Kitty Molnar sagt bisweilen Sätze, die man von einem Menschen mit ihrem Lebenslauf nicht unbedingt erwarten würde. Zum Beispiel diesen: „Ich bin mit Viva und Stefan Raab aufgewachsen.“ In ihrer Jugend, Ende der 1990er Jahre sei das der einzige Musiksender gewesen, den man in ihrer Heimatstadt habe empfangen können. Die Heimatstadt, das ist das ungarische Györ, im Dreiländereck mit Österreich und der Slowakei gelegen. Dort ist sie, geboren 1980, aufgewachsen und hat bis zum Fall des Eisernen Vorhangs das kommunistische Programm in der Grundschule miterlebt. Bananen und Milka-Schokolade habe sie erst mit zehn Jahren probiert – gekauft in Österreich.
Seit einem halben Jahr ist Molnar Chefin des Singener Einkaufszentrums Cano. Im Mai folgte sie auf die erste Center-Managerin des Cano, Carolin Faustmann. Wie ist die Lage im Shopping-Tempel? Frei formuliert, kann man es so zusammenfassen: Unter den gegebenen Umständen kann man zufrieden sein. „Wir haben inzwischen eine Frequenz von 19.000 Kunden am Tag erreicht“, sagt Molnar, an Samstagen seien es 20.000 oder mehr Menschen, die im Cano einkaufen.
Für die Größe des Centers sei das ein guter Wert, bei der Planung sei das Betreiber-Unternehmen ECE von 19.000 bis 20.000 Kunden am Tag ausgegangen. Beim jüngsten verkaufsoffenen Sonntag hätten die hauseigenen Zählanlagen in sechs Stunden sogar 23.000 Besucher gezählt. Doch die Kauflaune der Verbraucher sei gedämpft: „Das merken auch unsere Mieter“, sagt Molnar. Zumal das Cano in einer denkbar schwierigen Lage eröffnet habe, nämlich mitten in der Corona-Pandemie. Und danach folgten weitere Krisen.

Molnar spricht auch offen darüber, dass Ladenlokale im Einkaufszentrum leer stehen. Der Sneaker-Händler Comix hat schon im Frühsommer bekannt gegeben, insolvent zu sein. Das Ladenlokal im Cano hat das Unternehmen dann auch relativ rasch geschlossen, der Standort in der Singener Innenstadt blieb länger offen. Auch bei dem Bekleidungshändler Orsay gingen wegen Insolvenz die Lichter aus. Beide Geschäftsräume im Shopping-Zentrum sind derzeit noch leer, bei beiden arbeite man aber an der Neuvermietung, sagt die Centerleiterin. Bis es soweit ist, dauere es bei Insolvenzen aber länger, als wenn einfach ein Mietvertrag ende – denn die Insolvenzverwaltung ist komplizierter.
Angesichts der Lage mit der Belegung der Ladengeschäfte zufrieden
Dass solche Schließungen an der Miethöhe im Einkaufszentrum liegen könnten, glaubt Molnar nicht: „Wir verlangen marktübliche und für hier angemessene Mieten.“ Zudem kenne jeder Händler die Miete natürlich, bevor er den Vertrag unterschreibt und ins Cano einzieht. Sie richtet den Blick auf die Haben-Seite. Seit das Center bestehe, habe es nur die beiden insolvenzbedingten Schließungen gegeben. Es sind also keine Mieter ausgezogen. „Das spricht für das Center“, findet die Chefin. Demnächst gebe es zudem zwei Neueröffnungen, die sich aber unter anderem durch Verzögerungen beim Bau in die Länge gezogen hätten.
Von den 85 Geschäften im Cano seien derzeit sieben leer – die Quote von unter zehn Prozent sei nicht größer als üblich in Deutschland. Zumal Fluktuation zu einem Einkaufszentrum dazu gehöre, sagt Molnar: „Angesichts der aktuellen Situation sind wir mit der Belegung zufrieden.“ Im Unternehmen gebe es aber Spezialisten, die sich um Neuvermietungen kümmern. Und: Dem Bereich Gastronomie gehe es sehr gut. Wie die Lage zu bewerten ist, ergibt sich am ehesten aus dem regionalen Vergleich. Beim Konstanzer Einkaufszentrum Lago gibt man auf Anfrage allerdings keine Besucherzahlen heraus – unter Verweis auf die Unterschiede in der Mieterstruktur. Anna Wehking von der Öffentlichkeitsarbeit des Lago schreibt in ihrer Antwort aber auch, dass es dort derzeit keine Leerstände gebe.
Molnar: Gutes Verhältnis zur Innenstadt ist wichtig
Zur Singener Innenstadt möchte Kitty Molnar ein positives Verhältnis pflegen, betont sie. Im Standortmarketingverein Singen aktiv ist sie im Vorstand, beim City Ring, der Werbegemeinschaft der Innenstadthändler, gehört sie zum Werbebeirat. In ihren Augen hätten Innenstadt und Cano getrennt nicht die Strahlkraft, um genügend Einkäufer nach Singen zu locken. Man müsse gemeinsam für Strahlkraft sorgen. Auch Standortdebatten in der Nachbarschaft sieht sie mit Sorge. Mit Blick auf die Lage des Karstadt-Konzerns sagt sie: „Wenn so große Flächen frei würden, wäre das für den ganzen Standort Singen schlimm.“ Da der stationäre Einzelhandel ohnehin schon unter der Online-Konkurrenz leide, freue man sich über ein großes Angebot, sagt sie – und das auch mit Blick auf das angekündigte Ende des Sporthauses Schweizer.
Ein Thema, das Kitty Molnar spürbar berührt, ist der Sturz eines jungen Mannes von einer Rolltreppe im Juni. Er war aus etwa zehn Metern Höhe ins Untergeschoss des Centers gestürzt und hatte sich lebensgefährlich verletzt. Fünf Monate nach dem Vorfall sagt sie aufgrund ihrer Informationen: „Mein Team und ich sind froh, dass es ihm wieder besser geht und er gute Chancen hat, wieder gesund zu werden.“ Sie stellt aber auch klar, dass kein Umbau an den Rolltreppen notwendig werde. Und: Jede technische Einrichtung im Einkaufszentrum sei selbstverständlich vom TÜV abgenommen.
Was die Zukunft des Cano angeht, so sei die Vollvermietung ihr oberstes Ziel, sagt Molnar: „Das Cano ist auf dem besten Weg, wirklich erfolgreich zu sein. Das zeigen die Kennzahlen.“ Wirklich erfolgreich, was ist das für sie? Wenn es keine Leerstände mehr gibt und täglich im Durchschnitt 20.000 Kunden durch die Geschäfte flanieren.