Stammtische gehören zum deutschen Kulturwesen werden, aber in den vergangenen Jahren immer weniger gepflegt. Vielerorts sind sie bereits ausgestorben, weil sich niemand mehr findet, der die Treffen weiter pflegt.
Hier ist es anders
Die Blumberger Pizzeria „Romantica“ an der Winklerstraße schwimmt hier gegen den Strom: Gleich zwei Mal täglich ist beim Wirt Guiseppe de Luca, nur „Pino“ genannt, der runde oder zusätzliche lange Stammtisch mit einer bunten Gesellschaft gefüllt. Bis auf den Ruhetag am Montag findet also jeden Tag ein Stammtisch statt – morgens, abends und meist mit verschiedenen Besuchern.
Aber immer jemandem, den man kennt: „Abwechselnd mit insgesamt 30 Personen findet hier immer ein reger Austausch statt“, freut sich Wirt Pino über die treuen Stammgäste. Nach Ausfällen in der Coronazeit wird diese Tradition nun seit einigen Wochen wieder mit viel Leben erfüllt.
Hier werden klare Worte gesprochen
Natürlich werden die aktuellen Themen wie der Krieg in der Ukraine oder Corona diskutiert. Die örtliche Politik, das vielseitige Blumberger Vereinsleben oder der Lokalkolorit steht aber klar im Mittelpunkt.
„Seit Jahrzehnten fühle ich mich als echter Stammtischbruder in diesem Kreis wohl. Hier werden noch klare Worte gesprochen“, sieht sich der 60-jährige Wolfgang Hohner und früheres Mitglied der Blumberger Burgpfeiffer und im Freundeskreis nur „Höhni“ genannt, immer gut aufgehoben. „Man trifft auch viele Vereins- oder Arbeitskollegen“, freut sich der langjährige Tischtennisspieler des TTC Blumberg über diese Kontakte.
Über alte Zeiten gesprochen
„Ich bin gerne mit meinen Arbeitskollegen hier und es wird oft über alte Zeiten gesprochen“, sagt Volker Karwath, bekannter Blumberger Marathonläufer und langjährigen Aktiven der zweiten Mannschaft des TuS Blumberg, in diese Runde. Als Mitglied des Betriebsrates von Blumbergs größtem Arbeitgeber Tenneco ist der Maschinenschlosser seit 37 Jahren in seiner Firma beschäftigt.
Der Blumberger Metzgermeister Alex Zier, der an diesem Abend seinen Vater Wilfried Zier vertritt, kann in diesem illustren Kreis ebenfalls abschalten: „Steigende Viehpreise oder wesentlich höhere Kosten für Gewürze gehören heute zu meinen Alltagssorgen. Diese hohe Inflation können wir nicht auf die Kunden umsetzen“, vertritt er eine klare Meinung.

Als echte Ikone des TSC Handball ist auch dessen früherer Kassierer Hubert Weg mit Ehefrau Manuela am Stammtisch zu finden. Seit vier Jahren in Stühlingen wohnend wird er von seiner Frau Manuela zu einem Feierabendbier chauffiert. Der 59-jährige Elektriker will den Treff in seiner Heimatstadt nicht missen.
Auch Politik ist vertreten
Als graue Eminenz kann der 84-jährige frühere Lokalpolitiker Albrecht Guckeisen in diesem Kreis als Stammgast viel über Blumberg erzählen: „Ich hoffe, dass in unserer Heimatstadt auch in diesen schwierigen Zeiten weiterhin eine positive Entwicklung stattfindet“, liegt ihm seine Gemeinde am Herzen. Als Fraktionsvorsitzender der SPD stand er 24 Jahre in der Verantwortung. „Für mich war besonders die Eingemeindung 1972 für Blumberg und seine Ortsteile ein wichtiger Meilenstein,“ erinnert er sich gerne zurück. Fast fünf Jahrzehnte wirkte er in der Lokalpolitik kräftig mit.
Immer zurück in die Heimatstadt
Ganz selten aber mit ganzem Herzen fühlt sich auch der Personalchef Markus Hefft in dieser Runde zu Hause. Der Enkel des verstorbenen Bürgermeisters Werner Gerber, der beruflich in entfernter Region in der Verantwortung steht, ist regelmäßig in Blumberg anzutreffen. „Bei Veranstaltungen wie dem Straßenfest, Street-Art oder Fastnacht ist für mich der Weg in meine Heimatstadt Pflicht.“ Der ehemalige Torhüter des TuS Blumberg und SV Epfenhofen ist mit Leib und Seele Fußballfan und Deutschland wird für ihn immer Weltmeister.
Ein ehrlicher Austausch
Mit dem Exunternehmer Werner Kreuz in Begleitung seiner Ehefrau haben sich an diesem Abend weitere bekannte Blumberger zur Stammtischrunde eingefunden. „Hier herrscht immer ein ehrlicher Austausch“, schätzt der frühere aktive Tischtennis- und Tennisspieler die lockere Atmosphäre. Als Geschäftsführer der Firma Chrom Schmitt kam er 1966 von Baden Baden nach Blumberg. Von 1986 war er anschließend 27 Jahre als selbstständiger Unternehmer für seinen Betrieb Hard Chrom verantwortlich.
Erinnerungen werden gepflegt
Der Ehrenvorsitzende des TTC Blumberg bewies auch in der Blumberger Vereinswelt viel Engagement und hat hier einiges bewegt. Auch Ehefrau Roswitha war beim Tennisclub weit über dreißig Jahre aktiv: „Es war immer eine tolle Zeit und in den Stammtischrunden werden oft Erinnerungen gepflegt,“ fühlt sich der 79-jährige Liebhaber von Oldtimern in dieser Gesellschaft immer am richtigen Ort.
Mit seiner täglichen Regelmäßigkeit ist dieser Stammtisch in vielen Facetten eine echte Ausnahme. In Blumberg wird noch im Hotel Gasthof Hirschen ein sporadischer Stammtisch gepflegt. Im Clubheim des TuS Blumberg ist jeden Donnerstagabend eine bunt gemischte Sportlerrunde zu finden.