Es ist der Tag, nach dem der Familienvater im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlegen ist. Sein eigener Sohn soll ihm diese mit einer Schusswaffe zugefügt haben. Am Haus der Familie im Furtwanger Ortsteil Neukirch erinnert nichts an die dramatischen Ereignisse und das unfassbare Leid.
Die Fenster sind hell erleuchtet, weihnachtliche Lichterketten brennen. Die heimelige Atmosphäre steht aber im Kontrast dazu, was sich am späten Donnerstagabend hinter der Fassade abgespielt haben muss. Ein Streit soll eskaliert sein, der 27-jährige Sohn soll auf seinen Vater geschossen haben. Seine Flucht endete kurze Zeit später in Gutach im Breisgau, wo er festgenommen wurde. Am Heiligabend erlag der 61-jährige Vater seinen Verletzungen.
„Das sind schreckliche Weihnachten“, sagt ein älteres Ehepaar aus Neukirch, das in der Nähe des Tatorts spazieren geht. Von der Tragödie haben viele im Ort erst einen Tag nach den tödlichen Schüssen erfahren.
Viele gehen zuerst von einem medizinischen Notfall aus
Den Rettungshubschrauber, der abends am Sportplatz landete, schrieb man einem medizinischen Notfall zu. Einige Bürger gingen gar auf die Straße, um zu schauen, was los ist. Dass in dem 1800-Einwohner-Ort am Rande des Schwarzwald-Baar-Kreises ein Mann gewaltsam zu Tode gekommen ist, scheint für die meisten unbegreiflich. Auch deshalb, weil die Familie fest verwurzelt ist. „Das Dorf steht unter Schock, wir finden keine Worte“, sagte Ortsvorsteher Rainer Jung am Tag nach der Tat.
Opfer war im Narrenclub sehr aktiv
Großeltern, Eltern und der mutmaßliche 27-jährige Täter wohnten unter einem Dach. Der zweite Sohn war bereits ausgezogen, soll aber immer noch im Ort wohnen. Der 61-Jährige war lange Zeit im Narrenclub Neukirch aktiv und stieg gerne aufs Rad, war auch in den Bergen sportlich unterwegs. „Wenn er dabei verunglückt wäre, wäre das ja irgendwie begreifbar. Aber so ist es nicht zu fassen“, erzählen Nachbarn.

Doch wie konnte es in der bestens integrierten Familie zu so einer Tragödie kommen? Die Frage wird zunächst mit einem Schulterzucken beantwortet, dann kommt die Rolle des mutmaßlichen Schützen ins Spiel. „Der ist etwas schwierig“, heißt es.
27-Jähriger soll Lehre abgebrochen haben
Ehemalige Weggefährten des 27-Jährigen erzählen gegenüber unserer Redaktion von Schwierigkeiten bei der Berufsausbildung. Seine Lehre habe er geschmissen. Zuletzt sei er auch keiner Arbeit mehr nachgegangen. Deshalb sei es in der Familie immer wieder zu Unstimmigkeiten gekommen.

Er wird als eher unauffälliger Typ beschrieben, fast schon unscheinbar – jedoch offensichtlich mit Problemen. Es wird auch von Drogenkonsum gesprochen. Die Familie habe versucht, ihn im gesellschaftlichen Leben im Ort zu integrieren, scheiterte jedoch. Von der Narretei habe er wohl nichts wissen wollen, gemeinsames Musizieren, wie es die weiteren Männer in der Familie praktizieren, sei ihm ferngelegen.
War ein Erbstreit der Auslöser für die Tat?
Über das Tatmotiv herrscht aktuell noch Unklarheit. Neben der Arbeitslosigkeit soll aber auch ein weiteres Thema in der Familie zuletzt zu Konflikten geführt haben. Es soll um einen Erbschaftsstreit gegangen sein. Der 27-Jährige habe sich gegenüber seinem Bruder benachteiligt gefühlt, heißt es. Ob dieses Thema an jenem Abend, tatsächlich auf den Tisch kam, müssen nun Ermittlungen von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft zeigen.