Im Mittelpunkt der Hauptversammlung des Vereins Pro Stolpersteine stand die Vorbereitung für die dritte Stolperstein-Verlegung in Erinnerung an die in Villingen und Schwenningen während der Herrschaft der Nationalsozialisten vertriebenen, deportierten und ermordeten Juden und anderer Verfolgter.
Zu der dritten Verlegung von Stolpersteinen am 7. und 8. November werden rund 20 Angehörige der Verfolgten aus den USA, Argentinien, Israel, der Schweiz und aus Deutschland in die Doppelstadt anreisen. 26 der 29 Stolpersteine werden in Villingen verlegt, drei in Schwenningen.
Die Verlegung der Steine, die an die Opfer des Holocausts erinnern, steht in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen. Zum einen wird der Kölner Künstler Gunter Demnig ein weiteres Mal die Steine vor Ort verlegen. Demnig ist der Ideengeber und Initiator dieser Aktion: Vor den ehemaligen Häusern von Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft werden in Messing gefasste Pflastersteine mit Namen und Lebensdaten der Betroffenen verlegt. Sie sollen an die Menschen erinnern und mithelfen, dass sich solche Barbarei nicht wiederholt.
Zum anderen wird mit Werner Gideon zum ersten Mal ein Überlebender des Holocausts aus Villingen an der Verlegung seines Stolpersteines in der Niederen Straße 43 mit dabei sein. Der 87-jährige reist mit seinen Familienangehörigen, darunter seiner Frau und seiner Tochter, aus den USA an. Seine Schwester, die in New York lebte, ist im letzten Jahr hoch betagt verstorben.
Die Geschichten der Familien und Personen werden bei der Verlegung an den jeweiligen Standorten vorgelesen. Besonders sei an dieser dritten Verlegung hervorzuheben, so berichtet der Vereinsvorsitzende Friedrich Engelke, dass nach dem letzten Spendenaufruf im August rund 10.000 Euro von rund 200 Bürgern gespendet wurden. Damit könne man nun vier zusätzliche Stolpersteine verlegen.
So großherzig die Bürger gespendet haben, so engherzig war die Stadt. Trotz aller Bemühungen ist es dem Vereinsvorsitzenden nicht gelungen, eine finanzielle Unterstützung der Kommune für die Reise und Unterkunft der Angehörigen zu bekommen. Das sorgte in der Sitzung für harsche Kritik von Heinrich Maulhardt. Dieses Verhalten sei „beschämend für unsere Stadt“, sagte der ehemalige Stadtarchivar von VS.
Das Engagement der Stadt beschränkt sich somit auf einen Empfang im Rathaus. Lobend hob Engelke indes die gute Zusammenarbeit mit den städtischen Ämtern bei den Vorbereitungen der Verlegung der Steine hervor.
Beim Rückblick erinnerte Engelke an die Gedenkfahrt mit zwei Schulklassen ins KZ Auschwitz. Ein weiteres besonderes Ereignis war eine Gedenktafel, die am Pfarrhaus der Johannes-Gemeinde in Schwenningen angebracht wurde. „Die Bronzetafel erinnert an zwei mutige Frauen, Pfarrfrau Lotte Kurz und Vikarin Margarete Hoffer, die Verfolgte jüdischer Abstammung in diesem Pfarrhaus versteckten und ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten, um bedrohte Leben vor der Naziherrschaft zu schützen“, erläutert Engelke.
Für nächstes Jahr ist ein „Buch des Erinnerns“, ein Projekt für den Waldfriedhof in Schwenningen in Planung. Im Grabfeld C1 haben Opfer des Nationalsozialismus ihre letzte Ruhe gefunden. Ein weiterer Grund für Engelke, den Verein, trotz mehrfacher Ankündigung, noch nicht aufzulösen.