Vor wenigen Tagen ist Christiane Bär-Benzing von einem mehrwöchigen ehrenamtlichen Arbeitseinsatz in einem Krankenhaus in Nepal zurückgekehrt. Eine Arbeit, die sie dieses Mal ganz besonders beseelt hat.
Nepal ist eines der ärmsten Länder der Erde. Dort notleidenden Menschen zu helfen und medizinische Aufbauarbeit zu leisten, ist für die Villinger Narkose-Ärztin zum unverzichtbaren Bestandteil ihres ärztlichen Selbstverständnisses geworden.

Drei Wochen lang arbeitete die Medizinerin – wie bei all ihren vorangegangenen Aufenthalte – am Sushma Koirale Memorial Hospital (SKMH) am Rande der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu.
2011 hat sie dort ihren ersten medizinischen Freiwilligeneinsatz absolviert. 14 weitere sollten folgen. „Wenn ich dort hinfliege, die Sonne über den Bergen des Himalaja sehe und dort lande, ist das inzwischen für mich wie ein bisschen nach Hause kommen“, berichtet die Medizinerin mit glänzenden Augen.

Ein Lächeln trotz Armut
Doch es ist nicht die fulminante Gebirgslandschaft, die sie nach Nepal lockt. Es sind die Menschen. „Mich fasziniert jedes Mal, wieder den freundlichen Menschen zu begegnen, die trotz ihrer Armut und der Einfachheit ihres Lebens vor allem in den entlegenen Gegenden immer ein Lächeln auf dem Gesicht tragen“, sagt die Anästhesistin.
Was die Ärztin dieses Mal ebenfalls begeisterte, sind die Fortschritte, die das Hospital bei seiner medizinischen Entwicklung macht. Fortschritte, die sie beobachten, erleben und mitgestalten könne. „Ich bin dieses Mal so erfüllt zurückgekommen“, sagt sie, „weil dies ein wirklich sehr gutes Hilfsprojekt ist.“
In den vergangenen zwölf Jahren konnte sie voll Freude miterleben, wie sich das Team der heimischen Pfleger und Ärzte zunehmend emanzipiert hat und auf dem besten Wege sei, in einigen Jahren ohne ausländische Hilfe selbständig arbeiten zu können.
Voller Hingabe für die Patienten
Beeindruckend findet die Ärztin auch das Klima im Hospital. Viele Beschäftigte in deutschen Krankenhäusern seien unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen. Im SKM-Hospital habe sie erlebt, wie es anders geht. „Die Empathie und Hingabe für Patienten stehen im Vordergrund. Es gibt Zeit für Gespräche. Fallzahlen stehen noch nicht im Vordergrund. Trotzdem wird effektiv gearbeitet“, skizziert die Narkoseärztin den Klinikalltag.
Dank dieses harmonischen Miteinanders kann Bär-Benzing auch so manche Härten des Klinikalltags besser ertragen. Denn dieser konfrontiert sie auch mit extremen Schicksalen und Krankheitsbildern, „wie ich sie in Deutschland noch nie gesehen habe“.
Extreme Fälle im Klinikalltag
Fast täglich werden – vor allem in Winter – Kinder mit schweren schwersten Verbrennungen eingeliefert. In den einfachen Unterkünften in Nepal wird mit offenem Feuer geheizt oder es werden Kerosin-Kocher verwendet.

Während ihres zurückliegenden Aufenthaltes musste sie erneut erleben, wie ein schwer verbranntes Kind eingeliefert wurde. Die Eltern brauchten einen vollen Tag, bis sie das Kind zur Klinik gebracht hatten. „Ich bin manchmal sehr erschüttert von diesen Schicksalen“, gesteht die Ärztin. Zugleich bewundert sie, mit welch unfassbarer Geduld und Ruhe viele dieser Menschen ihr Schicksal annehmen und meistern.
Sie betont aber, dass sie mit solchen belastenden Erlebnissen gut klar kommt. „Ich bin der Typ, der das kann“, hat sie erkannt. Schwierige Fälle betrachte sie als Herausforderung. Ihre jahrzehntelangen Erfahrungen in der Anästhesie kommen ihr ebenso zu Gute.

Bewegt hat sie auch das Schicksal einer 33-jährigen Frau, die an einer Erbkrankheit leidet, bei der am Körper große Hautknoten entstehen. Anblicke, die man in Europa nicht mehr kennt. Einem Chirurgen sei es in einer sechsstündigen anspruchsvollen Operation gelungen, den Tumor im Gesicht zu entfernen und eine Aufhängung von Mund und Augenlidern herzustellen.

„Ich liebe den Umgang mit Menschen. Mein Beruf ist immer noch meine Erfüllung“, gesteht Christiane Bär-Benzing. Deshalb ist sie noch immer als ambulante Anästhesistin in ganz Südbaden unterwegs und arbeitet, obwohl sie die berufliche Altersgrenze schon längst hinter sich gelassen hat. „Und deshalb mache ich das auch mit Nepal weiter“, ergänzt sie.
Der Ehemann ist auch an Bord
In diese Aufgabe hat sich mittlerweile auch ihren Mann Albert Benzing eingespannt. Seit seiner Zurruhesetzung vor rund zwei Jahren engagiert sich der ehemalige Chefarzt und Professor der Anästhesie am Schwarzwald-Baar-Klinikum ebenfalls für das Hospital in Nepal. Er kann dort seine administrative Erfahrung einbringen und das SKM-Hospital auf seinem Weg in die Selbständigkeit unterstützen.

Die Benzings wollen solange weitermachen, bis das Hospital auf eigenen Füßen stehen kann. Erfolgreiche Hilfe zur Selbsthilfe ist das Königsziel jeglicher Entwicklungsarbeit. Im Falle des SKM-Hospitals soll es bereits in vier Jahren soweit sein.

Für das Ehepaar ist der nächste Hilfseinsatz bereits geplant. Im November fliegen sie erneut nach Nepal, um diese Mission voranzubringen.