In Zeiten der Energiekrise kommen auch die Biogasanlagen wieder vermehrt in den Fokus der Politik. So erklärt unter anderen auch die CDU, dass man darüber diskutieren müsse, wie die Produktionsleistung der bestehenden Anlagen erhöht werde könnte. Aber geht das so einfach? Wir haben uns dazu mit vier Biogasbauern im Kreis unterhalten.

Festpreis – damit wird kaum vom Boom profitiert

Familie Kaltenbach betreibt bereits seit 25 Jahren eine Biogasanlage auf ihrem Hof in Brigachtal. 304 Kilowatt kann diese Anlage pro Stunde (KWh) an Strom produzieren. Diesen Strom verkaufen die Kaltenbachs zu einem vereinbarten Festpreis an den Energiedienst. Von den aktuellen Preissteigerungen profitieren sie daher nur in einem geringen Umfang. Gerne würden sie deshalb die Anlage auf ein variables Modell umstellen. Hier würde die Stromproduktion vom Abnehmer ferngesteuert werden und so dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden.

Daniel Kaltenbach, Brigachtal, beklagt vor allem die langwierigen Genehmigungsverfahren.
Daniel Kaltenbach, Brigachtal, beklagt vor allem die langwierigen Genehmigungsverfahren. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Das ist durchaus sinnvoll, denn je nach Wetterlage und Jahreszeit schwankt der Strombedarf sehr stark. Entgegen aller ursprünglichen Planungen müssen die Biogasanlagen im Sommer inzwischen mehr Strom produzieren als im Winter. Der Grund unter anderem: die Trockenheit. Sie hat beispielsweise zur Konsequenz, dass wegen Kühlwassermangel Atomkraftwerke gedrosselt werden müssen, selbst wenn sie weiter in Betrieb bleiben.

„Wir kämpfen hier schon seit vier Jahren um eine Baugenehmigung für einen Gasspeicher.“
Daniel Kaltenbach, Betreiber einer Biogasanlage

Der Umbau der bestehenden Anlage erfordere aber eine erneute Investition, die sich natürlich auch irgendwie rechnen müsse. Das werde aber immer schwieriger, den die aktuellen Lieferschwierigkeiten und Preiserhöhungen für die benötigten Bauteile schlagen auch hier voll durch. Der höhere Erlös werde durch die gestiegenen Investitionskosten fast aufgehoben.

Hier wird die Biomasse zur Fütterung der Biogasanlage bevorratet (bei Daniel Kaltenbach in Brigachtal).
Hier wird die Biomasse zur Fütterung der Biogasanlage bevorratet (bei Daniel Kaltenbach in Brigachtal). | Bild: Hans-Juergen Goetz

Aber das Hauptproblem seien die komplexen und langwierigen Genehmigungsverfahren. „Wir kämpfen hier schon seit vier Jahren um eine Baugenehmigung für einen Gasspeicher, hoffen aber, dass das jetzt endlich bald klappt“, erklärt Daniel Kaltenbach.

Spitzenlasten werden abgedeckt

Dabei sind es gerade die Biogasanlagen, die bei der Energiewende einen wichtigen Anteil beitragen könnten. Sie sind nicht nur nachhaltig, sondern wirken vor allem auch lokal. Für sie müssen keine neuen Stromtrassen quer durch Deutschland gebaut werden. Da viele Anlagen inzwischen auch von den Energieversorgen ferngesteuert werden können, werden sie auch immer wichtiger zur Abdeckung von Spitzenlasten, die über den Tagesverlauf und jahreszeitbedingt entstehen, eine Aufgabe, die bisher neben den Wasserkraftwerken vor allem gasbetriebene Anlagen übernehmen müssen.

Philipp Ewald vor einem seiner Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme erzeugen.
Philipp Ewald vor einem seiner Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme erzeugen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Auch die Wertschöpfung bleibt in der Region bei den Bauern vor Ort. Als Brennstoff kommt ausschließlich Biomasse zum Einsatz: Gras, Gülle, Mist, Speisereste und diverse Energiepflanzen wie Mais.

Hier wird die Anlage sogar gedrosselt

Philipp Korsch betreibt auf seinem Aussiedlerhof in Brigachtal ebenfalls seit 20 Jahren eine Biogasanlage. Die hat eine Leistung von 420 KWh. Seit Januar betreibt er sie im Flexbetrieb und verkauft seinen Strom zu Tagespreisen an der Strombörse in Leipzig. Auch er könnte ausbauen, wenn da nicht die zuvor genannten Probleme wären.

Philipp Korsch, Brigachtal, will derzeit wegen der Unsicherheit auf dem Energiemarkt nicht neu investieren.
Philipp Korsch, Brigachtal, will derzeit wegen der Unsicherheit auf dem Energiemarkt nicht neu investieren. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Im Gegenteil: Derzeit drosselt er seine Produktion auf 300 KWh, um die Anlage zu schonen und so weniger Wartungskosten zu haben. Wie alle Biogasanlagenbetreiber hat auch er das Problem, in dieser heißen Jahreszeit genug Gärmaterial für seine Anlage zu gewinnen, denn die Trockenheit sorgt dafür, dass sein Ernteertrag zurückgeht. Dennoch brauchen seine Rinder ausreichend Futter und die haben auf jeden Fall immer Vorrang. Eine größere Neuinvestition wagt er nicht, zu unsicher ist aus seiner Sicht die Entwicklung am Energiemarkt.

Harald Kiefer, Brigachtal, sieht kaum eine Chance, seine Anlage an das lokale Erdgasnetz anzuschließen.
Harald Kiefer, Brigachtal, sieht kaum eine Chance, seine Anlage an das lokale Erdgasnetz anzuschließen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Auch bei Harald Kiefer im Brigachtaler Ortsteil Überauchen ist das nicht anders. Seine Anlage kann 380 KWh liefern, läuft aber derzeit ebenfalls gedrosselt. Seine Anlage wird allerdings besser ausgenutzt, denn er versorgt mit der Abwärme der Anlage noch 50 Haushalte in der Nachbarschaft mit Nahwärme.

Ein typisches Blockheizkraftwerk (von Philipp Korsch in Brigachtal)
Ein typisches Blockheizkraftwerk (von Philipp Korsch in Brigachtal) | Bild: Hans-Juergen Goetz

Den Vorschlag einiger Energieexperten, Anlagen wie seine für eine Einspeisung an das lokale Erdgasnetz anzuschließen, findet er zwar interessant, aber aus Kostengründen nicht realisierbar. Denn hierfür müsste über teure Filteranlagen das Rohgas mit seinem Reinheitsgrad von nur 50 Prozent auf die erforderlichen 98 Prozent gebracht werden. Und die Kosten für den Leitungsanschluss kommen noch dazu.

Philipp Ewald, Bräunlingen, betreibt eine vergleichsweise große Anlage.
Philipp Ewald, Bräunlingen, betreibt eine vergleichsweise große Anlage. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Ebenfalls schon lange betreibt Philipp Ewald auf dem Palmhof in Bräunlingen eine relativ große Biogasanlage mit einer Leistung von 950 KWh. Auch er versorgt seine erweiterte Nachbarschaft mit Fernwärme und die sparen dadurch umgerechnet 450.000 Liter Heizöl pro Jahr.

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Seine Anlage arbeitet im sogenannten Flexbetrieb und kann in Spitzenzeiten sogar bis zu 2800 KWh produzieren. Dazu wird sie von einem Partnerunternehmen aus Ulm ferngesteuert und so gefahren, dass sie über den Tagesverlauf die erzielbaren Höchstpreise an der Strombörse in Leipzig mitnimmt.

Möglich wird das durch den Einsatz großer Biogasspeicher mit einer Kapazität von 50.000 KWh, denn eine Biogasanlage lässt sich nicht so einfach ein- und ausschalten. Der Gärprozess läuft langsam, aber stetig. Aber die Stromgeneratoren lassen sich perfekt steuern. Die großen Gasspeicher dazwischen machen solche Konzepte möglich. Im Sommer, wenn seine Nachbarschaft viel weniger Fernwärme braucht, nutzt Ewald die Abwärme zur Trocknung von Hackschnitzeln, Holz, Getreide und Gras.

Über ihre Smartphone-Apps können die Biogasanlagenbetreiber jederzeit den Strompreis an der Leipziger Strombörse ablesen.
Über ihre Smartphone-Apps können die Biogasanlagenbetreiber jederzeit den Strompreis an der Leipziger Strombörse ablesen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

„Für uns ist wichtig, dass wir unsere Anlage immer möglichst effizient fahren und das Maximale an Energieausbeute aus ihr herausholen können“, erklärt Ewald.

Einer der großen Gasspeicher von Philipp Ewald in Bräunlingen.
Einer der großen Gasspeicher von Philipp Ewald in Bräunlingen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Einen Anschluss an das lokale Erdgasnetz hält er für machbar und hat ihn auch schon mit dem Betreiber, den Villinger Stadtwerken, diskutiert. Aber auch hier stehen die hohen Investitionskosten der schwer kalkulierbaren Preisentwicklung am Markt entgegen. Die aufwendigen Genehmigungsverfahren sieht auch er als Hindernis, denkt aber, dass er die zusammen mit seinen Partnern durchaus noch bewältigen kann.

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