Wenn Christian Wallner einen Blick auf die Abonnenten- und Abrufzahlen seiner Podcasts wirft, kann er es manchmal selbst kaum glauben. Was als kleines Projekt für seinen Gemeinschaftskunde-Leistungskurs (LK) am Villinger Gymnasium am Romäusring während der Corona-Pandemie startete, hat mittlerweile Fans aus ganz Deutschland.

130 Folgen von „Mehr Wissen – der Podcast für die Oberstufe“ hat der 39-jährige Deutsch- und Gemeinschaftskundelehrer mittlerweile aufgenommen und veröffentlicht, die insgesamt 160.000 Mal abgerufen wurden.
Er freut sich, wenn er Schülern helfen kann
Was Christian Wallner ganz besonders freut: Wenn ihn E-Mails erreichen, in denen ihm Schülerinnen und Schüler schreiben, dass er ihnen mit seinen Podcasts die Angst vor den Abiturprüfungen genommen habe.
Oberstufenwissen zum Mitnehmen
In seinem Podcast vermittelt Wallner Oberstufenwissen ganz kompakt. Überall hörbar, ob beim Joggen, beim Spaziergang oder beim Zähneputzen. Die meisten Folgen entstehen ganz spontan und ohne Skript. „Gerade, wenn es Themen sind, die ich häufig unterrichte, spreche ich das ganz frei ein“, sagt er. Geschnitten werde nur wenig – höchstens, wenn im Hintergrund bei der Aufnahme mal das Babyphon anspringe, sagt der Vater von drei Kindern lachend.
Politik, Deutsch – und jetzt die Bundestagswahl
In den Podcasts bespricht Wallner beispielsweise in elf Minuten das Thema „Politisches System – Staatstheorie“ für den Gemeinschaftskunde-LK oder in 13 Minuten „Mario und der Zauberer“ von Thomas Mann für das Basisfach Deutsch.
Eigens zur Bundestagswahl hat Christian Wallner nun eine ganze Podcast-Reihe aufgenommen, in der er die Bundestagskandidaten Thorsten Frei (CDU), Derya Türk-Nachbaur (SPD), Marin Juric (Grüne), Mark Hohensee (FDP), Heinrich Alexandra Hermann (Linke), Sebastian van Ryt (AfD) und den parteilosen Louis Weißer zu Interviews eingeladen hat.
Orientierungshilfe, nicht Wahlempfehlung
„Im Prinzip habe ich allen die gleichen Fragen gestellt, es sollte kein Kreuzverhör werden“, schildert er seine Vorgehensweise. In den Shownotes des Podcasts verweist er ausdrücklich darauf, dass die Interviews keinerlei Wahlempfehlung darstellen, sondern die Möglichkeit geben sollen, die Kandidaten des Wahlkreises besser kennenzulernen.
Ausdrücklich empfiehlt er außerdem den Faktencheck, um kritische oder vermeintlich einfache Schlussfolgerungen zu überprüfen und stellt dazu die Links von Seiten wie Correctiv oder dem deutsch-österreichischen Faktencheck-Zusammenschluss Gadmo.
„Die Interviews waren auch für mich selbst total spannend“, sagt der 39-Jährige, der seit mehr als zehn Jahren am Gymnasium am Romäusring unterrichtet. Am Fragenkatalog haben Erstwähler maßgeblich mitgewirkt. Sie haben Christian Wallner im Vorfeld ihre Fragen an die Kandidaten zugeschickt, unter anderem über seinen Instagram-Kanal.
Früher Wahltermin: Erstwähler haben das Nachsehen
Einige der Fragen kamen vom ehemaligen Romäus-Schüler Philipp Lange. „Dadurch, dass die Wahl so früh ist, darf nur eine Handvoll unserer aktuellen Schüler wählen“, sagt Christian Wallner.

Erstwähler Philipp hat sich sehr gerne mit seinen Fragen an den Interviews beteiligt: „Auch wenn ich nicht im Wahlkreis 286 wahlberechtigt bin, sondern in Konstanz, profitiere ich persönlich trotzdem von den Podcastfolgen, da sie auf die elementaren Bestandteile der aktuellen Bundespolitik eingehen“, sagt er.
Kritische Nachfragen kommen gut an
Was ihm besonders gefallen hat: Wenn die Bewerbenden versuchten, Fragen auszuweichen, habe Wallner gekonnt nachgehakt, sodass sich diese entweder festlegen mussten oder die Schwammigkeit in der Argumentation deutlich geworden sei.
Philipp Lange ist dafür, das Wahlalter künftig auch bei der Bundestagswahl auf 16 Jahre zu senken. Die Vielzahl an jungen Demonstrantinnen und Demonstranten, die sich für Demokratie und Vielfalt einsetzen, zeige, dass Politik auch für noch nicht Volljährige eine große Rolle spiele.
Rechtsruck und Klimawandel machen Angst
Christian Wallner erlebt die Schüler an Politik viel interessierter, als es zu seiner eigenen Schulzeit der Fall gewesen sei. Dass die aktuelle Lage junge Menschen sehr beschäftigt, weiß er sowohl aus dem Unterricht, aber auch aus dem Austausch bei Instagram. Rechtsruck, Klimawandel, Armut, die soziale Schere, die immer weiter auseinandergeht: Das alles mache vielen Jugendlichen Angst.

Christian Wallner freut sich, wenn sein Podcast dazu beiträgt, Orientierung zu geben, sich eine eigene Meinung zu bilden. Deshalb hat er auch eine weitere Interview-Rubrik in seinen Podcast integriert: „Wie geht‘s weiter nach der Schule?“
„Es muss nicht jeder studieren. Es gibt so viele coole Möglichkeiten.“Christian Wallner, Lehrer und Podcaster
Oft wissen das die jungen Menschen auch nach zwölf – künftig wieder 13 – Schuljahren nicht. Wie auch? Das Angebot an Ausbildungsberufen und Studiengängen ist riesig, manches hat man vielleicht gar nicht auf dem Schirm. „Es muss nicht jeder studieren“, sagt Christian Wallner. „Es gibt so viele coole Möglichkeiten.“
Von FSJ bis zur Banker-Ausbildung
Als Oberstufenberater ist es ihm wichtig, den Schülerinnen und Schülern möglichst viele Wege aufzuzeigen. Dementsprechend vielseitig sind auch die bisherigen Podcastfolgen: Da berichten zwei ehemalige Schüler von ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), der Ausbildungsleiter der Sparkasse Schwarzwald-Baar gibt Einblicke in die Berufsmöglichkeiten bei der Bank, das Schwarzwald-Baar-Klinikum ist dabei und auch die Polizei.

Hier ist Wallners Interviewpartnerin Lisa Schröder, die an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg den Institutsbereich Personalgewinnung leitet. Bei seiner Anfrage erlebte Wallner eine Überraschung: „Die Antwort kam direkt vom Innenministerium aus Stuttgart, die fanden das total spannend.“
Ehemalige Schülerin sagt direkt zu
Kurz darauf habe sich Lisa Schröder gemeldet, die zweite Überraschung: Sie ist selbst ehemalige Schülerin des Gymnasiums am Romäusring. Keine Frage, dass sie das Interview selbst übernehmen wollte. Die Gespräche mit Menschen aus den verschiedensten Sparten und Branchen sind für den Oberstufenberater eine wertvolle Erfahrung: „Ich lerne da auch selbst super viel.“