Lärm, Abgasgestank und nicht zuletzt auch ein Sicherheitsproblem: Für die Stadtverwaltung ist schon lange klar, dass die Bundesstraße 34, die derzeit über Freiheit- und Ekkehardstraße verläuft, aus der Singener Innenstadt verschwinden soll. In der jüngeren Zeit ging es auch immer wieder darum, mehr Platz für Radfahrer zu schaffen – was in den beiden Straßen derzeit nicht möglich ist, wenn sie den Verkehr einer Bundesstraße aufnehmen sollen. Dass sich etwas ändern sollte, zeigt auch die Tatsache, dass die Stadt kürzlich Tempo 30 ganztags auf Freiheit- und Ekkehardstraße eingeführt hat – zum Schutz der Anwohner vor Verkehrslärm und als Konsequenz aus dem Lärmaktionsplan, den Kommunen aufgrund von Europarecht aufstellen müssen.
Der Plan ist, dass die Bundesstraße durch das Industriegebiet über die Georg-Fischer-Straße verlaufen soll. Und dass damit mehr Durchgangsverkehr aus der Innenstadt verschwindet, Freiheit- und Ekkehardstraße zu Gemeindestraßen werden. Die Stadt Singen hätte dann die Hoheit über diese beiden Straßen und könnte mit dem Gemeinderat über deren Gestaltung bestimmen.
Stadtverwaltung setzt sich seit mehr als zehn Jahren für Verlegung ein
Allein: Den Plan zur Umstufung von Ekkehard- und Freiheitstraße gibt es schon seit mehr als zehn Jahren. So schildert es der städtische Pressesprecher Stefan Mohr. Und er ergänzt: „Da gibt es leider keine Neuigkeiten.“ Dennoch wolle die Stadtverwaltung nicht aufgeben. Wir „werden uns im Sinne einer Mobilitätswende, und um mehr Gestaltungsspielraum im Bereich von Freiheit- und Ekkehardstraße zu erreichen, weiter für eine Umstufung einsetzen“, schreibt Mohr weiter.
Doch wo liegt das Problem?
Die zuständige Behörde ist das Regierungspräsidium Freiburg. Dort heißt es: „Der Antrag auf Umwidmung von einzelnen Straßen in Singen kann nicht losgelöst von einer Gesamtnetzbetrachtung entschieden werden.“ Allein den Innenstadtbereich zu betrachten, sei nicht möglich, schreibt Pressesprecherin Heike Spannagel. Ob die Umstufung der Straßen möglich ist, müsse das Fernstraßen-Bundesamt (FBA) entscheiden. Dies werde erst geschehen, wenn feststeht, ob die B34 zwischen der Schweizer Grenze bei Thayngen und dem Anschluss an die B33 auch künftig für den Fernverkehr relevant sei.
Zahlreiche Schritte bis zur Umstufung einer Bundesstraße
Um das herauszufinden, habe das Bundesministerium für Digitales und Verkehr ein Gutachten in Auftrag gegeben, so Spannagel. Was dabei herauskam, habe wiederum das Landesverkehrsministerium wissen wollen. Die Kernaussage, die Spannagel in ihrer Stellungnahme transportiert, lautet: Eine Fernverkehrsrelevanz des betreffenden Streckenabschnitts sei nicht mehr gegeben.
So weit so gut. Doch da sich das Gutachten noch in der Qualitätssicherung befinde, könne die Fernverkehrsrelevanz des oben genannten Streckenabschnitts noch nicht abschließend bewertet werden, schreibt Spannagel in schönster Ämterprosa. Um Freiheit- und Ekkehardstraße zur Gemeindestraße abzustufen, müsse zudem eine leistungsfähige Umgehungsstrecke vorhanden sein.
Diese wäre im städtischen Plan die Georg-Fischer-Straße, wo die Stadt bereits 2021 die Fahrbahn im östlichen Abschnitt erneuert hat, unter anderem vor dem Hintergrund der gewünschten Aufstufung zur Bundesstraße. Mit der Aufstufung ist nämlich verbunden, dass der Träger der Baulast wechselt. Im Klartext: Anstelle der Stadt kommt dann der Bund für den Unterhalt der Straße auf. Damit dieser später keine Forderungen wegen Schäden an der Straße an die Stadt erhebt, hat die Stadt saniert – Kostenpunkt laut der Auftragsvergabe im Bauausschuss knapp 98.000 Euro.
Könnte man die B 34 auch einfach in Singen unterbrechen?
Dabei sah es im Winter noch so aus, als könnte alles deutlich einfacher sein. Damals hat Dietrich Bubeck, der für die Grünen im Singener Gemeinderat sitzt, mit einem Mitarbeiter des Fernstraßen-Bundesamtes über das Thema gemailt. Wenn sich die Verkehrsbedeutung geändert habe, könne das baden-württembergische Verkehrsministerium den Straßenabschnitt „in Auftragsverwaltung des Bundes ohne Zustimmung des FBA“ abstufen, heißt es in einer Nachricht des Mitarbeiters, die einem Antrag der Grünen im Gemeinderat beiliegt. Im Klartext: Man könnte die Bundesstraße auch einfach unterbrechen.
Beim Regierungspräsidium Freiburg klingt das heute indes anders. Sollte sich die fehlende Fernverkehrsrelevanz bestätigen, müsse das bestehende Straßennetz neu bewertet werden, schreibt Sprecherin Spannagel. Und: Laut Bundesfernstraßengesetz müssten die Bundesstraßen ein zusammenhängendes Netz bilden. Sie erklärt daher: „Eine Unterbrechung der B 34 ist demnach nicht möglich.“
Und dann gibt es noch den Faktor Geld. Denn wenn eine Straße ab- oder aufgestuft wird, muss auch eine andere Verwaltungsebene für den Unterhalt aufkommen. Dazu müssen Defizite beim Unterhalt der jeweiligen Straße ermittelt werden. Die Verhandlungen dazu dürften dauern, schätzt RP-Sprecherin Spannagel. Die Unterlagen dazu seien beim Fernstraßen-Bundesamt. Die Stadt habe alle erforderlichen Schritte ausgeführt, schreibt Stadtsprecher Mohr. Und er gibt zu bedenken: Wenn die Bundesstraße doch unterbrochen werden sollte, wäre die Stadt plötzlich zusätzlich für mehrere Kilometer Straße zuständig, was einiges Geld kosten würde. Das Fernstraßen-Bundesamt ist nun am Zug – das schreiben beide Pressesprecher übereinstimmend. Doch der Zeitplan ist völlig offen. Man sei ganz auf die übergeordneten Behörden angewiesen, schreibt Stadtsprecher Mohr.