Nicht nur der menschliche Alltag im Städtedreieck wird aktuell von einem tödlichen Virus bestimmt, auch der Alltag von Hühnern. Mitte November wurden nämlich bei vier toten Schwänen in einem Gewässer bei Donaueschingen das Vogelgrippevirus H5N1 nachgewiesen. Rund eine Woche später konnten Mitarbeiter des Veterinäramts des Schwarzwald-Baar-Kreises auch bei einer toten Gans in Pfohren die Geflügelpest feststellen.

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Um eine weitere Ausbreitung des Virus zu vermeiden, erließen die Verwaltungen der Landkreise Schwarzwald-Baar und Tuttlingen Ende November eine Allgemeinverfügung. Demnach müssen Geflügelhalter in der Region seit 24. November unter anderem ihre Tiere in einem geschlossenen Stall unterbringen. Außerdem sind sie dazu verpflichtet, erhöhte Hygiene – und Reinigungsvorschriften rund um ihre Stallungen und Einrichtungen zu befolgen.

Landwirt Moßbrugger: „Veterinäramt hat sich bei uns nicht gemeldet“

Geflügelhalter Reinhold Moßbrugger aus Bruggen kritisiert, dass er von den Schutzmaßnahmen der Landratsämter rund um die Geflügelpest erst in den Nachrichten erfahren habe. „Das Veterinäramt hat sich bei uns nicht gemeldet“, sagt er. Später habe er bei der Behörde angerufen und weitere Informationen rund um die Maßnahmen erhalten. Seither sind seine rund 950 Hühner in vier Hühnermobile untergebracht. Etwa 250 Tiere passen jeweils in ein Fahrzeug.

„Jetzt gibt es immerhin weniger Risse durch Füchse oder den Habicht“, sagt Landwirt Reinhold Moßbrugger über die ...
„Jetzt gibt es immerhin weniger Risse durch Füchse oder den Habicht“, sagt Landwirt Reinhold Moßbrugger über die Schutzmaßnahmen für Hühner.

„Anfangs hat sich die Legeleistung der Hennen durch die neue Lebenssituation verringert“, berichtet der Bruggener, „vor allem bei Tieren, die es gewohnt sind, viel Auslauf zu haben.“ Nach rund zwei Wochen habe sich das aber wieder eingependelt. „Jetzt legen sie wieder normal“, so Moßbrugger. Bei den jüngeren Hühnern habe die Umstellung auf den Stall von Anfang an keinen Unterschied gemacht.

„Ewige Jagdgründe“ bei Hühnern durch Bestallung nicht ausgeschlossen

Da die Tiere nun weniger Auslauf haben, verhielten sie sich derzeit anders. „In den Hühnermobilen geht es gerade ein wenig ruppiger zu. Da gibt es eine stärker ausgeprägte Rangliste unter den Tieren.“ Er versuche zwar, die Tiere mit mehr Stroh, Möhren oder sogenanntem Beschäftigungsfutter bei Laune zu halten. Doch die Hühner zeigten sich in Kämpfen gegenseitig öfter mal ihre Stärke. Aufgrund der angespannten Situation könnte das ein oder andere Huhn dabei auch „in die ewigen Jagdgründe“ gehen, sagt Moßbrugger. Das sage er zwar mit einem Augenzwinkern, könne das aber nicht gänzlich ausschließen.

Nach Kenntnisstand des Bruggeners sollen die Schutzmaßnahmen für die Tiere noch einige Wochen gelten. „Die Maßnahmen halte ich für angemessen“, sagt der Landwirt, „aber ich mache mir so meine Gedanken.“ Die Dauer der Maßnahmen sei für die Tiere „schon eine lange Zeit“ – und wenn sie mehr als drei Monate nicht raus dürften, seien die gelegten Eier offiziell keine Eier mehr aus der Freiland- sondern aus der Bodenhaltung.

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Er sagt daher: „Ich hoffe, dass es im Januar eine Entwarnung vom Veterinäramt gibt.“ Neben dem Gesundheitsschutz könne er zudem einen weiteren positiven Nebeneffekt seit Verordnung der Schutzmaßnahmen beobachten, sagt Moßbrugger: „Jetzt gibt es zumindest weniger Risse durch Füchse oder den Habicht.“

Landwirt Friedrich: „Aktuell sind die Hühner unruhig und reizbar, das merkt man“

Für Landwirt Mathias Friedrich aus Bruggen sind die Sicherheitsmaßnahmen rund um seinen Geflügelbestand ein deutlicher Mehraufwand, sagt er. „Die Hühner sind komplett im Stall und im Wintergarten untergebracht.“ Aktuell dürften keine Fremden in den Stall, da sie das Grippevirus eintragen könnten. Außerdem werde noch mehr in seinen Räumlichkeiten desinfiziert und vor Betreten der Stallung müsse das Schuhwerk mehrfach gewechselt werden, so Friedrich.

„Aktuell sind die Hühner ein wenig unruhig und reizbar, das merkt man“, sagt Landwirt Mathias Friedrich aus Bruggen.
„Aktuell sind die Hühner ein wenig unruhig und reizbar, das merkt man“, sagt Landwirt Mathias Friedrich aus Bruggen. | Bild: Simon, Guy

„Aktuell sind die Hühner ein wenig unruhig und reizbar, das merkt man“, sagt er. „Man muss ihnen mehr zur Beschäftigung geben, beispielsweise Stroh oder Einstreu. Ansonsten werden sie ein wenig gröber zueinander.“ Vom Veterinäramt sei bislang niemand vor Ort gewesen, um die Einhaltung der Maßnahmen zu beachten, sagt er. „Aber die Einhaltung der Regeln ist ja meine eigene Verantwortung als Stallbesitzer.“

Kommunikation des Veterinäramts „eine Katastrophe“

Wie lange diese Maßnahmen umgesetzt würden könne Friedrich nicht sagen. Als der Vogelgrippe-Vorfall bestätigt wurde, habe er beim zuständigen Amt nachgefragt, aber keine Antwort erhalten. Insgesamt ist die „Kommunikation des Veterinäramts eine Katastrophe“, so Friedrich.

Dennoch hält er die Schutzmaßnahmen für richtig und wichtig – und werde sie weiter gewissenhaft einhalten. „Ich halte das Risiko für zu hoch, vor allem, wenn die Vorfälle so nahe sind“, sagt er. „Wenn beispielsweise zwei Schwäne über unser vier Hektar großes Grundstück fliegen und herunterscheißen, kann das Grippevirus schnell übertragen werden.“ Im Falle eines Ausbruchs müsste Friedrich alle seine Hühner töten.

Landratsamt weist Kritik der Landwirte zurück

Die Pressestelle vom Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises weist die Kritik der Landwirte, dass man sie nicht ausreichend über die Maßnahmen informiert habe, zurück. „Das Landratsamt informierte durch eine Pressemitteilung, die an alle Printmedien versandt wurde, durch Social Media sowie über die Homepage des Landratsamtes“, sagt Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamts. Einzelanschreiben an die circa 450 Betroffenen seien aber nicht versandt worden. „Zusätzlich habe das Ministerium für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg über die Maßnahmen informiert.“

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Wie die Pressesprecherin erklärt, seien nach den vier Schwänen in Donaueschingen und der Gans in Pfohren noch ein Bussard, auf der Gemarkung Aufen und ein Jungschwan auf der Gemarkung Pfohren positiv auf das Geflügelpest-Virus getestet worden. Bei ihnen wurde am 3. und am 6. Dezember das Virus bestätigt. Ob die Allgemeinverfügung des Landkreises Tuttlingen und des Schwarzwald-Baar-Kreises über den 17. Januar hinaus verlängert werde, sei bislang unklar. „Dies ist stark abhängig vom weiteren Seuchengeschehen“, sagt Pressesprecherin Frank. „Das Landratsamt wird hierüber wieder informieren.“