Laura Scapin ist 24 Jahre alt. Seit vier Jahren ist sie examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin am Schwarzwald-Baar-Klinikum in Donaueschingen und auf der Station tätig, auf der die Corona-Patienten behandelt werden. Dem SÜDKURIER hat sie von ihrem Arbeitsalltag erzählt.

Stopp: Außer Patienten und das Pflegepersonal kommt niemand auf die Corona-Station.
Stopp: Außer Patienten und das Pflegepersonal kommt niemand auf die Corona-Station. | Bild: Matthias Jundt

„Seit Corona haben wir hier auf der Lungenstation eigentlich nur noch ein Krankheitsbild. Sonst war das anders. Ich bin derzeit nur mit Covid-19 und seinen Begleiterkrankungen beschäftigt“, erzählt Scapin.

Schichtübergabe Video: Lukas Ondreka

Ihr Tag beginnt mit der Übergabe der Nacht- an die Frühschicht. In der wird die aktuelle Lage besprochen, wie viele Patienten gibt es, wie geht es allen, gibt es Neuzugänge? Am Nachmittag erfolgt dann die Übergabe an die Spätschicht. Dazwischen ist Scapin im Intermediate-Care-Bereich – es gibt die normale Station, die mittlere und die Intensivstation – für vier Patienten zuständig. Unterstützt wird sie von einer Hilfskraft.

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Während der Schicht misst sie die Vitalzeichen der Patienten, bei schlechten Blutgaswerten leitet sie Sauerstoff ein und geht individuell auf die Probleme der Menschen ein. „Wenn ein Patient beatmet werden muss, wird er in den gesonderten Intermediate-Care-Bereich verlegt. Dort bereiten wir eine Beatmungsmaschine vor. Wir passen die Maske an den Menschen an. Die Betreuung dort ist intensiver, als auf der normalen Station“, erzählt Scapin.

Scapin am Beatmungsgerät: „Dieses hat einen unterstützenden Druck, der die Lunge aufrecht erhält und die Patienten beim Atmen ...
Scapin am Beatmungsgerät: „Dieses hat einen unterstützenden Druck, der die Lunge aufrecht erhält und die Patienten beim Atmen entlastet. Die Atemmuskulatur wird entspannt. Die Maske wird individuell auf jeden Patienten angepasst und mit einem Schlauch an das Beatmungsgerät verbunden.“ | Bild: Matthias Jundt

„Zunächst schließen wir den Menschen an einen zentralen Monitor, ans EKG und an die zentrale Sauerstoffsättigung an. Wir überwachen stündlich den Blutdruck. Und dann wird der Patient darauf vorbereitet, dass jetzt die Maske aufgesetzt wird“, sagt Scapin.

Genau so wichtig, wie die medizinischen Vorgänge, ist dabei der persönliche Kontakt: „Die Patienten, die beatmet werden müssen, haben meistens große Angst. Wir versuchen ihnen diese zu nehmen und für sie da zu sein, bis sie das Gröbste überstanden haben.“ Die Krankenschwester versucht den Patienten die Gewissheit zu geben, dass diese nicht alleine sind. Hilfe stehe jederzeit bereit, keiner muss alleine durch die Beatmung. Wie lange diese notwendig ist, hängt immer von der Schwere der Krankheit ab.

Bevor Scapin ein Patientenzimmer betritt, muss sie die Schutzkleidung anziehen. Die FFP2-Maske wird dauerhaft getragen und alle zwei ...
Bevor Scapin ein Patientenzimmer betritt, muss sie die Schutzkleidung anziehen. Die FFP2-Maske wird dauerhaft getragen und alle zwei Stunden gewechselt. Dazu kommen ein Schutzkittel, Handschuhe und eine Schutzbrille. | Bild: Matthias Jundt

Während Scapin derzeit nahezu ausschließlich für erkrankte Covid-19-Patienten da ist, muss sie ihr eigenes Leben hintenanstellen: „Im Moment ist es mit dem Ausgleich schwierig. Viele Einrichtungen sind geschlossen, man soll sich nur mit einer weiteren Person aus einem anderen Haushalt treffen. Einfach ist das nicht.“ Die 24-Jährige schöpft Kraft aus dem Kontakt zu ihrer Familie. Diese baut sie auf: „Mehr Ausgleich ist derzeit schwierig.“

Hilfreich ist auch der Austausch mit ihren Kollegen. Scapin: „Wir haben ein tolles Team, in dem jeder offen darüber reden kann, was ihn oder sie gerade belastet. Auch bei der Übergabe fragen wir immer, wie es jedem geht.“

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Dennoch kam es schon vor, dass es der Gesundheits- und Krankenpflegerin zu viel wurde: „Jetzt im Spätherbst ist es schlimmer, als im Frühjahr. Das liegt auch an der dunkleren Jahreszeit. Da gibt es immer wieder Tage, an denen es mir schlecht geht. Die Schicksale der Patienten nehmen einen mit.“

Gut geschützt Video: Lukas Ondreka

So musste sie auch schon erkennen, dass sie Menschen nicht mehr helfen kann und diese sterben werden: „Ich versuche, vor allem gegenüber dem Patienten, stark zu bleiben, bis zum Schluss. Man darf danach aber auch trauern und weinen. Das ist normal, das ist menschlich, wenn man solche Schicksale mit ansehen muss.“

Unspektakulär und wie jeder andere Krankenhausflur sieht es auf der Corona-Station aus.
Unspektakulär und wie jeder andere Krankenhausflur sieht es auf der Corona-Station aus. | Bild: Matthias Jundt

Eine Besserung der Situation scheint momentan nicht in Sicht zu sein. „Ich habe das Gefühl, dass die Krankheitsverläufe der Patienten nun, im Vergleich zum Frühjahr, schlimmer werden“, sagt Scapin. Wie sich die Lage aber genau verändern wird, sei nicht zu sagen. Kein Tag ist wie der andere. „Ich denke aber, Corona wird uns noch eine zeitlang begleiten.“

Über Coronaleugner Video: Lukas Ondreka

Während Scapin und ihre Kollegen täglich um das Leben von Menschen kämpfen und ihr eigenes hintenanstallen, demonstrieren immer wieder Querdenker, Corona-Leugner und andere in Berlin, Stuttgart und auch Konstanz: „Wenn man das sieht, wird man sauer. Es ist, als würden diese Menschen unsere Arbeit verleugnen. Ich versuche ihnen dann zu erklären, wie schlimm die Situation ist und dass es wichtig ist, sich an bestimmte Sicherheitsmaßnahmen zu halten.“ Das gilt für Scapin und ihre Kollegen auf der Corona-Station in besonderem Maße. Angst, sich anzustecken, hat die 24-Jährige daher nicht: „Und falls es doch passieren sollte, weiß ich, dass ich hier in besten Händen wäre“.

Scapin liebt ihren Beruf. Sie liebt es, Menschen zu helfen und für diese da zu sein. Anerkennung erhält sie von ihrer Familie, ihren Freunden und vor allem von den Patienten. Von der Politik jedoch erfährt sie derzeit nicht mehr Wertschätzung als sonst: „Es wird immer wieder gesagt, dass man viel für die Pflege machen will. Angekommen ist leider noch nichts.“ Die 24-Jährige würde sich einen besseren Personalschlüssel und Anerkennung in Form von mehr Gehalt wünschen.

Bis dahin kämpft sie weiter täglich darum, die Folgen der Corona-Pandemie für ihre Patienten erträglich zu machen und Menschenleben zu retten.

Kampf gegen das Virus: Wie Pflegerin Laura Scapin Covid-Patienten hilft
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