Helena Hauf und Tochter Barbara Büttner hatten einst zwei Pferde. Die Warmblüter Maxima und Lucy mussten sie allerdings abgeben, weil beide krank sind. Während die 15-jährige Lucy Schale – eine chronische Gelenkerkrankung – einen Nervenschnitt sowie Probleme mit den Vorderbeinen hat, leidet die 20-jährige Maxima an Arthrose im Hufbereich beider Vorderbeine.
Auf der Suche nach einem passenden Seniorenhof für die Pferde wurden Mutter und Tochter aus Mittelfranken fündig im Schwarzwald-Baar-Kreis bei zwei Frauen. Die Namen sind der Redaktion bekannt, werden aber nicht genannt, weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt.
Die Betrugsmasche
„In Vorgesprächen sicherte man uns zu, unsere Pferde würden bei ihnen ein schönes neues Zuhause bekommen“, sagt Hauf. Dies sei mit Fotos und Videos auch ausreichend dokumentiert worden. Also machten sich Mutter und Tochter Hauf mitsamt der Pferde auf den Weg in den Schwarzwald-Baar-Kreis zu einer der Redaktion ebenfalls bekannten Adresse.
Dort fanden Hauf und Büttner zwei weitere Pferde vor – einen Schimmel und ein braunes Pferd. Der Abgabeort, so hatte man Hauf und Büttner versichert, diene nur zur Eingewöhnung. Anschließend würden Maxima und Lucy an den Ort kommen, von dem die beiden Frauen zuvor Bilder und Videos erhalten hatten.
„Es wurden ein Euro pro Pferd und je 500 Euro für das Zubehör vereinbart“, sagt Hauf, „als es zur Geldübergabe kommen sollte, sagte eine der beiden Käuferinnen, dass sie auf dem Weg zur Bank einen Autounfall gehabt hatte. Die andere Käuferin machte eine Anzahlung über 202 Euro, lies ihren Ausweis fotografieren und versprach, den Restbetrag von 800 Euro bis zum 1. September zu überweisen.“ Dies alles ereignete sich am 21. August.
Zweifel an den Käuferinnen
Nachdem Hauf und Büttner am 23. August bemerkt hatten, dass sie die Eigentumsurkunden von Lucy und Maxima noch hatten, schickten sie diese an die Adresse, die auf dem Ausweis einer der beiden Käuferinnen stand. Diese Adresse in einer Gemeinde im Schwarzwald-Baar-Kreis wich vom Übergabeort ab. Am 1. September kamen die Unterlagen schließlich zurück, mit dem Hinweis, dass die Empfängerin unter der angegebenen Adresse nicht ermittelt werden könne.
„Jetzt machten wir uns Sorgen um die Tiere. Wir fragten per Whatsapp nach, was das soll und wohin wir die Eigentumsurkunden senden sollten. Sie seien umgezogen und wohnten nun in einer anderen Kreisgemeinde“, sagt Hauf und fügt hinzu: „Nachdem mir die Gemeindeverwaltung bestätigt hatte, dass unter dieser Adresse jemand anderes gemeldet ist, entschied ich, die Eigentumskurkunden zu behalten.“ Am 3. September hätten die beiden Frauen die die Käuferinnen aufgefordert, den geschlossenen Vertrag über den Verkauf der Pferde rückgängig zu machen.

Die Käuferinnen – der Mailwechsel liegt dem SÜDKURIER vor – reagierten harsch auf die Aufforderung und drohten der Mutter und der Tochter gar mit einem Gerichtsverfahren. Mutter Hauf schaltete parallel das Veterinäramt ein, das Lucy und Maxima an der Schwenninger Adresse überprüfen wollte. Die Pferde fand das Amt aber weder dort, noch an der anderen Adresse im Schwarzwald-Baar-Kreis vor. „Die Beamtin sagte mir, ich soll die Eigentumsurkunden behalten und nicht abgeben“, so Hauf weiter. So sei sie weiterhin die Eigentümerin der Pferde.
Weiterverkauf der Pferde
Das denkt seit dem 26. August auch die Betreiberin eines Reit- und Pensionsbetriebs für Pferde im Schwarzwald-Baar-Kreis. Diese Frau habe bereits fünf Tage nach dem Verkauf der Pferde am 21. August Maxima und Lucy von den beiden Käuferinnen erworben – für 6500 Euro. Laut Hauf wolle die Betreiberin des Reit- und Pensionsbetriebs die Pferde zum Spazierengehen, für die Bodenarbeit und auch zum Kutsche fahren nutzen.
„Wir befürchten, dass sie dauerhaft sediert wird, damit sie ruhig bleibt.“Helena Hauf
Das, sagt Hauf, sei mit den kranken Pferden aber gar nicht möglich. Außerdem: „Wir wissen von dieser Käuferin, dass die Pferde getrennt wurden. Lucy reagiert ohne Maxima aber panisch vor Angst und lässt sich nur schlecht oder gar nicht kontrollieren. Wir befürchten, dass sie dauerhaft sediert wird, damit sie ruhig bleibt.“
Und wie geht es mit Maxima und Lucy weiter? „Wenn der Betrug nachgewiesen werden kann, bekommen wir die Pferde wieder zurück. Wenn nicht, dann gehören sie der neuen Besitzerin“, sagt Tochter Büttner. Dass der Betrug nachgewiesen werden kann, scheint jedoch möglich. Büttner: „Im Vertrag, mit dem wir die Pferde an die Frauen verkauft haben, steht, dass die Tiere krank sind. Wenn das im anderen Vertrag zwischen den Frauen und der Pferdehof-Betreiberin nicht stand, besteht eine Chance für uns.“
Weitere Betroffene durch Facebook-Aufruf
Dass die Pferde weiterverkauft wurden, haben Hauf und Büttner mithilfe eines Facebook-Beitrags herausgefunden. Über das soziale Netzwerk kam auch der Kontakt zu vielen weiteren Geschädigten zustande – so wie zu Heike Zanon. Auch die Frau aus Unadingen-Löffingen könnte Opfer des Betrugs der beiden Frauen geworden sein.
Zanons erster Kontakt mit den mutmaßlichen Betrügerinnen habe es vor vier Jahren gegeben, als sie zwei Pferde an diese verkaufen wollten. „Nachdem wir über Wochen wegen der Bezahlung hingehalten wurden, haben wir auf den Verkauf verzichtet. Ich hatte wegen der beiden ein komisches Gefühl, weswegen ich die Pferde zeitweise bei einer Freundin unterstellte“, sagt Zanon.
Wenige Wochen später wurde bei der Unadingerin ein Stromgenerator auf dem Gelände gestohlen: „Und meine Pferde, die bei der Freundin standen, wurden vergiftet. Das hat auch ein Tierarzt nachgewiesen.“ Wer hinter der Vergiftung steckt, wisse sie nicht, sie habe aber eine Vermutung. Im Juli wurde dann bei Zanon im Stall eingebrochen. Dort befänden sich neben ihren Satteln und dem weiteren Reitzubehör auch das von drei weiteren Frauen.
Gestohlenes auf Ebay gefunden
„Die Polizei sagte mir, ich solle auf Ebay nachschauen, ob die Sachen dort angeboten werden. Und tatsächlich, einige Tage später fand ich die gestohlenen Gegenstände. Die Adresse war dieselbe, zu der Hauf und ihre Tochter die Pferde Maxima und Lucy gebracht hatten.“ Zanon vereinbarte dann mit Freundinnen, dass sich diese als potenzielle Käuferinnen bei den mutmaßlichen Betrügerinnen meldeten. Und tatsächlich, kurze Zeit später waren diese Freundinnen bei den mutmaßlichen Betrügerinnen zu Gast und sahen mit eigenen Augen, dass es Zanons Reitzubehör war, das über Ebay angeboten wurde.
Festnahme – und bald Verfahren?
Lange hatte es so ausgesehen, als ob die Geschädigten, von denen es in der WhatsApp-Gruppe immer mehr wurden, mit ihrem Schaden leben müssten. Mitte Januar kam dann aber die Nachricht, auf die Hauf, Büttner, Zanon und alle anderen gewartet hatten: Die beiden mutmaßlichen Betrügerinnen wurden festgenommen.
Die Staatsanwaltschaft Konstanz sagt auf SÜDKURIER-Anfrage: „Die Frauen waren in Halle an der Saale in Haft, werden aktuell aber in die JVA Villingen gebracht. Der Transport kann eine gewisse Zeit dauern“, so Pressesprecher und erster Staatsanwalt Andreas Mathy.
Die Ermittlungen in diesem Fall seien außerdem abgeschlossen, es könne also zu einem Verfahren gegen die beiden Frauen, die laut Staatsanwaltschaft keinen festen Wohnsitz haben, kommen. Man warte aktuell noch auf die Rückkehr der Akte vom Amtsgericht Villingen.
Neben Hauf, Büttner und Zanon haben sich in der Zwischenzeit noch weitere potenziell Geschädigte in einer Whatsapp-Gruppe zusammengetan. In einem Fall kaufte eine Frau zwei Pferde bei den in U-Haft sitzenden Frauen für 10.000 Euro. Auch hier habe sich herausgestellt, dass die Pferde eigentlich krank sind. Bei der Begutachtung war das noch nicht aufgefallen. Die Vermutung der Betrogenen: Die Tiere wurden für die Übergabe sediert. Die Wirkung lasse einige Zeit später nach, erst dann stelle sich die Krankheit der Pferde heraus.
Für Helena Hauf, die die Ermittlungen der Polizei mit ständigen Nachfragen und dem Finden weiterer potenziell Geschädigter mit angetrieben hat, war das vergangene halbe Jahr anstrengend. Sie sagt: „Wir freuen uns, dass die Frauen endlich festgenommen wurden. Da geben Menschen in guten Glauben ihre alten Pferde ab, sind froh, dass die ihren Lebensabend genießen dürfen und dann werden sie betrogen.“ So etwas gehöre bestraft.