Warteschleifen bei Telefon-Hotlines kennt er schon. Auch die Probleme bei der Suche nach Facharztterminen sind ihm nicht neu. Heinrich Löhrer aus Donaueschingen fühlt sich im Stich gelassen von der medizinischen Versorgung. Warum es Patienten so schwer gemacht werde, kann er nicht verstehen. „Mir reicht es“, bringt er seinen Frust zum Ausdruck.
Anfang des Jahres, zu Beginn der Corona-Pandemie, hatte er versucht, einen Termin für eine wichtige Gefäß-Untersuchung zu bekommen. Er hing immer wieder in Warteschleifen des Patientenservice der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) fest und verlor sich in verstrickten Telefon-Abfragen durch eine Computer-Stimme (wir berichteten). Die KV versprach Verbesserungen ihres Angebotes unter der kostenlosen Rufnummer 116 117.
Für Löhrer ist seit Juli aber klar, dass sich wohl nichts verändert hat. Sein Frust zielt dabei nicht nur auf den KV-Patientenservice ab, er ist vielmehr unzufrieden mit dem Gesamtsystem. 45 Jahre lang habe er gearbeitet und in das Gesundheitssystem eingezahlt. Jetzt, da er auf Hilfe angewiesen ist, fühlt er sich alleine gelassen, muss sich um immer mehr Aspekte im Behandlungsverlauf selbst kümmern.
Abenteuer Terminvereinbarung
Vor einigen Wochen war Löhrer mit Magenbeschwerden bei seiner Hausärztin vorstellig. Die habe ihm eine Überweisung für eine Magenspiegelung ausgestellt, um den Ursachen der Beschwerden auf den Grund zu gehen. Nach einem Anruf beim örtlichen Facharzt war jedoch klar, dass ein Termin für diese Untersuchung erst im November möglich war. „Aber was ist, wenn die Beschwerden von einer bedrohlichen Erkrankung herrühren?“, fragt sich Löhrer. Also hat er sich an den KV-Pateintenservice gewandt. Dort musste er erneut 45 Minuten in der Warteschleife ausharren, ehe sich ein Mitarbeiter sein Anliegen anhörte.
Das Ergebnis des Gesprächs: Löhrer solle sich selbst nach einem Arzt umschauen und einen Termin vereinbaren, zum Beispiel über das Internet. Noch einmal wandte er sich in seiner Not und mit dem Ratschlag der KV im Gepäck an den Facharzt in Donaueschingen.
„Dieser hat dann zum Glück doch noch einen Termin für mich möglich gemacht“, ist Löhrer dankbar. Allerdings war diese frühere Untersuchung nur in der Praxis-Zweigstelle in Singen möglich.
Selbst dorthin zu fahren war nicht möglich, da aufgrund der Narkose die Fahrtüchtigkeit nicht mehr gegeben ist. Ein Antrag auf Fahrtkostenübernahme bei der Krankenkasse verlief negativ. Die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel hätte Löhrer selbst tragen müssen.
„Ein Bekannter hat sich dann bereit erklärt, mich zu fahren“, ist Löhrer froh. Die Untersuchung verlief letztlich positiv. Die Ursachen der Beschwerden sind geklärt und nicht lebensbedrohlich. Mit Medikamenten hat Löhrer seine Beschwerden seither gut im Griff.
Stellungnahme der KV
Dennoch bleibt bei dem 60-Jährigen ein bitterer Nachgeschmack. Die Kassenärztlich Vereinigung bedauert den Vorfall, kann den Ablauf im Nachhinein allerdings nicht nachvollziehen und beurteilen. „Vorfälle, wie Sie ihn uns schildern, sind uns nicht bekannt“, teilt Sprecher Kai Sonntag auf SÜDKURIER Nachfrage mit.
Rückmeldungen wie diese würden der KV nicht vorliegen. Sonntag bedauert, dass der Patient sich mit seiner Kritik nicht unmittelbar an die KV gewandt habe. Nur dann hätte man darauf reagieren können.
Grundsätzlich vermittle die KV jedes Jahr Tausende von Terminen. „Patienten können sich hierfür an die Terminservicestelle wenden.“ Das betreffe dringende Arzttermine, für welche die Patienten eine entsprechende Überweisung durch einen Arzt benötigen, schreibt Sonntag weiter. Weiterhin vermittle die KV Termine bei Haus- und Kinderärzten sowie bei Psychotherapeuten.
Für Löhrer ist das alles nur ein schwacher Trost. Zu kompliziert und zu viele Hürden, so beschreibt der Busfahrer die aktuelle medizinische Versorgung. Er kann nicht verstehen, dass das moderne und für viel Geld gebaute Schwarzwald-Baar Klinikum in einigen Bereichen keine kassenärztliche Zulassung erhalte, um Patienten auch ambulante Leistungen erbringen zu können. Dass er mit seiner Annahme nicht alleine dasteht, ist er sich sicher: „Viele meiner Fahrgäste haben mir von ähnlichen ärgerlichen Erfahrungen mit der medizinischen Versorgung erzählt.“