Inzigkofen – Zu einer Lesung mit Johannes F. Kretschmann und Edwin Ernst Weber, aus der unlängst erschienenen Anthologie „Familienerinnerungen aus dem Großen Krieg“ laden die Bildungswerke Inzigkofen und Laiz-Leibertingen am Mittwoch, 7. Dezember, 19.30 Uhr, in das Gartenzimmer des ehemaligen Klosters Inzigkofen ein. Kretschmann und Weber spüren in diesem Band in sehr persönlichen Beiträgen den bis heute schmerzlichen Erinnerungen in ihren Familien an den Ersten Weltkrieg nach, heißt es in einer Mitteilung der Veranstalter.
Das besondere Interesse von Johannes Kretschmann gilt den Hintergründen des Kriegstodes seines Urgroßvaters Eugen Kienle. Wie er aus verschiedenen Quellen zusammenträgt, wollte die Urgroßmutter und Bäuerin Anatolia ihren Mann nach seinem letzten Fronturlaub nicht wieder in den Krieg ziehen lassen und versteckte dessen Uniform, sodass er erst mit mehrtägiger Verspätung in seine Garnison zurückkehrte, in eine andere Einheit wohl strafversetzt wurde und schließlich im weiteren Kriegsgeschehen vermisst wurde. Vergebens und wohl auch mit dem bohrenden Verdacht einer eigenen Mitschuld wartete Anatolia mit ihren Kindern auf die Rückkehr des Ehemanns und Vaters. Und die Urgroßmutter hatte noch einen zweiten, schmerzlichen Kriegsverlust zu tragen: Ihr Lieblingsbruder Xaver, ein begabter, aufstrebender Architekt, wurde als Leutnant bei einer Patrouille am Hartmannsweilerkopf an der Vogesenfront tödlich verwundet. Als Anatolia 1960 im hohen Alter starb, wurde sie – ihrem ausdrücklichen Wunsch folgend – im Ehrengrab des Lieblingsbruders an der Laizer Kirche bestattet.
Ausgangspunkt für die historisch-literarische Erkundung von Weber sind im Nachlass der Vorfahren aufgefundene Bilder seines Großvaters, der aus seinem bescheidenen Kleinbauerndasein in Dunningen an die Front in den Vogesen abkommandiert wurde und nach der Rückkehr ein Leben lang nichts mehr von Krieg und Soldaten wissen wollte. Im väterlichen Familienzweig führte der Krieg zur anhaltenden Entfremdung mit dem in Paris als Uhrmacher lebenden Bruder der Großmutter, der 1915 vom eigenen Vater enterbt worden war, weil er ohne dessen Erlaubnis die französische Staatsangehörigkeit angenommen hatte. Auch auf die Einweihung des Dunninger Kriegerdenkmals 1927 und der dabei vom damaligen Ortspfarrer gegebenen Opfer-Deutung des Soldatentods geht Weber in seinem Beitrag ein.
Der Vortrag findet am Mittwoch, 7. Dezember, 19.30 Uhr, im Gartenzimmer des ehemaligen Klosters Inzigkofen statt.