Vor zwei Jahren haben sich die Truppen der Nato aus Afghanistan zurückgezogen und den offiziell 20 Jahre dauernden Krieg für beendet erklärt. Krisen und Konflikte gibt es dort aber bereits seit Ende der 1970er-Jahre. Auch im Hegau leben einige Hundert Afghanen, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Sie wissen durch ihre Kontakte, dass es den Menschen in der Heimat nicht gut geht. „Gegen das Vergessen“ – unter diesem Motto informieren nun drei Organisationen, die sich um die Situation der Menschen in Afghanistan Sorgen machen und bei einer Spendenaktion über 10.000 Euro gesammelt hatten. Am Samstag, 22. Juli, spricht Stefan Recker, Büroleiter von Caritas International in Kabul, im Gemeindesaal von St. Josef an der Worblingerstraße 14 in Singen über die Situation in dem krisengeplagten Land.
10.000 Euro Spenden
Vor rund neun Monaten hatten die Vereine „Unser buntes Engen“, „InSi“ (Integration in Singen) und der Caritasverband Singen-Hegau mit einer Spendensammlung „Afghanistan darf nicht vergessen werden“ für Projekte in Afghanistan begonnen. Über 10.000 Euro sind seither zusammengekommen, berichtete Wolfgang Heintschel, Geschäftsführer des Caritasverbands Singen-Hegau. Der Büroleiter von Caritas International in Kabul, Stefan Recker, wird nun am 22. Juli berichten, wie die Situation ist und für welche Projekte die Spendengelder verwendet werden.
„Wir erleben in der Region eine große Spendenbereitschaft“, sagte Heintschel. Der Verein „Unser buntes Engen“ hatte bereits im Januar mit einem afghanischen Abend auf die Lage der Menschen in Afghanistan aufmerksam gemacht. „Die Situation vor Ort wird von Tag zu Tag schlechter“, sagte Ajmal Farman, Vorsitzender von „Unter buntes Engen“. Er selbst ist vor rund 20 Jahren aus Afghanistan nach Deutschland geflohen. Auch der Singener Verein „InSi“ begleitet Afghanen seit Jahren. Ende 2022 waren in Singen 177 Afghanen gemeldet, in Engen waren es rund 50.
Eindrücke aus einem geplagten Land
„Zu Beginn der Spendenaktion gab es sieben Projekte, die wir unterstützen wollten“, sagt der Vorsitzende von InSi, Bernhard Grunewald. Vier Projekte seien von den Taliban verboten worden oder wurden nicht weitergeführt, weil Frauen Beschäftigungsverbot haben. Ein noch laufendes Mutter-Kind-Projekt in Kabul soll unter anderem mit den Spendengeldern unterstützt werden. Zainab Hussaini, die seit März 2022 in Deutschland lebt, berichtete, dass besonders die Kindersterblichkeit in Afghanistan hoch ist. So gebe es keine Impfungen gegen Kinderlähmung, weil diese verboten seien, wusste sie. Deshalb sei Hilfe für Mütter und deren Neugeborene sehr hilfreich, wurde hervorgehoben.
Unterstützung durch die Bundestagsabgeordneten
Nachdem die Bundeswehr das Feld geräumt habe, seien viele Fragen offen geblieben und inzwischen gebe es auch einen Untersuchungsausschuss, dem unter anderem die FDP-Bundestagsabgeordnete Ann-Veruschka Jurisch angehöre, so Grunewald. Er berichtete, dass alle drei Bundestagsabgeordneten sehr engagiert bei Einzelschicksalen helfen und bei erfolgreichen Einbürgerungen aktiv begleitet haben.
Ajmal Farman sprach die schwierige Situation für Menschen vor Ort an, die ausreisen möchten. „Sie haben keine Ansprechpartner und sind quasi gezwungen, illegal nach Pakistan auszureisen“, so informierte Farman. Doch er weiß auch von kleinen Erfolgen. So hätte im Rahmen eines Projektes vereinzelt Lehrerinnen die Möglichkeit bekommen, wieder in ihrem Beruf zu arbeiten und somit ihre Familie zu ernähren. Arbeitslosigkeit ist dennoch ein großes Problem für die Familien, neben der steigenden Sterberate für Kinder und Frauen. Bei der Informationsveranstaltung werden auch Afghanen aus der Region dabei sein und über die Situation in ihrer Heimat berichten.