Der Tourismus war ein zentrales Wahlkampfthema von Stephan Frickinger, der seit Anfang Mai dieses Jahres Leibertingens Bürgermeister ist. Nun hat Frickinger zum ersten Mal einen Vorschlag in den Gemeinderat eingebracht, um Leibertingen touristisch weiterzuentwickeln. Er möchte, dass die Gemeinde „prädikatisiert“ wird – und zwar zum sogenannten „Erholungsort“.

Eine solche Anerkennung erfolgt nach dem Kurortegesetz von Baden-Württemberg. Zuständig für Leibertingen ist das Regierungspräsidium in Tübingen. Die Prädikatisierung bedeutet für die Gemeinde, dass sie gewisse Qualitätsanforderungen erfüllen muss – beispielsweise bei der Infrastruktur. Leibertingen könnte aus Sicht seines Bürgermeisters mit seiner guten Luft punkten, um den Kriterien als Erholungsort zu entsprechen.
Bei der Beratung zu Frickingers Vorhaben im Leibertinger Gemeinderat waren sich die Räte einig, dass die Gemeinde das Prädikat „Erholungsort“ beantragen solle und dass das dafür benötigte Gutachten in Auftrag zu geben sei. Viel Klärungsbedarf gab es allerdings dazu, was auf die Gemeinde zukommt, wenn Leibertingen in Zukunft ein Erholungsort sein wird.
Fördermittel für die Gemeinde
Bürgermeister Frickinger will mit der Prädikatisierung zum Luftkurort auch ein Stück weit, die „knappe“ finanzielle Lage der Gemeinde Leibertingen verbessern. „Sie können die Prädikatisierung nutzen, um touristische Fördermittel zu beantragen“, begründete Frickinger sein Vorhaben gegenüber dem Gemeinderat. Das seien in der Regel Mittel, die man für die Ortsgestaltung nutzen kann, fügte der Bürgermeister an. Die Bewohner Leibertingens könnten aus Sicht von Frickinger ebenfalls von den Fördermitteln profitieren. Als Beispiel nannte er das Naturbad, dessen einmal anstehende Sanierung aus solchen Mitteln finanziert werden könnte. „Alles, was man an touristischer Aufwertung macht, kommt auch der Ortschaft selbst zugute“, sagte Frickinger.
Leibertingen hat gute Luft
Der sogenannte „Erholungsort“ ist die kleinste Stufe bei der Prädikatisierung. Bei der Anerkennung zum Kurort müsste Leibertingen ein „natürliches Heilmittel“ oder „klassisches Heilverfahren“ nachweisen. So muss die Gemeinde lediglich ein „Bioklimatisches Gutachten in Form einer vereinfachten Klimaanalyse“ sowie eine „Luftqualitätsbeurteilung“ erbringen, wie es in sperrigem Verwaltungsdeutsch im Antrag heißt. Bei einem möglichen Gutachter, dem Deutschen Wetterdienst (DWD), hatte Frickinger schon einmal vorgefühlt, wie er dem Gemeinderat berichtete. „Er muss noch nicht mal nach Leibertingen fahren, so sicher ist er sich, dass die Gemeinde ein positives Gutachten erhalten wird“, gab Frickinger aus dem Telefongespräch mit dem zuständigen Sachbearbeiter beim DWD wieder. Das Gutachten wird die Gemeinde 4800 Euro kosten.

Tempo 30 auf allen „Nichtdurchfahrtsstraßen“
Über eine Stunde beschäftigen sich die Gemeinderäte ausführlich mit dem Vorhaben der Anerkennung Leibertingens als Erholungsort. Ob etwa die Landwirtschaft oder das Gewerbe am Ort beeinträchtigt sei oder ob ein solches Prädikat gar die Windkraft am Ort verhindern könne, wurde debattiert. Am häufigsten drehten sich die Diskussionsbeiträge jedoch um eine eventuell einzuführende Kurtaxe sowie eine eventuell zu erbringende Verkehrsberuhigung in den Ortsteilen, die ein Kriterium für die Prädikatisierung ist. Die Gemeinderäte erörterten, ob sie für Leibertingen „die schrittweise Reduktion aller Nichtdurchfahrtsstraßen auf Tempo 30“ beschließen sollten. „Sie wissen, dass ich grundsätzlich kein Freund von Tempo 30 bin“, sprach sich Gemeinderat Egon Hafner gegen ein Tempolimit aus. Allerdings könne er dem Vorhaben insgesamt zustimmen, weil die Einführung einer Kurtaxe, das Defizit des Naturbads in Thalheim wieder ausgleichen könne, meinte Hafner weiter. Er könne sich eine schrittweise Verkehrsberuhigung durchaus vorstellen – besonders im Hinblick auf die Verkehrssicherheit, meinte Gemeinderat Guido Amann. Das Vorhaben müsse sich insgesamt betriebswirtschaftlich rechnen, meinte Amann in Bezug auf die Anerkennung Leiterbingens als Erholungsort. Nicht, dass man nur liefern müsse und es kommt nichts zurück, fügte er an.
Kurtaxe könnte Einnahmen bringen

Leibertingen habe zwischen 25 000 und 26 000 Übernachtungen pro Jahr, davon fielen etwa 60 Prozent auf die Jugendherberge Burg Wildenstein, erklärte der Bürgermeister. Übliche Kurtaxen bewegten sich zwischen 1,50 und 3,50 Euro, stellte Frickinger dar. Gemeinderat Klaus Buck befürwortete das Vorhaben insgesamt und freute sich über „50 000 Euro und mehr“ an Einnahmen für die Gemeinde. Neben dem Schuldenabbau solle das Geld besonders dem öffentlichen Nahverkehr in der Gemeinde zugutekommen, meinte Buck weiter. Die Beratungen führten am Ende zu zwei Beschlüssen des Leibertinger Gemeinderats: Die Prädikatisierung der Gemeinde zum Erholungsort wird beantragt und das entsprechende Klima Gutachten für 4800 Euro beim DWD beauftragt. Die Ortschaftsräte entwickeln jeweils für ihren Teilort ein Konzept zur Verkehrsberuhigung.