„Lieber Schatz, eigentlich würden wir heute zusammen deinen ersten Geburtstag feiern.“ So beginnt der Instagram-Post von Claudia und Marc Hensel vom 8. Juni. Ein blauer Folienballon mit einem lächelnden Stern ist auf dem Bild zu sehen, daneben noch einer in Form einer „1“.
Ein kurzes Leben von 17 Tagen
Ein Jahr ist vergangen, seit der kleine Matteo per Notkaiserschnitt zur Welt kam, nach Komplikationen wiederbelebt werden musste und nach nur 17 Tagen starb.
640 Kilometer für den guten Zweck
Diese 17 Tage geben die Zeit vor, in der Marc Hensel ab 8. Juli über die Alpen in die italienische Partnerstadt Savona wandern will. Ein Spendenlauf über nicht weniger als 640 Kilometer, fast 14.000 positive und 15.000 negative Höhenmeter. Alles, um den Verein Sternenkinder VS zu unterstützen, der das Paar seit dem Verlust ihres Babys vielfältig unterstützt hat.
In vier Wochen soll es nun losgehen. Am Samstag, 8. Juli, um 8 Uhr wird Marc Hensel am Villinger Friedhof zur ersten Etappe starten. 36 Kilometer, bis nach Fützen an der Schweizer Grenze. Gut vorbereitet ist der 37-Jährige allemal. Aufgeregt? „Nein, es ist eher Vorfreude“, sagt er.
Lange und kurze Wanderungen, Touren auf dem Feldberg, ein Trainingslager in Österreich und ein Wochenende im Tessin zusammen mit seinem Bruder liegen hinter ihm. Hinzu kommt sein normales Sportpensum: Joggen, einmal die Woche Spinning im Fitnessstudio. „Jetzt werde ich noch ein bisschen mehr Krafttraining einbauen“, sagt er.
Für alle Fälle ein Plan B
In den vergangenen Trainingsmonaten haben die Hensels die Tour Stück für Stück fertig geplant und die Ausrüstung getestet. „Es war schon ein großer Aufwand“, sagt Claudia Hensel. Jede Etappe will durchdacht sein, geplant, und für den Fall, dass ein Streckenabschnitt nicht passierbar ist, musste ein Plan B erstellt werden.
Dass das Wetter in den Bergen schnell umschlagen kann, haben die beiden bei ihrem Trainingslager in Österreich im Mai erlebt. „Ich habe morgens im Hotel noch im T-Shirt auf der Terrasse gefrühstückt und bin dann mit der Gondel hochgefahren“, sagt Claudia Hensel.
Wo kurze Hosen eine schlechte Idee sind
Oben angekommen, sei relativ schnell ein Gewitter mit Eisregen aufgezogen. Für die Villingerin nicht dramatisch – sie war passend angezogen. Andere Touristen, die etwas zu optimistisch mit kurzen Hosen und Sandalen in der Gondel saßen, seien angesichts des Wetterumschwungs schon etwas entsetzt gewesen, erinnert sie sich lachend.

Die 39-Jährige wird ihren Mann mit dem Auto begleiten, voll gepackt mit Ausrüstung, Proviant und Zelt. Außerdem kümmert sie sich um die Unterkunft vor Ort. „Wir haben nicht alles durchgebucht“, sagt Marc Hensel. Die ersten zwei Nächte sind fix, bei den weiteren wollen sie sich jeweils vor Ort umsehen.
Am 25. Juli, ein Jahr und einen Monat nach Matteos Tod, will Marc Hensel in Savona ankommen, Pausentage sind nicht geplant. Seit Bekanntwerden ihrer Idee hat das Ehepaar viel Zuspruch erfahren. „So weit wir mitbekommen haben, sind auch schon einige Spenden beim Sternenkinderverein eingegangen“, freut sich der 37-Jährige, der im Kreismedienzentrum des Landratsamtes arbeitet.

„Wir haben ganz viel Feedback bekommen“, sagt auch seine Frau. „Man merkt, dass das Thema mehr Öffentlichkeit bekommen hat.“ Oft habe sie in Gesprächen gehört: Das kennen wir, wir haben auch ein Kind verloren. Oder: Wir haben Freunde, denen etwas Ähnliches widerfahren ist.
Auch wenn der Tod eines Kindes ein furchtbar trauriges Thema ist, eines soll es nicht sein, wünschen sich Matteos Eltern: ein Tabu. „Es muss nicht immer das große Gespräch sein“, sagt Claudia Hensel. „Es reicht schon eine Whatsapp mit den Worten: Ich denk an dich.“