„Heller. Wärmer. Gemeinsamer“ – Unter diesem Motto stand die Umgestaltung des Innenraums der Stockacher St. Oswaldkirche, die mit der feierlichen Altarweihe durch den Freiburger Erzbischof Stephan Burger, Anfang Dezember 2022 abgeschlossen wurde. Doch nun, gut zwei Jahre später, steht die Frischzellenkur wieder im Fokus, denn sie wurde von der Architektenkammer Baden-Württemberg als eines von 24 Bauprojekten im Landkreis Konstanz mit einem Preis für Beispielhaftes Bauen Landkreis Konstanz in den Jahren 2018 bis 2024 ausgezeichnet.

Die Jury sieht in der Renovierung eine „herausragende innenarchitektonische Übersetzung religiöser Werte in die Gegenwart“, heißt es in der Begründung, die auf der Internetseite der Architektenkammer Baden-Württemberg veröffentlicht wurde. Die Renovierung der Pfarrkirche St. Oswald zeige „eine beispielhafte Umgestaltung eines bisher christozentrisch geprägten Raums in eine heutige Communiolösung“, so die Begründung weiter. Konkret bedeutet das, dass die Gemeinde mehr im Zentrum stehen soll.

Das könnte Sie auch interessieren

Symbolik und Material gefallen der Jury

Doch nicht nur die Symbolik der Umgestaltung gefiel der Jury, auch die Ausführung und die verwendeten Materialien werden in der Urteilsbegründung positiv erwähnt. „Durch die Verwendung besonderer Materialien wird eine wohltuende Raumwirkung erreicht. Das überdimensionierte, scheinbar schwebende Lichtkreuz füllt den Altarraum und verleiht dem gesamten Kirchenraum eine einmalige Atmosphäre“, heißt es dort.

Die Gemeinschaft im Fokus: Das wird auch durch die neue halbrunde Altarinsel und die daran angepassten ersten Bankreihen deutlich.
Die Gemeinschaft im Fokus: Das wird auch durch die neue halbrunde Altarinsel und die daran angepassten ersten Bankreihen deutlich. | Bild: Dominique Hahn

Auch bei vielen Gemeindemitgliedern kommt die Neugestaltung gut an, wie einige von Ihnen kurz nach der Altarweihe im Gespräch mit dem SÜDKURIER berichteten. Doch insbesondere am besagten Lichtkreuz des Künstlerehepaars Lutzenberger aus Bad Wörishofen scheiden sich die Geister.

Bei der Preisverleihung für die Innenrenovierung der Stockacher St. Oswaldkirche von links: Tobias Meigle (Jury-Vorsitzender), Bernhard ...
Bei der Preisverleihung für die Innenrenovierung der Stockacher St. Oswaldkirche von links: Tobias Meigle (Jury-Vorsitzender), Bernhard und Susanne Lutzenberger, Monika und Gerhard Lallinger, Pfarrer Heinz Vogel, Baubeauiftragter Stephan Kessler und Landrat Zeno Danner. | Bild: Felix Kaestle

Einer der Fans ist Jürgen Brecht aus dem Gemeindeteam. In einem früheren Gespräch mit dem SÜDKURIER schwärmte er von der Lebendigkeit, die entstehe, wenn sich die Lamellen des Kreuzes anfangen zu bewegen. „Da war für mich Action und Freude dabei, die mitschwingen soll, wenn wir Gottesdienst feiern, während ich in der alten Kreuzigungsgruppe immer die Tristesse des Karfreitags gesehen habe“, so Brecht.

Nicht alle sind glücklich mit dem neuen Aussehen

Manch einen schmerzt aber auch der Verlust der Kreuzigungsgruppe, die den gekreuzigten Jesus darstellte, der von Maria, seiner Mutter und seinem Lieblingsjünger Johannes betrauert wird. „Die neue Gestaltung mit Altar und Ambo gefällt mir sehr gut, aber die Kreuzigungsgruppe fehlt mir einfach. Sie war für mich ein wesentlicher Bestandteil der Kirche“, sagte Gemeindemitglied Oswald Stetter in einem früheren Gespräch mit dem SÜDKURIER. Er sei sich sicher, dass diese sich gut eingefügt hätte, wenn man sie gereinigt und restauriert hätte, betonte er damals.

Das könnte Sie auch interessieren

Auch im Gästebuch, das in der evangelischen Melanchthon-Kirche ausliegt, finden sich Einträge, in denen Besucher schildern, dass sie eigentlich zur katholischen Gemeinde gehören, mittlerweile aber lieber in die evangelische Kirche kommen, weil sie sich nach der Renovierung von St. Oswald dort nicht mehr zu Hause fühlen.

„Das Ziel des Gemeindeteams, die Stärken dieses besonderen Kirchenraumes in den Vordergrund zu stellen und mit den Anforderungen einer ...
„Das Ziel des Gemeindeteams, die Stärken dieses besonderen Kirchenraumes in den Vordergrund zu stellen und mit den Anforderungen einer zeitgemäßen Liturgie in Einklang zu bringen, ist meiner Meinung nach bemerkenswert gut gelungen.“ – Stephan Kessler, Baubeauftragter des Gemeideteams von St. Oswald | Bild: Claudia Ladwig

Renovierung war dringend nötig

Die Renovierung, die im Sommer 2021 begann, war indes dringend nötig gewesen. „Stark verschmutzte Innenwände, die der zuvor freundlichen und hellen Kirche ein fast erdrückendes Erscheinungsbild bescherten, aber auch klimatische und akustische Beeinträchtigungen verstärkten den Wunsch der Kirchengemeinde, den Raum durch eine umfassende Renovierung wieder deutlich aufzuwerten“, schreibt die Architektenkammer Baden-Württemberg.

Das könnte Sie auch interessieren

Lob gibt es von der Jury auch für die Marienkapelle, die durch eine kleine bauliche Maßnahme auf der linken Seite des Chorumgangs entstanden ist. Die Rückwand der kleinen Kapelle zeigt statt einer traditionellen Marienabbildung mit Jesuskind eine auf viele Messingplättchen gedruckte moderne Fotografie einer innigen Darstellung von Mutter mit Kind.

An der linken Seite des Chorumgangs wurde im Rahmen der Renovierung eine kleine Marienkapelle mit einer modernen Darstellung eingerichtet.
An der linken Seite des Chorumgangs wurde im Rahmen der Renovierung eine kleine Marienkapelle mit einer modernen Darstellung eingerichtet. | Bild: Dominique Hahn

Raum für Begegnung außerhalb des Gottesdienstes

Die ehemalige St. Oswaldkapelle unter der Empore wurde im Rahmen der Renovierung zu einem Raum der Begegnung mit Küchenzeile sowie Tisch- und Stuhlmobiliar umfunktioniert. Neben den gestalterischen Eingriffen waren umfassende Instandsetzungs- und Restaurierungsarbeiten an der Raumschale und Ausstattung notwendig. Die komplette Technik des Kirchenraumes wurde modernisiert, auch das Heizungskonzept wurde erneuert. Daneben wurde ein barrierefreier Zugang zur Unterkirche errichtet.

Im Gemeindeteam von St. Oswald zeigt man sich zufrieden mit der Renovierung und freut sich über die Auszeichnung durch die Architektenkammer. „Das Ziel des Gemeindeteams, die Stärken dieses besonderen Kirchenraumes in den Vordergrund zu stellen und mit den Anforderungen einer zeitgemäßen Liturgie in Einklang zu bringen, ist meiner Meinung nach bemerkenswert gut gelungen“, sagt Stephan Kessler, der das Projekt vonseiten der Gemeinde als Baubeauftragter begleitet hat.

Renovierung war günstiger als geplant

Architekt Gerhard Lallinger habe sich dabei als echter Glücksgriff erwiesen. So sei das Projekt nicht nur im Zeitplan, sondern sogar unterhalb der Kostenplanung geblieben. „Auch die Zusammenarbeit mit dem Künstlerehepaar Lutzenberger+Lutzenberger war für mich etwas ganz Besonderes. Ihre ästhetischen und kraftvollen Kunstobjekte halte ich für eine echte Bereicherung. Die vielen positiven Rückmeldungen aus der Gemeinde, aber auch von außerhalb, sind eine erfreuliche Bestätigung. Dass die Arbeiten jetzt auch die Anerkennung einer unabhängigen Fach-Jury bekommen, freut mich ganz besonders“, so Kessler.