Mit schmelzendem Schnee, Regen und matschigem Gelände ist die Wutachschlucht derzeit gefährliches Terrain. Davor warnen Behörden und zuständige Organisationen. Wie gefährlich, das wurde nun abermals auf tragische Weise klar: In den sogenannten Wutachflühen ist es am vergangenen Mittwoch, 9. Februar, zu einem tödlichen Unfall gekommen. Laut Angaben der Polizei ist ein 78-jähriger Mann in den Flühen gestürzt und dabei ums Leben gekommen.

Das könnte Sie auch interessieren

Person abgestürzt

„Gegen 15.30 Uhr wurde durch einen Wanderer in den Wutachflühen gemeldet, dass eine Person abgestürzt sei“, sagt Polizeisprecher Jörg-Dieter Kluge vom Polizeipräsidium Konstanz. Die Blumberger Feuerwehr, die Bergwacht, sowie Notarzt und Rettungsdienst seien im Einsatz gewesen.

Das könnte Sie auch interessieren

78-Jähriger bereits tot

„Es waren insgesamt zehn Bergretter von den Bergwacht-Ortsgruppen Wutach und Furtwangen im Einsatz“, erklärt Matthias Schübel von der Bergwacht. Am Nachmittag gegen 15.40 Uhr sei man alarmiert worden. Gemeinsam mit Notarzt und Rettungsdienst sei man dann in die Schlucht. Sie besitzt mehrere schluchtartige Abschnitte, die teilweise bis zu 170 Meter tief abfallen. „Nach etwa zehn Minuten Suche haben wir die Person aufgefunden“, sagt Schübel. Zu diesem Zeitpunkt sei der 78-Jährige bereits tot gewesen. Auch die Kriminalpolizei sei im Einsatz gewesen.

Matthias Schübel leitet bei der Bergwacht Wutach die Bergrettung.
Matthias Schübel leitet bei der Bergwacht Wutach die Bergrettung. | Bild: Bergwacht

Nach Freigabe durch die Polizei habe man mit der aufwändigen Bergung des Verstorbenen begonnen. Dabei habe die Feuerwehr unterstützt. Der ganze Einsatz habe schließlich etwa bis 22.30 Uhr gedauert. Aber warum so lange?

Das könnte Sie auch interessieren

Aufwändige Bergung

„In den Wutachflühen haben sie links einen Hang nach unten und rechts einen nach oben, dazwischen ist ein schmaler Weg“, erklärt Schübel. Die Bergung habe man mit Seilen und viel Technik vornehmen müssen. „Dort ist man absturzgefährdet und muss sich mit Seilen entsprechend sichern. Schließlich kommt auch eine spezielle Trage zum Einsatz.“ Die sei sperrig und müsse ebenfalls gesichert werden.

Spektakulär wie hier bei einer Übung im Frühjahr 2017 sind die Einsätze der Bergwacht in der Wuchtaschlucht nicht immer. Während ...
Spektakulär wie hier bei einer Übung im Frühjahr 2017 sind die Einsätze der Bergwacht in der Wuchtaschlucht nicht immer. Während Touristen ihre Ferien genießen, helfen die ehrenamtlichen Bergwachleute Verunglückten auf die Beine und ins Krankenhaus. | Bild: Gudrun Deinzer (Archiv)

„Es gibt dort zwar Rettungssektoren, allerdings liegt noch viel Eis und Schnee dort unten. Auch wir als Fachleute müssen uns mit Bedacht bewegen, etwa rutschfeste Teile an die Schuhe machen“, erklärt Schübel. Nicht umsonst gebe es entsprechende Warnhinweise: „Auch für uns Retter ist das nicht ungefährlich. Wir betreiben sehr viel Ausbildung, es bleibt allerdings immer ein Risiko.“

Immer wieder Einsätze

In der Wutachschlucht habe man das ganze Jahr über immer wieder Einsätze: „Da gibt es dann etwa Leute, die sich überschätzt oder die Schlucht unterschätzt haben. Viele haben auch die falsche Ausrüstung oder zu wenig Proviant dabei, um sich mit Essen oder Trinken zu stärken“, erklärt Schübel.

Indiz für die Gefahr: Die Schlucht ist in Rettungssektoren eingeteilt, um im Ernstfall schneller agieren zu können.
Indiz für die Gefahr: Die Schlucht ist in Rettungssektoren eingeteilt, um im Ernstfall schneller agieren zu können. | Bild: Ulrike Bäuerlein (Archiv)

„Immer noch gefährlich“

„Es ist derzeit immer noch gefährlich“, sagt Wutach-Ranger Martin Schwenninger. „Die Leute glauben das nicht.“ Besonders ganz unten in der Schlucht sei es noch sehr kalt, die Sonne reiche noch nicht über den Felsen. Was dann schnell zu einem Problem werden kann: „Überfrierende Nässe. Da bildet sich ein feiner Eisfilm, der hochgradig gefährlich ist.“ Darauf, so Schwenninger, gebe es keinen Halt.

Martin Schwenninger, Wutachranger
Martin Schwenninger, Wutachranger | Bild: Edinger, Gerald

Frost birgt Gefahr

Hinzu komme noch der momentane Frost: „Der besitzt Sprengkraft.“ Er können dafür sorgen, dass Matsch und Geröll sich lösen und in die Tiefe stürzen. Für Menschen in der Nähe wird es dann gefährlich. Das jemand hinabstürzt, „das passiert schnell“.

Viele Gefahren: Im Mai 2016 ist es in der Wutachschlucht zu einem Erdrutsch gekommen: Die Berge und Hänge der Wutachschlucht sind ...
Viele Gefahren: Im Mai 2016 ist es in der Wutachschlucht zu einem Erdrutsch gekommen: Die Berge und Hänge der Wutachschlucht sind ständig in Bewegung. Einen weiteren Erdrutsch gab es dann im August – wieder musste ein Teil des Wanderwegs gesperrt werden. | Bild: Martin Schwenninger (Archiv)

An Vorfälle wie jenen am Mittwoch gewöhne man sich indes nicht, auch wenn es hin und wieder zu ernsten Fällen in der Schlucht komme: „Man macht sich da dann selbst seine Gedanken. Meine Familie ermahnt mich dann immer: ‚Weißt du noch, was du selbst über die Schlucht erzählt hast? Dann halte dich daran‘ – heißt es dann immer.“

Bis Hilfe kommt – das kann dauern

Dass jemand unvorsichtig sei, das passiere immer wieder: „Da schaut man einem Vogel nach und macht einen falschen Tritt – das geht sehr schnell“, so Schwenninger. Und bis man entdeckt werde und Hilfe komme, das könne dauern. „In vier Wochen sieht das dann wieder anders aus. Dann sind dort mehr Leute unterwegs.“

Das könnte Sie auch interessieren

Nicht in die Schlucht

Was die Warnhinweise betreffe, so „können wir lang ins Internet schreiben, dass die Schlucht zu ist“. Eine formale Sperrung gebe es allerdings keine, jedoch gebe es die entsprechenden Warnhinweise, die Schlucht jetzt zu meiden: „Bis Ostern ist das so, dann kann man voraussichtlich wieder rein. In der Regel ist der Schnee dann weg“, sagt Schwenninger. Das Naturschutzgebiet Wutachschlucht wird seit 1994 durch einen hauptamtlichen Ranger betreut.