Ein klein wenig können Eltern aufatmen, doch wirklich nur ein wenig: Wer ein krankes Kind zuhause hat, bekommt meist wieder den lange Zeit vergriffenen Fiebersaft in der Apotheke.

Doch Entwarnung in Sachen Medikamentenmangel gibt es im Schwarzwald-Baar-Kreis noch lange nicht, warnen die Apotheker. Im Gegenteil. Vor allem Antibiotikasäfte für Kinder sind hier nach wie vor kaum zu bekommen.

So ist die Lage in der Villinger Paradies-Apotheke

Valerie Aigner, Apothekerin in der Villinger Paradies-Apotheke, muss derzeit oft telefonieren. Ihre Gesprächspartner: Kinderärzte, Hals-Nasen-Ohrenärzte oder auch Bereitschaftsärzte vom kommenden Wochenende. Das immer gleiche Thema: Das verschriebene Antibiotika ist nicht lieferbar, welche Alternativen sind möglich? „Wenn wir Notdienst haben, kläre ich meist schon vor dem Wochenende mit den Medizinern, was wir da haben“, erzählt Aigner.

„Das stellt uns nach wie vor vor große Herausforderungen.“
Thomas Karcher, Paradies-Apotheke Villingen

Antibiotikasäfte für Kinder sind auch nach Ende des Winters noch immer echte Mangelware, bestätigt Thomas Karcher, Inhaber der Paradies-Apotheke. Eine Knappheit, die mittlerweile seit vielen Monaten andauert.

„Das stellt uns nach wie vor vor große Herausforderungen“, bestätigt der Apotheker. Neben eben den Telefonaten mit den Ärzten sind dies viele Nachfragen bei Großhändlern und Herstellern sowie Gespräche mit den verunsicherten Kranken und verzweifelten Eltern.

So ist die Lage in der Donaueschinger Hofapotheke

Florian (rechts) und Peter Meess von der Hofapotheke Donaueschingen – hier ein Archivbild – machen sich große Sorgen ...
Florian (rechts) und Peter Meess von der Hofapotheke Donaueschingen – hier ein Archivbild – machen sich große Sorgen angesichts der Lieferengpässe bei vielen Medikamenten. | Bild: Wursthorn, Jens

Auch Peter Meess, Inhaber der Hofapotheke in Donaueschingen, hatte eigentlich gedacht, er könnte über die Sommermonate einen kleinen Vorrat dieser Kinder- Antibiotika aufbauen. Doch weit gefehlt. „Hier gibt es keine Verbesserung an der Situation“, sagt er.

Meess ist froh, wenn er überhaupt den aktuellen Bedarf bedienen kann. Während bei Erwachsenen meist auf ein anderes Präparat zurückgegriffen werden oder größere Tabletten geteilt werden könnten, gebe es bei kleinen Kindern eben keine Alternative zum Saft.

So ist die Lage in der St. Georgener Rathausapotheke

„Einfach eine Katastrophe“, bringt Bernhard Lobmeier von der Rathausapotheke St. Georgen die Lage hier auf den Punkt. Als Beispiel nennt er seinen jüngsten Wochenend-Notdienst: Dabei hätten ihn sogar Eltern aus Stuttgart, Konstanz oder Freiburg angerufen, alle auf der verzweifelten Suche nach dem verschriebenen Antibiotikasaft für ihre Kinder.

„Es ist eine Katastrophe“, sagt Bernhard Lobmeier von der St. Georgener Rathaus-Apotheke (hier auf einem Bild aus dem ...
„Es ist eine Katastrophe“, sagt Bernhard Lobmeier von der St. Georgener Rathaus-Apotheke (hier auf einem Bild aus dem vergangenen Jahr) zu den andauernden Lieferengpässen bei Medikamenten. . | Bild: Graziella Verchio

Peter Meess fürchtet schwere Zeiten für die Kranken im Landkreis. „Wenn im Herbst der Bedarf wieder steigt, sehen wir echte Probleme“, mahnt er. Er habe nicht den Eindruck, dass demnächst größere Vorräte an Antibiotikasäften zu erwarten seien. „Das wird sehr, sehr schwierig“, fürchtet er.

„Wir wissen wirklich nicht, was im Herbst und Winter passiert“, macht sich auch sein Villinger Kollege Karcher Sorgen. Und so fern ist die Krankheitswelle nicht mehr: Oft, so Karcher, beginne sie schon kurz nach den Sommerferien.

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Etwas entschärft hat sich unterdessen die Situation bei den Fiebersäften für Kinder. Diese seien zur Zeit wieder vermehrt erhältlich, sagt Thomas Karcher. Der Villinger Apotheker hat die kommende Krankheitssaison schon im Blick: „Wir haben uns da gut bevorratet“, bestätigt er. Auch Bernhard Lobmeier berichtet, dass er gerade dabei sei, einen kleinen Vorrat an solchen Fiebersäften anzulegen.

Arznei-Trends machen ebenfalls Probleme

Neben den Lieferschwierigkeiten der Hersteller macht den Apothekern im Landkreis jedoch ein weiteres Phänomen zu schaffen: Der Hype um bestimmte Arzneimittel. Ozempic zum Beispiel, das derzeit in den sozialen Netzwerken als Abnehmspritze gerühmt wird. Dieser Trend hat offenbar längst auch den Schwarzwald-Baar-Kreis erreicht – als Folge fehlen die Spritzen nun Diabetikern vor Ort, erzählt Valerie Aigner.

„Bei fast allen Indikationen treten Mängel auf.“
Peter Meess, Hofapotheke Donaueschingen

Auch Bernhard Lobmeier in St. Georgen bekommt dies zu spüren: Das Mittel geht offenbar anderswo, wo der Apothekenbesuch noch weitgehend anonym abläuft, über die Ladentheken. Bei ihm in der Bergstadt, wo er fast jeden persönlich kennt, komme erst gar nichts mehr an.

Auch ein Durchfallmittel wird zum Hype

Ein ähnliches Beispiel ist laut Valerie Aigner auch ein Durchfallmittel, das laut Netz-Gemeinde nach der durchzechten Nacht gut gegen Kater helfen soll. „Da konnten wir die Durchfallpatienten dann zeitweise nicht mehr versorgen“, erzählt Valerie Aigner.

„Bei fast allen Indikationen treten Mängel auf“, fasst Peter Meess die drastische Situation der Apotheken im Landkreis zusammen. Auf Dauer sei das nicht tragbar, sagt auch Bernhard Lobmeier – und stellt klar: „So kann es nicht weitergehen!“

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