Draußen, vor ihrer Wohnung, stürmt und windet es. Drinnen macht es sich Silke Vogt gemütlich. Sie sitzt, die Beine lässig übereinandergeschlagen, zwischen alten und neuen Gitarren, im Wohnzimmer und fängt an zu erzählen.
Wie ein Traum
Sie erzählt von ihrer Leidenschaft für Popschlager und melancholische Balladen. Von ihren ersten Auftritten, damals als Jugendliche, auf dem Stadtfest in St. Georgen und auf der Kulturnacht in Schwenningen. Und von den größeren Anlässen, die in den letzten Jahren folgten: Auftritte in Italien, beim SWR oder als Support Act für Beatrice Egli. „Ein Traum“, sagt Vogt. „Ich muss mich manchmal zwicken: Weil es so surreal ist.“

Vogt ist Musikerin. „Singer- und Songwriterin“, wie sie sagt. Und das irgendwie schon immer. „Mein Vater hat früher Gitarre gespielt, ist auf Stadtfesten aufgetreten. Und ich habe ihn als Kind beobachtet und gedacht: Das will ich auch.“
Als ihre Familie vor 13 Jahren von Donaueschingen nach St. Georgen zieht, sieht die damals Elfjährige ihre Chance. Einen Umzug, weg von ihren Freunden, das findet die Pubertierende gar nicht cool. „Also habe ich gesagt: ich komme mit, aber nur, wenn ich auf die Jugendmusikschule darf.“

Was sie dort lernt? Klavier, Gesang, – und natürlich Gitarre. „Es war nicht nur mein Vater, den ich spielen sah. Ich mochte auch den Klang der Gitarre. Die unterschiedlichen Schlag- und Zupfmuster“, sagt Vogt, lächelt verlegen und spricht schnell weiter. Nicht ohne Punkt und Komma. Aber schnell. Es sind ihre zwei Seiten: schüchtern und extrovertiert zugleich.

Die eine, die es auf die Bühne zieht. Die aktiv nach einem Produzenten für ihre Lieder sucht – und im Herbst ihr zweites Album rausbringt, „mein erstes, richtiges“, wie sie es nennt. Und die andere Seite, die sagt: „Als Kind war ich viel zu ängstlich.“ Und: „Ich bin heute noch mega nervös auf der Bühne.“ Oder: „Ich habe ungern zuhause gesungen, wenn meine Eltern da waren.“
Was für Vogt zählt, das ist Wahrhaftigkeit
Ein Ritual gibt ihr bis heute Halt: „Ich singe zum Abschluss immer denselben Song: ‚Schönen, guten Abend‘. Wenn ich Konzerte spiele und weiß: Ich habe diesen Song noch, gibt mir das Sicherheit.“ Auch beim SÜDKURIER-Gespräch schlägt Vogt eher leise Töne an.
Die Musik ist ihre Leidenschaft. Und das spürt man auch. Vogt sagt: „Wenn ich singe, bin ich in meiner eigenen Welt.“ Vom Publikum bekomme sie oft gar nichts mit. Schließlich seien ihre Augen meist geschlossen. Schließlich „vergesse ich alles um sich herum.“ Was für Vogt zählt, das ist Wahrhaftigkeit. „Das Publikum muss glauben, was ich singe.“ Muss es fühlen. Weil sie es fühlt.
Warm und Verspielt
In eine Richtung will sich die 24-Jährige dabei nicht drängen lassen. „Ich mache alles: Rock, Folk, Schlager, Balladen. Gerade, Balladen, ich mag dieses Melancholische“, sagt sie. Und doch schwingt in ihrer Stimme etwas so Leichtes, so Euphorisches mit, dass man schon erahnen kann, wie sie klingt, wenn sie singt. Warm und verspielt.

Und wenn Vogt mal nicht auf der Bühne steht, düst sie mit ihrem Motorrad durch die Gegend. „Das ist so ein schönes Gefühl von Freiheit.“
Überhaupt ist Vogt nur in Teilzeit in Sängerin. Nämlich an den Wochenenden. Und nach Feierabend – „wobei das viel Raum einnimmt, vor Corona war jedes Wochenende ein Konzert, jetzt sind es auch noch Dutzende“, sagt sie. Tagsüber, unter der Woche, ist sie Physiotherapeutin.
Wie sie da noch Zeit für ihre Songs, fürs Texten findet? „Das geht nebenbei“, sagt sie. Wenn sie nach der Arbeit etwa spazieren oder joggen gehe, fielen ihr oft noch Melodien und Textfragmente ein. „Die nehme ich mit dem Handy auf, summe vor mich hin, und schaue zuhause, was ich daraus bauen kann.“
Und das Verrückteste, das sie in all den Jahren erlebte?
„Ich habe auf einer Hochzeit gespielt“, sagt Vogt. „Und plötzlich unter den Gästen ein Pärchen erkannt, von dem ich dachte, die kennst du doch.“ Es war das Pop-Duo Glasperlenspiel. Und die Sängerin des Musikduos sei von Vogts Gesang sogar berührt gewesen. „Solche Erinnerungen vergisst man nie.“