Glückliche Gewinner, eine beschädigte Lokomotive und ein besonderes Jubiläum: Der Start in die Museumsbahnsaison zwischen Singen und dem schweizerischen Etzwilen hatte manche Überraschungen parat. Nicht alle davon waren schön, dennoch fällt das Fazit positiv aus.
Schon zur Mittagszeit kam Stefan Keller vom Verein zur Erhaltung der Bahnlinie Etzwilen-Singen (VES) in den überfüllten Wagen des Dampfzugs von Etzwilen in Richtung Singen ins Schwitzen. Denn es waren bereits fast alle Fahrkarten, die für den Tag gedruckt worden waren, verkauft. Der Andrang zum Saisonauftakt war enorm.
Geburtstagsfest für die Schweizerische Nationalbahn
Grund dafür dürften neben dem Bahnhofsfest in Rielasingen auch die Feierlichkeiten zum 150-jährigen Jubiläum der Schweizerischen Nationalbahn gewesen sein. Im Bahnhof von Etzwilen waren aus diesem Anlass zahlreiche historische und moderne Schienenfahrzeuge ausgestellt. Zu den Glücklichen, die sich einen Platz in einem der Züge sichern konnten, gehörte Familie Haberstroh aus Singen. Sie hatten die Mitfahrt beim Jahresrückblickrätsel des SÜDKURIER gewonnen.
„Ich hatte schon öfter mitgemacht, aber bisher noch nie etwas gewonnen“, sagt Angelika Haberkorn. Sie hatte genau auf diesen Gewinn gehofft, verrät sie im Gespräch. Denn die Familie ist seit Generationen eng mit der Eisenbahn verbunden: Drei Lokführer zählen sie in ihren Reihen. Als ehemalige Singener Gemeinderätin sei Angelika Haberstroh zudem im Genehmigungsprozess für die Museumsbahnstrecke bis Singen eingebunden gewesen, berichtet sie.

„Ich bin an der Strecke aufgewachsen und erinnere mich noch gut an die vorbeifahrenden Dampfloks. Meine Oma hat immer darauf geachtet, dass die Wäsche reingeholt wurde, wenn ein Zug kam, damit sie nicht schwarz wird“, erzählt Haberstroh lachend.
Defekt an der Lok sorgt für ungeplante Pause
Kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof von Etzwilen kommt es dann zu einer unverhofften Pause: Die Diesellok, die den Zug in Ramsen übernommen hatte, verlor plötzlich Öl und der Zug kam wenige Meter vor der Bahnhofseinfahrt zum Stehen.
Bevor es weitergehen konnte, musste die vorige Dampflok ihre Pause unterbrechen und dem Zug hinterhereilen, um ihn in den Bahnhof zu schieben. Dabei wollte die Besatzung der historischen Dampflok eigentlich Pause machen, um die Maschine vom Typ 3/5 aus dem Baujahr 1910 mit Wasser zu versorgen.
Am Bahnhof warteten bereits viele Fahrgäste auf die Rückfahrt nach Singen. „Eigentlich hätten wir zwei zusätzliche Wagen angehängt, aber das war durch den Betriebsablauf im Bahnhof Etzwilen nicht möglich“, sagt Stefan Keller. So standen die Fahrgäste bei der Rückfahrt teils dicht gedrängt in den Waggons. Der ungeplante Halt wegen des Ausfalls der Diesellok sorgte zudem für Verspätungen. Das kam nicht bei allen Fahrgästen gut an, sagt Keller.
Doch Familie Haberstroh und viele andere Eisenbahn-Begeisterte ließen sich die Stimmung davon nicht verderben. Auf dem Rückweg machen sie noch Station beim Bahnhofsfest in Rielasingen, wo der Geburtstag von Tochter Maike gefeiert wird. Sie ist eine der Lokführerinnen in der Familie. Wäre es für sie als Fachfrau da nicht mal interessant, auf dem Führerstand der Dampflok Hand anzulegen? Die Antwort der 27-Jährigen kommt zögerlich. „Ich mag die modernen Fahrzeuge mehr. Sie sind auch deutlich sauberer“, sagt sie mit einem verschmitzten Lächeln. Insgesamt sei der Beruf in den vergangenen Jahrzehnten deutlich moderner geworden.
Begeisterung für die Bahn liegt in der Familie
Das kann Papa Martin Haberstroh bestätigen. Denn auch er hat 33 Jahre lang als Lokführer gearbeitet. „Die Fahrten auf dem Führerstand sind gigantisch“, schwärmt er. Insbesondere die nächtlichen Fahrten auf der Schwarzwaldbahn mit der Aussicht auf die beleuchteten Häuser entlang der Strecke, die fast wie bei einer Modellbahn gewirkt hätten, haben ihn begeistert.
Mit einigen Minuten Verspätung dampft der Museumszug schließlich wieder in den Bahnhof Singen. Dort wird aus dem Lautsprecher angekündigt, dass die letzte geplante Fahrt des Tages in Richtung Etzwilen ausfallen muss. Doch Eisenbahnfans haben in diesem Jahr noch weitere Gelegenheit, die Fahrt mit der historischen Bahn zu genießen.

„Unser nächster Fahrtag ist am Sonntag, 29. Juni“, sagt Werner Wocher, Co-Präsident des VES. Dabei steht eine Dreicksfahrt zwischen Schaffhausen, Singen und Etzwilen an. Die Zugfahrt kann kombiniert werden mit einer Schifffahrt auf dem Rhein zwischen Schaffhausen und Stein am Rhein. „Die Verbindung zwischen Zug und Schiff übernimmt ein historisches Postauto“, berichtet Wocher. Weitere Fahrten der Museumsbahn sind für September und Oktober geplant.