Nach mehreren Tagen auf dem Motorradsitz waren Josef und Anke Dury endlich da, bei Onkel Franz an der Kriegsgedenktafel in Kursk. Von Bräunlingen aus waren sie mit dem Auto losgefahren und ab Rumänien nur noch mit dem Motorrad unterwegs – durch Moldawien und die Ukraine, bis 100 Kilometer hinter die russische Grenze in die Stadt südlich von Moskau.

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Laut Briefen, die der Onkel während des Zweiten Weltkriegs geschrieben hatte, war er über Frankreich, Österreich, Ungarn, Rumänien bis nach Russland gelangt. „Er war mit den Gedanken immer Zuhause bei der Familie und in der Landwirtschaft“, erzählt Josef Dury, Wirt des Bräunlinger „Lindenhofs“. Die Briefe seien mit der Zeit immer trauriger und düsterer geworden, bis er östlich von Kursk am 30 Juni 1942 im Alter von 20 Jahren fiel.

Josef Dury: „Diesen Wunsch wollten wir ihm erfüllen“

„Mein Vater wollte immer gerne wissen, wo sein Bruder gefallen und begraben ist. Und so war es für uns ein Anliegen die Grabstätte zu finden“, sagt Dury. „Diesen Wunsch wollten wir ihm erfüllen.“ Einmal am Grab des Verwandten stehen – das war für den Lindenhofwirt und seine Frau Anke ein großes Anliegen

Motorraddress ist Alltagskleidung von Anke und Josef Dury während ihres Trips.
Motorraddress ist Alltagskleidung von Anke und Josef Dury während ihres Trips. | Bild: Josef Dury

Gemeinsam und auf zwei Rädern hatte er mit seiner Frau in den Jahren zuvor bereits unter anderem Schottland, Albanien oder Nordmakedonien erkundet. Nun sollte Russland und ein Besuch beim verstorbenen Verwandten dran sein: So entstand die Idee, ihre Suche nach dem Kriegsgrab mit einer Motorradreise zu verbinden.

Motorradfahren als ein Stück Freiheit

Anfangs ging es mit dem Auto bis Rumänien, da konnten sie das Fahrzeug abstellen und das Motorrad abladen. „Von da an gab es nur noch Urlaub, zwar im engen Zeitplan, aber herrlich“, bilanziert Dury. „Das Motorradfahren ist ein Stück Freiheit“, erklärt Anke Dury. „Man ist der Natur einfach ein Stück näher, das beginnt schon beim Duft um die Nase.“

Tiefe Täler und hohe Berge wurden mit dem Motorrad passiert.
Tiefe Täler und hohe Berge wurden mit dem Motorrad passiert. | Bild: Josef Dury

Auf der Strecke habe Anke Dury als Beifahrerin oft mehr als der Fahrer ihr Mann Josef gesehen. In Russland und der Ukraine seien die Straßen dann „wie bessere Feldwege“ gewesen, erzählen sie. Beifahrerin Anke Dury musste mehr als nur einmal absteigen. Ein Genuss seien die riesigen Sonnenblumenfelder gewesen, viele Kilometer seien sie an diesen nicht enden wollenden Blumenfeldern vorbeigefahren, erzählen sie.

Josef Dury: „Der Grabbesuch war ein schönes Gefühl“

Weniger ein Genuss seien die Grenzübergänge. Diese hätten viel Geduld erfordert. Vor allem die Übertritte zwischen der Ukraine und Russland sowie später zwischen Russland und Georgien. „Bis zu vier Stunden dauerte das“, so das Ehepaar.

Auf der Kriegsgedenktafel in Kursk ist der Name Franz Dury eingemeiselt.
Auf der Kriegsgedenktafel in Kursk ist der Name Franz Dury eingemeiselt. | Bild: Josef Dury

Als den wohl emotionalsten Moment der Reise bezeichnet Josef Dury den Moment, als sie am Grab des Onkels, dem Bruder seines Vaters Bernhard in Kursk standen. „Der Grabbesuch war ein schönes Gefühl, eine Art Erleichterung, auch mit dem Hintergrund der vielen Briefe aus den Jahren 1940 bis 1942“ so Josef Dury.

Nächstes Jahr nach Kirgistan? „Dann mit etwas mehr Zeit“

Nach dem Besuch in Kursk führte sie die Rückfahrt um das Schwarze Meer herum über Georgien, Armenien und die Türkei wieder heimwärts. Ihre Stationen hießen Wolgograd, Tiflis, Jerewan, Istanbul oder Bukarest.

Anke Dury an der Grabstätte des Onkels Franz Dury in Kursk.
Anke Dury an der Grabstätte des Onkels Franz Dury in Kursk. | Bild: Josef Dury

Insgesamt legten sie 10.200 Kilometer in 17 Tagen hinter sich, bis sie schließlich nach Bräunlingen zurückkehrten. „Die Zeit war knapp“, sagt Josef Dury. Wichtig sei es aber gewesen, dass seine Frau als Beifahrerin hinten auf dem Motorrad mit dabei war. „Und das hat sie richtig gut gemacht“, hebt der Gastronom hervor.

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Was im kommenden Sommer auf dem Programm steht, wissen die Durys noch nicht. „Mal sehen was das nächste Jahr bringt vielleicht Kirgistan?“, meint Josef Dury. „Dann mit etwas mehr Zeit.“