Dominic Sowieja aus Hochemmingen hat Ende August in Kopenhagen seinen ersten Ironman-Wettkampf absolviert. Als Ironman wird im Triathlon-Sport die Langdistanz bezeichnet, bestehend aus 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen. Für viele Athleten gilt das als ultimative Herausforderung. Nach acht Stunden und acht Minuten überquerte der Hochemminger die Ziellinie. Doch was sagen diese Zahlen aus?

Die Leistungen im Detail
Die Acht-Stunden-Marke gilt bis heute als eine Art Schallmauer, trennt Spreu vom Weizen. Diese Zeit hat Sowieja verfehlt. Allerdings: Jan Frodeno, der aktuell den Weltrekord hält, Olympiasieger und dreifacher Hawaii-Gewinner ist, war bei seinem Debüt auf der langen Triathlon-Distanz damals nur unwesentlich schneller. „Etwa eineinhalb Minuten“, weiß Sowieja. Und überhaupt: Nur drei Deutsche seien jemals bei ihrem Debüt schneller als Sowieja gewesen. Das lässt aufhorchen.
Im Detail setzte sich Sowiejas Leistung in Kopenhagen aus 49:48 Minuten beim Schwimmen, 4:26:55 Stunden beim Radfahren und einer Marathonzeit von 2:47:16 Stunden zusammen. Auf dem Rad entspricht das einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40,46 Kilometer pro Stunde (km/h) und beim Marathon von 15,1 km/h. Für Hobbysportler sind solche Werte kaum vorstellbar, schon gar nicht über einen so langen Zeitraum.
So bewertet Sowieja sein Debüt
„Das Gefühl, die Ziellinie endlich zu überqueren, ist wirklich unglaublich. Den letzten Kilometer dachte ich, dass ich über die Ziellinie krabbeln muss, aber der rote Teppich und die tobende Menge gab mir sogar nochmal Energie für einen Zieljubel“, erinnert sich der 29-Jährige, der in Kopenhagen als zwölfter ins Ziel kam. Insgesamt sieben Athleten blieben unter acht Stunden.
„Das Niveau war wirklich unglaublich hoch. In jedem Profirennen auf dieser Distanz wäre ich in den Jahren zuvor auf dem Podium gelandet oder mindestens in den Top fünf“, so Sowieja weiter. Mit seinem Debüt ist er dennoch zufrieden, tankt Selbstvertrauen für das übergeordnete Ziel, in den kommenden Jahren zur Weltspitze zu gehören und auf Hawaii an den Start zu gehen. Einige Punkte gelte es jedoch noch zu verbessern. Nicht ganz einfach, wenn man sich bereits auf einem solch hohen Niveau bewegt.
Mit Training und Planung zum Erfolg
Allzu viel Spielraum für Optimierungen und noch mehr Trainingseinheiten bleibt dem 29-Jährigen nämlich auch gar nicht. „Das Wichtigste ist daher die Planung.“ Sowieja trainiert jetzt schon täglich, ja meist sogar mehrmals am Tag, wie oben beschrieben und immer abgestimmt auf die Wettkampsaison. Montag und Freitag sind für Sowieja Entlastungstage, mit weniger intensiven Trainingseinheiten. Zwischen 27 und 15 Stunden pro Woche, je nach Trainingszyklus, stehen aber immer auf seinem Programm.

Leistungssport und Beruf
„Immer montags bekomme ich meinen Trainingsplan für die Woche“, erklärt der Sportler. Dann gilt es, die einzelnen Einheiten optimal vor, zwischen und nach seinen Arbeitszeiten unterzubringen. Auch sein Trainier versucht bereits bei der Trainingsplanung, berufliche Verpflichtungen zu berücksichtigen. „Ich bin bei den Arbeitszeiten zum Glück recht flexibel. Am Ende muss die Arbeit eben gemacht sein und stimmen.“ Sowieja, der Robotik und Automation studiert hat, arbeitet als Versuchsingenieur in Esslingen, wo er derzeit auch wohnt und trainiert. Jede freie Minute abseits vom Beruf investiert er jedoch in den Sport. Hilfreich ist dabei, dass Arbeitsplatz, Stadion und ausgedehnte Laufstrecken im Grünen alle nahe beieinander liegen.
Abends und an Wochenenden kocht Sowieja häufig Mahlzeiten vor. Dafür ist während dem Tag kaum Zeit. Daneben gilt es im Büro die Wettkämpfe und Reisen zu planen, Öffentlichkeitsarbeit in den sozialen Medien zu machen und nicht zuletzt, Sponsoren zu finden. „Jeder ist sein eigener Unternehmer“, erklärt er. Leben kann Sowieja von seinen sportlichen Erfolgen derweil aber noch nicht. Im Gegenteil: „Viel Geld, das ich in meinem Beruf verdiene, investiere ich wieder in den Sport.“
Steiniger Weg in die Weltspitze
Wo ist also noch Potential für Verbesserungen? Mit 29 Jahren ist er im optimalen Alter, sich auf die ganz langen Distanzen zu konzentrieren. Die Ausdauerleistung des menschlichen Körpers lässt sich deutlich länger auf hohem Niveau trainieren als beispielsweise Schnell- oder Maximalkraft. Potential für Verbesserungen sieht der 29-Jährige Teilzeit-Profi, wie er sich selbst bezeichnet, darin, seine Ausrüstung zu optimieren. Vor allem beim Radfahren, das den größten Zeitanteil beim Ironman ausmacht, wären durch Aerodynamik-Verbesserungen sicher noch wertvolle Minuten heraus zu kitzeln. Aber solche Tests im Windkanal oder auf der Bahn sind teuer und zeitaufwendig. Zeit und Geld, die Sowieja nicht so einfach übrig hat.

Auch bei den Umfängen der Trainingseinheiten sieht er noch Spielraum nach oben, auch wenn ihm dann unter dem Strich noch weniger Freizeit zur Verfügung stünde. Ein Punkt, der im Leistungssport eigentlich ebenfalls nicht vernachlässigt werden sollte. Vollprofis haben zum einen mehr Zeit zu trainieren, viel wichtiger sei jedoch, so Sowieja, dass diese Sportler auch ausreichend Zeit zur Regeneration und Erholung hätten. „Einfach mal auf das Sofa legen und ein Buch lesen.“ Für den Teilzeitprofi kaum möglich, für Körper und Geist aber enorm wichtig. „Nach Kopenhagen konnte ich zwei Tage nur rückwärts die Treppe runterlaufen“, erinnert sich Sowieja. Erst eineinhalb bis zwei Wochen später habe er sich wieder einigermaßen erholt. Das macht deutlich, wie belastend diese Sportart für den Körper ist.
Der Wille zählt
Ans Aufgeben denkt Sowieja aber längst nicht, auch nicht daran, dass er als Teilzeitprofi womöglich den Anschluss in die Weltspitze nie schaffen könnte. Im Gegenteil: Der 29 versucht stets, das Maximale aus den gegebenen Möglichkeiten herauszuholen. Das zeigt auch ein Blick zurück: Mit viel Wille hat er sich in seiner ehemals schwächsten Disziplin, dem Schwimmen, extrem verbessert, konnte Anschluss an die Schnellsten im Wasser erreichen. „Und das obwohl ich von der Statur her nicht der Schwimmertyp bin. Ich bin eher kräftig gebaut und komme ursprünglich vom Fußball.“

Tagtäglich arbeitet er hart daran, seinem Ziel näher zu kommen, den Sport langfristig nicht nur als teures Hobby zu betreiben. Das alles bedeutet für den 29-Jährigen, im täglichen Leben auf viel zu verzichten. Das fängt in der Freizeit an und geht bei der Ernährung weiter. Alkohol und Zigaretten sind ohnehin tabu für ihn. Zwar macht er keine spezielle Diät, gönnt sich auch gelegentlich eine Pizza oder einen Kebab, doch was auf den Teller kommt, da überlässt er nichts dem Zufall. „Die Ernährung ist mir sehr wichtig.“ Auf seinem Speiseplan stehen häufig Reis, Süßkartoffeln, Fisch und Gemüse. Morgens liefert ihm meist ein nahrhaftes Müsli Energie für den Tag. Sowieja ernährt sich zudem meist glutenfrei. Seine Hüftprobleme seien seither verschwunden.
Zeit für Hobbys hat er kaum. „Ich weiß aber genau, für was ich das alles mache und es macht mir Spaß“, sagt er. Sich sportlich in der Natur zu betätigen, sei ohnehin seine Leidenschaft. Passenderweise lautet der Slogan seiner Internetseite „der Triathlet aus Leidenschaft.“ Einzig die Tatsache, dass nur selten Zeit für eine spontane Ski-, Kletter- oder Mountainbike-Tour bleibt, einfach nur zum Spaß, das vermisse er schon manchmal. Solche Aktivitäten würden häufig einfach nicht in seinen getakteten Trainingsplan passen.

So geht es weiter
Vielleicht in diesem Jahr noch will er einen Angriff auf einen Startplatz für den Ironman auf Hawaii wagen. Der Wettkampf schlechthin für alle Eisenmänner und -Frauen. Dafür müsste er bei einem Profirennen einen der wenigen und begehrten Teilnahmetickets gewinnen, die meist nur den Erstplatzierten vergönnt sind. Wenn es 2021 nicht mehr reicht, dann soll es auf jeden Fall im kommenden Jahr klappen. Aktuelle Infos zu Dominic Sowieja und seinen sportlichen Aktivitäten können stets auf seiner Internetseite nachgelesen werden: www.dominik-sowieja.de