Elisa Gorontzy

Herr Holst, wann haben Sie angefangen, sich für den Schwimm-Sport zu begeistern?

Ich war schon immer ein Wassermensch, das war mein Ding. Wie man so schön sagt: Das Wasser ist des kleinen Mannes Weltall. Mit ungefähr acht Jahren habe ich mich bereits ins große Becken gestürzt, obwohl ich noch gar nicht richtig schwimmen konnte. Am Rand bin ich dann entlang getaucht. Und weil ich mit dreizehn Jahren schon knapp zwei Meter groß war, hatte ich einen echten Vorteil gegenüber den anderen Schwimmern und Schwimmerinnen im Verein.

Sie sind bestimmt auch an Wettkämpfen angetreten. Was waren denn die Wichtigsten für Sie?

Ich war nicht nur in Deutschland, sondern auch international unterwegs: Zum Beispiel in Norwegen und in Luxemburg. Da bin ich vor 30 Jahren das erste Mal für Deutschland in der Staffel geschwommen. Der Wettkampf in Luxemburg heißt mittlerweile Euro Meet und ist größer und bekannter geworden. Die wichtigsten Wettkämpfe für mich waren die Deutschen und Norddeutschen Meisterschaften.

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Nun zu Ihrem Werdegang. Wie sind Sie Schwimmtrainer geworden?

Durch Zufall, wie das Leben so spielt. Zuerst war ich staatlich geprüfter Snowboardlehrer in Österreich. An der Universität Innsbruck habe ich dann eine Ausschreibung für den ersten Teil des Schwimmtrainers gesehen und mich angemeldet. Ich dachte mir, im Winter könnte ich weiter als Snowboardlehrer arbeiten und im Sommer als Schwimmtrainer. Zu der Ausbildung gehörte auch ein Praktikum als Schwimmtrainer, das ich in einem Schwimmverein in Hall machte. Der Vorsitzende hatte mich dann gefragt, ob ich nicht bleiben möchte, um weiterhin den Nachwuchs zu trainieren. So konnte ich während meiner Ausbildung nebenher als Schwimmtrainer arbeiten, was ganz praktisch war. Meine A-Lizenz habe ich dann an der Sporthochschule in Graz erworben.

Das Hallenbad ist wieder mit Leben gefüllt. Die Singener Schwimm-Sport-Freunde dürfen wieder im Wasser trainieren, unter Einhaltung ...
Das Hallenbad ist wieder mit Leben gefüllt. Die Singener Schwimm-Sport-Freunde dürfen wieder im Wasser trainieren, unter Einhaltung strenger Corona-Auflagen. | Bild: Sabine Tesche

Mit Ihnen haben die Schwimm-Sport-Freunde Singen ihren ersten hauptamtlichen Trainer. Um Ihre Stelle anzutreten sind Sie von Tirol nach Singen umgezogen und das inmitten der Corona-Krise. Wie erging es Ihnen in der Zeit?

Den Umzug und Start in meine neue Arbeit habe ich mir natürlich anders vorgestellt. Wegen der Corona-Lage wollte ich nichts riskieren und bin in Singen freiwillig zwei Wochen lang in Quarantäne geblieben. Alles war schwieriger und hätte anders laufen können. Das Gute im Schlechten war, dass ich inmitten der Saison keine laufenden Vorbereitungen übernehmen musste. Ich hatte die Chance und Aufgabe komplett neu anzufangen.

Die Schwimmer mussten sich in eine Zwangspause begeben. So ganz ohne Training ging es aber nicht. Wie haben sie sich in dieser Zeit vorbereiten können?

Etwa drei Wochen sind verstrichen, ohne dass jemand wirklich sportlich aktiv war. Wir mussten uns alle erst mal vom Schock erholen, nicht ins Wasser zu dürfen. Weil es so nicht weiter gehen konnte haben Schwimmverbände Videos und Anleitungen mit bestimmten Übungen veröffentlicht. Für meine Gruppen habe ich auch ein Trocken-Trainingsprogramm erstellt, was echt nicht einfach war. Weder wusste ich, wie athletisch meine Schwimmer und Schwimmerinnen drauf sind, noch konnte ich sie überhaupt kennen lernen. Diese Chance hatte ich dann in den ersten drei Wochen nach der Zwangspause, als wir uns auf dem Sportplatz zum Trockentraining treffen durften. Wenn ich jetzt zurückdenke, haben wir uns in dieser Zeit doch wacker geschlagen.

Im kühlen Nass des Singener Hallenbades wird von Montag bis Samstag, unter der Aufsicht von Patrick Holst trainiert. Bild: Sabine Tesche
Im kühlen Nass des Singener Hallenbades wird von Montag bis Samstag, unter der Aufsicht von Patrick Holst trainiert. Bild: Sabine Tesche | Bild: Sabine Tesche

Wie sieht jetzt der Alltag als Schwimmtrainer aus?

Inzwischen dürfen die Schwimmer unter strengen Corona-Auflagen wieder ins Wasser. Sechs Mal die Woche stehe ich zwei Mal am Beckenrand und trainiere meine zwei Gruppen. In der ersten sind die Schwimmer und Schwimmerinnen zwischen 10 und 16 Jahre alt, unsere „Haie“. Nicht ganz so kreativ ist der Name meiner zweiten Gruppe, die „erste Mannschaft“. Da können wir uns noch etwas anderes einfallen lassen. Aber, richtig gut finde ich an dieser Gruppe, dass so viele Ältere dabei sind. Der älteste Schwimmer ist 23. In Österreich war das unüblich, da hatten wir eher Nachwuchs.

Dann konnten Sie Ihre Schwimmer und Schwimmerinnen schon viel besser kennen lernen, oder?

Man weiß ja nie auf Anhieb, wie jemand tickt. Das braucht seine Zeit, in der auch mal etwas schief laufen darf. Miteinander erlebte Geschichten schweißen als Team zusammen und man kann später in Erinnerungen schwelgen. Bis man dann eine feste Bindung aufgebaut hat, kann das schon mal Jahre dauern. Deshalb versuche ich jedes Gruppenmitglied solange bei der Stange zu halten, wie nur möglich.

Alle Qualifikations-Wettkämpfe hat der Deutsche Schwimmverband bis Mitte Juni leider absagen müssen. An weiteren Wettkämpfen können Schwimmer dadurch nicht teilnehmen. Wie ist die Stimmung?

Es geht einigermaßen, da viele verstanden haben warum es nicht funktioniert. Die Ansteckungsgefahr mit Corona ist bei solchen Events einfach zu hoch. Viel stärker hat der Trainingsausfall die Schwimmer und Schwimmerinnen getroffen.

Nach einer langen Zwangspause darf Schwimmtrainer Patrick Holst endlich seiner Aufgabe nachgehen, die Singener Schwimm-Sport-Freunde ...
Nach einer langen Zwangspause darf Schwimmtrainer Patrick Holst endlich seiner Aufgabe nachgehen, die Singener Schwimm-Sport-Freunde wieder in Topform zu bringen. | Bild: Sabine Tesche

Wann dürfen die Schwimmer und Schwimmerinnen voraussichtlich wieder an Wettkämpfen antreten? Können sie schon ein Datum nennen?

Bis zum 31. Oktober ist erstmal alles lahmgelegt. Ob Meisterschaften nachgeholt werden oder erst nächstes Jahr wieder starten ist ungewiss. Für November steht ein eigener Wettkampf in Planung, ohne Garantie, dass dieser dann auch stattfindet. Wer weiß, wie die Corona-Lage in drei Monaten aussieht.

Schwimmer und Schwimmerinnen haben wegen den damaligen Unsicherheiten um einen festen Schwimmtrainer den Verein verlassen. Wie sieht es jetzt mit Nachwuchs aus?

In Singen mache ich mir keine Sorgen um Nachwuchs für unseren Verein. Die Leute haben schon verstanden, dass Schwimmen der einzige Sport ist, der Leben rettet. Es kommen viele Kinder nach. Es ist wichtig eine breite Basis zu haben. Dabei spielt die Frage nach Talent auch erst mal keine Rolle. Wir fördern jedes Kind, nicht nur die körperlich besonders geeigneten oder diejenigen mit besonderem Wassergefühl. Denn, wenn wir uns nur auf vermeintliche Talente konzentrieren, die früher oder später das Handtuch schmeißen, würden wir keinen guten Job machen.

Am Beckenrand steht Patrick Holst, erster hauptamtlicher Schwimmtrainer der Singener Schwimm-Sport-Freunde.
Am Beckenrand steht Patrick Holst, erster hauptamtlicher Schwimmtrainer der Singener Schwimm-Sport-Freunde. | Bild: Sabine Tesche

Jetzt noch eine wichtige Frage zum Abschluss unseres Interviews. Wie lange können Sie unter Wasser die Luft anhalten?

Mein persönlicher Rekord liegt bei 75 Meter weit tauchen. Das sind im Singener Hallenbad drei Bahnen am Stück. Da die Muskeln Sauerstoff brauchen ist vom bewegungslosen Tauchen zu unterscheiden. Hierbei schaffe ich circa zwei Minuten.

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