Schon lange wartet Rottweil auf ein neues, spektakuläres Wahrzeichen: eine 606 Meter lange Hängebrücke für Fußgänger. Die sollte unter dem Namen Neckar-Line eigentlich seit 2018 das Neckartal zwischen dem Berner Feld, wo der Testturm steht, und der historischen Innenstadt überspannen und Besucher nach Rottweil locken.
Derweil gehen die Meinungen in der Stadt weit auseinander. Die einen sind überzeugt, dass das nichts mehr wird mit der Brücke. Die anderen sind zuversichtlich, dass es noch in diesem Jahr endlich losgeht.
Zu den Optimisten gehört naturgemäß die Stadtverwaltung, deren Sprecher Tobias Herrmann betont: „Wir gehen von einem Baustart im Jahr 2023 aus. Die Firma Eberhardt hat dies ja bereits öffentlich angekündigt. Die Stadtverwaltung steht parat, die planungsrechtlichen Hausaufgaben sind gemacht und wir können zeitnah das erforderliche Baurecht schaffen.“
Zugleich befinde sich die Stadt Rottweil mit der Firma Eberhardt auf der Arbeitsebene und mit dem Bauherrn Günter Eberhardt weiterhin in enger Abstimmung. Tobias Herrmann: „Wir freuen uns sehr, wenn es nun bald losgehen kann, denn der Bau der Hängebrücke ist für Rottweil ein wichtiges Zeichen des Aufbruchs und nach den schwierigen Corona-Jahren für Handel, Gastronomie und Hotellerie in der Innenstadt wichtiger denn je.“
Auch die Grünen im Gemeinderat sehen einen baldigen Baustart und freuen sich auf die zu erwartenden Belebung der Innenstadt. So meint deren Sprecherin Ingeborg Gekle-Maier: „Ich bin überzeugt, dass der Bau der Hängebrücke in Rottweil noch in diesem Jahr starten wird.“
Nach langem Planen, Umplanen und neu Denken werde die Rottweiler Hängebrücke die nächste sein, die nach der Hängebrücke in Todtnau von der Firma Eberhardt gebaut werde.
„Wir brauchen diese weitere Attraktion“
Gekle-Maier ergänzt: „Und das ist gut so, denn wir brauchen diese weitere Attraktion, um in Kombination mit dem Turm, unserer verkehrsberuhigten historischen Innenstadt und dem renaturierten Neckarlauf viele Gäste nach Rottweil locken zu können. Und wenn die Gäste strömen, benötigen wir natürlich wieder viel mehr gastronomische Angebote und kleine, aber feine Geschäfte und Boutiquen, um diesen Gästen auch etwas beim Bummeln durch Rottweils Gassen bieten zu können“, so Gekle-Maier. „Alle diese Mosaiksteine zusammen werden Rottweils Innenstadt wiederbeleben.“
Eher skeptisch zeigt sich die FDP: „Zu Beginn, vor etwa fünf Jahren, war das Hängebrückenprojekt wirklich neu und sexy. Die Verbindung zwischen historischer Innenstadt und Testturm wäre nach wie vor toll“, erklärt Fraktionssprecher Harald Sailer. „Jedoch gibt es zwischenzeitlich doch einige Hängebrücken und das Prädikat ‚längste Hängebrücke Deutschlands‘ würde die Neckar-Line auch nicht mehr führen können.“
Hat der Investor noch Interesse?
Sailer betont, die vom Investor wahrzunehmenden Signale seien schwer zu deuten, „man kann hier Hinhalten bis falsche Hoffnungen hineininterpretieren. Ob der Investor tatsächlich noch Interesse an der Umsetzung des Projekts hat, ist fraglich und schlussendlich seine Entscheidung.“
„Er hat uns sein Wort gegeben, auf dieses setzen wir!“, sagt wiederum Monika Hugger, die Sprecherin der CDU-Fraktion. „Herr Eberhardt hat in der Einwohnerversammlung zur Hängebrücke gesagt: ‚Wenn es schwierig wird, wenn andere aufgeben, dann packe ich es an!‘ Zu einem späteren Zeitpunkt hat er bekräftigt: ‚Die Hängebrücke wird kommen‘“.
Die CDU-Fraktion sei sicher, dass die Hängebrücke zur Belebung der Innenstadt beitragen werde. „Sie spricht eine zusätzliche Zielgruppe an, die wir bislang nicht erreichen. Gäste, die mehr Zeit mitbringen, weniger Gruppen-, mehr Individualreisende.“
Die ganze Stadt dürfte profitieren
Die Vorstellung, von der Brücke kommend über den Bockshof auf den umgestalteten, einladenden Friedrichsplatz ins Herz der Innenstadt zu schlendern, das sei ein spannender Kontrast, „den gibt es sonst nirgends. Die Brücke wird Gäste anziehen und die Attraktivität als Ausflugsziel steigern, davon wird die gesamte Stadt profitieren,“ zeigt sich Monika Hugger optimistisch.