probleme. „Ich halte das für noch nicht ausdiskutiert“, sagte er und hob die gute Zusammenarbeit mit den Stadtwerken, die den Stadtbus bisher betreiben, hervor. Auch Christof Stadler (CDU) war sich bezüglich einer neuen städtischen Gesellschaft unsicher. Die Wogen glätten konnte Udo Rothmund, Kaufmännischer Leiter bei den Stadtwerken. „Ob es eine Gesellschaft wird oder die Stadt oder die Stadtwerke, ist noch nicht entschieden“, erklärte er.
Vorschlag wird angenommen
Schlussendlich stimmten die Räte bei einer Gegenstimme dafür, den Stadtbusverkehr zum 1. Januar 2026 zu elektrifizieren und die genannten Feinjustierungen beim Stadtbusverkehr vorzunehmen. Übersteigen die mit der Elektrifizierung verbundenen Mehrkosten 800.000 Euro pro Jahr, soll die Stadt die Finanzierung über den städtischen Haushalt sicherstellen. Die Anschaffung der nötigen E-Busse und Ladeinfrastruktur soll durch die Stadtwerke oder eine neue städtische Gesellschaft geschehen. Zudem soll nun die Vergabe der Stadtbusleistungen entsprechend vorbereitet werden.