Was Marian Bayer an seiner Tätigkeit als DJ so mag? „Die Energie im Publikum, wenn wir vor Menschen auflegen können. Das ist für uns ein ganz großes Ding“, sagt er. Zusammen mit Raphael Albert bildet der Bräunlinger das DJ-Duo „Albatros & Mr. Bay“. Es müssen dem 30-Jährigen zufolge nicht 10.000 Leute sein, es reichten auch 500, die ihre Hände nach oben heben und voller Spaß mitmachen. „Das gibt dir Wertschätzung für das, was wir machen.“ Doch wegen Corona sind Partys seit Monaten unvorstellbar, nicht einmal die angesprochenen 500 Menschen können ausgelassen feiern.

Blick zurück: Einer der bis dato letzten Auftritte von „Albatros & Mr. Bay“ datiert auf den 7. März 2020 in der Schwenninger Expressguthalle, berichtet Marian Bayer. Gleichzeitig sei es der letzte Tag gewesen, an dem dort eine Party stattfinden konnte. „Das vergangene Jahr wäre wahrscheinlich unser bestes Jahr gewesen, das fehlt uns natürlich sehr. Von Mai bis Ende August wären wir jedes Wochenende ein bis zwei Mal unterwegs gewesen. Verträge in Heilbronn, Schonach, Stuttgart oder Kroatien waren eingetütet“, sagt der DJ. Alles kam anders. Anfang August habe das Duo dann wenigstens noch einen Auftritt in Heilbronn gespielt: bei einem Autokino ohne Autos, sondern mit genehmigten Sitzplätzen für 300 Menschen. „50 davon sind aus Bräunlingen und Umgebung mitgekommen, es wurde ein Ausflug daraus gemacht.“

Während eine Pandemie an Fasnacht 2020 noch unvorstellbar gewesen sei, als noch dicht an dicht gefeiert wurde, ging es danach ziemlich schnell. Weil seitdem durch fehlende Veranstaltungen die Energie des Publikums ausbleibt, haben sich „Albatros & Mr. Bay“ laut Marian Bayer dagegen entschieden – so wie es einige andere DJs machen – per Videostream aufzulegen. Anfragen dafür habe das Duo bekommen.
Still ist es bei den beiden aber auf keinen Fall, Bayer und Raphael Albert sind auch in Pandemie-Zeiten aktiv: In der Vergangenheit erstellten sie vorrangig Mashups anstatt die Konzentration auf das Produzieren eigener Lieder zu legen. „Im April haben wir dann überlegt, was machen wir. Wir entschieden uns, eigene Sounds zu produzieren und zu schauen, wie diese bei Hörern und Labels ankommen“, schildert Bayer. Das erste Stück „Get up“, erschienen im Mai, spielte ihm zufolge bislang 151.000 Streams ein. Vier Label-Zusagen habe es gegeben. Bayer und Albert arbeiten mit einem österreichischen Label von DJ Rene Rodrigezz zusammen. Der im Anschluss erschienene Song „Du bist mein“ sei ursprünglich ein Hochzeitsgeschenk für Freunde gewesen. „Er kam so gut an, dass wir es veröffentlicht haben“, so Bayer.
Trotz Corona steht dieses Jahr ein „ganz großes Projekt“ an, verrät der 30-Jährige. Er meint damit eine Neuauflage des Hits „Everybody“ von DJ Bobo aus der Schweiz. „Wir haben vom Label die Freigabe für ein Cover erhalten, es neu einsingen lassen. Die Version ist so gut wie fertig, im Mai soll sie erscheinen“, sagt Bayer. Der Refrain werde von einer Frau gesungen, dazu gebe es Deutschrap auf die Ohren.
Klar ist also: Das DJ-Duo „Albatros & Mr. Bay“ wird über Corona hinaus Bestand haben, womöglich aber etwas dosierter: Marian Bayer hat im Dezember Nachwuchs bekommen. „Wir werden uns die Sachen rauspicken, die für uns Sinn machen“, sagt er. Im Hauptberuf ist er im Gasthaus Zacher in Bräunlingen tätig, das von seinem Vater betrieben wird. „Wir bieten Essen zum Abholen und Liefern an, kommen einigermaßen über die Runden. Solange man auf dem Wasser noch treiben kann und nicht untergeht, ist alles in Ordnung.“ Raphael Albert ist Angestellter im Vertrieb bei einer Firma in Titisee-Neustadt. Für dieses Jahr sehe Bayer indes keine Perspektive mehr für sorgloses Feiern, seine Hoffnung liege auf dem Impfen. „Mein Wunsch ist, dass wir vielleicht 2022 – wenn auch nicht in gewohnter Form, aber zumindest irgendwie – wieder feiern können“, fügt er an.
Hauptberuflich in der Branche
Anders als Marian Bayer und Raphael Albert arbeitet Manuel Kienzler hauptberuflich in der Veranstaltungsbranche. Der 32-Jährige spielt als DJ Mika einen Mix aus Standardtanz und Unterhaltungsmusik. In erster Linie ist er ab Saisonbeginn im April oder Mai auf Hochzeiten unterwegs. „Ich freue mich auf jede Hochzeit. Jede ist anders und ich muss mich jedes Mal auf neue Charaktere einlassen“, erklärt er. Kienzler begreife es als große Ehre, „das musikalische Rahmenprogramm für wildfremde Menschen gestalten zu dürfen und dadurch Teil ihres schönsten Tages zu werden“. In Corona-Zeiten sei er nun auch seelsorgerisch gefragt, da Hochzeitspaare durch Regelungen ausgebremst würden.

„Ich konnte zuerst Noten lesen, bevor ich Lesen und Schreiben konnte“, sagt der Betriebswirt. Von klein auf habe er viel Musik gemacht, als Kind Trompete und dann Gitarre gelernt. Mit 14 Jahren sei er erstmals bei einer privaten Veranstaltung am Mischpult gestanden, um Musik aufzulegen. Seit 2016 betreibt er als Dienstleister sein Einzelunternehmen Mika Events im Hauptjob. Deshalb durfte er zuletzt finanzielle Hilfen beantragen – „mit allen Vorteilen, aber auch allen Verpflichtungen wie zum Beispiel der Rückzahlung“, berichtet er. „Ich habe alle Coronahilfen bekommen, mich nicht so allein gelassen gefühlt wie andere.“
Vergangenes Jahr an Fasnacht sei die Welt für ihn noch in Ordnung gewesen, dann kam das abrupte Ende. Jetzt denkt auch DJ Mika an Höhepunkte wie seinen ersten Aida-Vertrag im Jahr 2015 zurück, als er laut eigener Aussage fünf Mal als DJ in See stechen durfte: „Es gibt Momente, die vergisst man nicht.“ Die Branche lebe zu großen Teilen von Empfehlungen, sagt der 32-Jährige. In der regionalen Szene habe sich in den vergangenen Jahren eine gute Gemeinschaft entwickelt, darüber hinaus schweiße die herausfordernde Corona-Zeit zusammen. Manuel Kienzler wünscht sich für die ganze Branche, „dass wir wieder arbeiten dürfen“. Das Tübinger Modellprojekt sei ein lobenswert guter Ansatz, er könne sich in einem ersten Öffnungsschritt Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen vorstellen; für größere Vorhaben sehe er aktuell wenig Perspektive. „Mir blutet das Herz. Es ist nicht nur eine Arbeit, sondern eine große Leidenschaft, die aus einem Hobby heraus entstanden ist.“
Was DJ Mika seit Corona treibt? „Ich bin proaktiv tätig, bilde mich weiter“, sagt er. Schon immer habe er Saxofon lernen wollen, und das jetzt intensiv vorangetrieben. Kienzler überlegt, das Instrument zukünftig in seine Angebote zu integrieren, mit dem Ziel, Kunden einen Mehrwert zu bieten.