Die drei Brüder Ettore (36), Massimo (41) und Angelo (46) Pernice und Antonio Mansolillo (51) erfüllen sich mitten in der Corona-Pandemie in der Innenstadt ihren Traum von der eigenen Bar und einem Restaurant. Außerdem haben sie in der Ekkehardstraße 59 ein Geschäft für italienische Feinkost eröffnet. Die Bar e Cucina Unico in der August-Ruf-Straße öffnete am 20. März und bietet neben Kaffeegetränken, italienische Gerichte zum Mitnehmen an. Was hat die Brüder bewogen, in Zeiten, in denen viele Gastronomen um ihre Existenz kämpfen, ein neues Unternehmen aufzubauen? „Wir planen schon länger, ein Restaurant in der Hadwigstraße neben dem Café Schröder zu eröffnen, der Ausbau muss aber gerade ruhen, weil noch ein Gutachten erstellt werden muss“, erklärt Ettore Pernice.

Zusätzlich eine Bar in der Innenstadt aufzumachen, war so nicht geplant. Aber die Chance, mitten in der Fußgängerzone ein Lokal zu bekommen, sei einmalig gewesen. Sie hätten gewusst, dass sie sofort zuschlagen mussten, als der Laden frei wurde. Das Kleidergeschäft Bonita, das vorher drin war, musste wegen Insolvenz schließen. Jetzt bieten die in Deutschland geborenen Italiener seit März dort Espresso, Cappuccino und Co. an. Auf die Frage, wie es für sie in der Corona-Zeit läuft, antworten sie: „Wir kommen klar.“ Die Stimmung in der Stadt sei schon ein bisschen komisch gerade abends, sei die Stadt wie leer gefegt. Die wenigen Passanten wunderten sich, dass die Bar bis 20 Uhr geöffnet habe.
Nachbarn kommen gern
Sie hätten aber von vielen Nachbarn und anderen Gastronomen positive Resonanz auf die Eröffnung bekommen. „Natürlich gibt es welche, denen wir ein Dorn im Auge sind, aber viele kommen auf einen Kaffee vorbei und freuen sich über das neue Angebot“, erklärt der gelernte Bankkaufmann Ettore Pernice. Er ist der Meinung, dass Konkurrenz das Geschäft belebe und die Gäste sich über ein vielseitiges Gastronomieangebot in Singen freuen. Die Eröffnung des Einkaufszentrums Cano habe seiner Meinung nach eine positive Wirkung auf die gesamte Innenstadt. Es habe die Stadt aufgewertet, so dass jetzt auch Kunden aus Radolfzell und Konstanz kämen.
Es ist die Liebe zur italienischen Küche, die die vier Teilhaber das Projekt haben angehen lassen. Der Vater der Brüder, der als Gastarbeiter von Neapel nach Singen gekommen ist und bei Georg Fischer gearbeitet hat, habe diese Liebe vermittelt. „Der Papa hat gekocht und es war immer etwas Besonderes. Essen ist Familie und Zusammensein“, erzählt Massimo Pernice, der von Beruf Lackierer ist. Das wollen sie in ihren Restaurants vermitteln. Auch die Tatsache, dass immer mehr Deutsche die original italienische Küche schätzen, habe ihnen für ihr Unternehmen Mut gemacht. „Die Deutschen gehen gern essen und viele wissen inzwischen, wie es in Italien schmeckt und möchten das genau so haben“, erklärt Massimo Pernice. Deshalb setzen sie auf original italienische Produkte und Spezialität und bezögen sie aus Italien, was wegen Corona derzeit manchmal zu Lieferschwierigkeiten führe.
Auch wenn sie von ihrem geplanten Restaurant „Insolito“ in der Hadwigstraße berichten und die Pläne zeigen, ist ihnen die Begeisterung anzumerken. Es soll im Juli eröffnet werden und ist gerade im Innenausbau. Mit einem knapp 250 Quadratmeter großen Lokal mit Außengastronomie haben die Brüder Großes vor und viel investiert. Sie sind aber überzeugt, dass ihr Konzept ankommt und die Menschen, sobald es wieder möglich ist, die Restaurants füllen werden. Das sehe man jetzt in der Schweiz, wo die Gäste die Außengastronomie sehr gut nutzen.
Pizzabäcker aus Italien
Rund 20 Mitarbeiter sollen an den drei Standorten Arbeit in Vollzeit finden. Dazu kämen Teilzeit- und Aushilfskräfte. Derzeit sind es sechs Mitarbeiter in Bar und im Lebensmittelgeschäft La Bottega. Die Angestellten sind Italiener, die Pizzabäcker sollen aus Neapel kommen. Dabei sei es gar nicht so einfach, die Fachkräfte, die über eine Agentur kämen, für Deutschland zu begeistern. „Pizzabäcker verdienen in Neapel gut und warum sollen sie ihre Heimat und Familie verlassen, um in Deutschland zu arbeiten?“, erklärt Massimo Pernice. Da müssten die Singener schon mehr bezahlen, damit die Bäcker nach Deutschland kommen.
Wohnung für Mitarbeiter anmieten
„Wir haben außerdem eine Wohnung neben der Bar Unico angemietet, um die Mitarbeiter unterzubringen. Ziel ist aber, dass sie mit ihren Familien hier heimisch werden“, erklärt Ettore Pernice. Was den Brüdern, wie allen, zu schaffen macht, ist die fehlende Nähe in der Corona-Zeit: Dass man sich nicht mehr richtig begrüßen oder an der Bar ganz selbstverständlich nebeneinander stehen kann. „Ich hoffe, dass wir in ein, zwei Jahren auf die Pandemie zurückblicken und sagen können, das war wie ein böser Traum“, sagt Massimo Pernice.