Mit der schrittweisen Öffnung der Kindertageseinrichtungen ändert sich für viele erst mal nichts. Denn maximal die Hälfte der Kinder, die eine Einrichtung üblicherweise besuchen, dürfen nach der seit 18. Mai gültigen Corona-Landesverordnung wieder in die Kita. Die andere Hälfte nicht. „Die Kinder genießen es, in ihrer vertrauten Umgebung die anderen Kinder wieder zu sehen und sind bereits nach kurzer Zeit wieder im Spiel vertieft“, berichtet der für die Engener Kindergärten verantwortliche Hauptamtsleiter Patrick Stärk: „Auch wenn die Zeiten von Corona uns so manches abverlangen, können wir uns alle am unbeschwerten Verhalten der Kinder orientieren“, empfiehlt er. Dass der Besuch der Kita dabei ein Privileg ist, verschweigt er nicht. „Wir können nur dann allen gerecht werden, wenn die Kindergärten wieder ihren Regelbetrieb aufnehmen dürfen“, sagt er.
Den Kindern, die in die Kita dürften, ginge es besser als den anderen, bestätigt Singens Sozialbürgermeisterin Ute Seifried. Denn für die Kinder und deren gesunde Entwicklung sei es wichtig, die Kita zu besuchen. Sabrina Ritter ist Erzieherin im Ten-Brink-Kindergarten in Volkertshausen, liebt ihre Arbeit und ist interessiert am Wohl des Kindes. In einem Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann formuliert sie klar ihre Forderung: die sofortige Öffnung aller Kitas! Dabei betont sie, dass sie nicht nur für sich selbst, sondern für alle Kinder und für alle Familien schreibt, die seit Wochen entlastet werden müssten. Alle Kinder hätten ein Recht darauf, eine Kindertageseinrichtung zu besuchen. Besonders im Vorschulalter seien soziale Kontakte sehr wichtig. Die darauffolgenden Jahre würden auf die Erfahrungen und dem Gelernten im Kindergartenalter aufbauen. Diese Erfahrungen seien wichtig für eine gesunde, ganzheitliche Bildung und Entwicklung.

Laut einer Veröffentlichung des Kultusministeriums sollen Kitas zügig, aber schrittweise und besonnen geöffnet werden. Durch hohe Infektionsschutzstandards, die in den Kitas umgesetzt werden, müsse man ein Aufflammen der Pandemie verhindern, heißt es darin weiter. Schrittweise könne ein reduzierter Regelbetrieb aufgenommen werden. Diese Ausdrucksweise weckte bei Eltern verständlicherweise Hoffnungen und Begehrlichkeiten, führte letztendlich aber doch wieder zu Frust in den Familien. Denn konkret heißt diese Formulierung, dass abhängig von der personellen und räumlichen Situation einer Einrichtung maximal 50 Prozent der Kinder betreut werden dürfen. In Engen beispielsweise sind das in allen sieben Einrichtungen 225 Plätze. Vergeben an Kinder der Notbetreuung sind bisher 150 Plätze. Wenn man nun, wie in der Corona-Landesverordnung vorgegeben, die Kinder mit besonderem Förderbedarf wieder betreut, bleiben bei dieser einfachen Rechnung nicht mehr viel Plätze für die vielen anderen Kinder übrig. In Engen entschied man sich deshalb dafür, die Vorschulkinder aufzunehmen, damit sich diese wieder an einen für den baldigen Schulalltag wichtigen Rhythmus gewöhnen können. Damit sind dann die möglichen Kapazitäten bereits erschöpft.
Kritik an Landespolitik
Kritik an der Informationspolitik des Kultusministeriums gibt es auch aus Singen. Samstags sei die geänderte Landesverordnung vorgelegen, am darauffolgenden Montag hätte man die Kitas öffnen dürfen, erzählt Singens Bürgermeisterin Ute Seifried. „Wir haben zwar vorher Gerüchte vernommen“, kritisiert sie dieses Vorgehen. Über diese Gerüchte hätte man sich auch Gedanken gemacht, doch bis zuletzt wusste man eben nicht, was tatsächlich in der Verordnung stehen würde. Und um alles korrekt umsetzen zu können, brauchte man etwas Vorlaufzeit. In Singen erstellten daraufhin die verschiedenen Träger gemeinsam ein einheitliches Konzept.
Konkret bedeutet dies, dass dann erst eine Woche später, also am heutigen Montag und eben maximal die Hälfte der Kinder wieder die Kita besuchen dürfen. „Ein Konzept zu erstellen war sehr komplex und kompliziert“, so die Sozialbürgermeisterin, die sich für alle Kinder und deren Familien wieder mehr Normalität im Alltag wünscht. In Singen entschied man sich, Kinder nach einer Art Rangfolge aufzunehmen. Nach den notbetreuten Kindern von Eltern, die systemrelevanten oder präsenzpflichtigen Tätigkeiten nachgehen, werden Kinder mit einem amtlich bestätigten besonderen Förderbedarf professionell betreut.

Kinder von Alleinerziehenden, mit zusätzlichem Sprachbedarf, aus Familien, in denen überwiegend nicht Deutsch gesprochen wird, Kinder aus Familien mit mehreren Kindern oder Vorschulkinder werden nun auch wieder in den Kitas spielen und lernen dürfen – zumindest so viele bis die Maximalanzahl erreicht ist.