Der Schreck war groß, die Empörung auch: Bei einem Brand an der Villinger Bertholdschule am 23. November musste Schulleiter Stefan Schülli selbst von Zimmer zu Zimmer rennen, um die Schüler zu warnen. Rauchmelder im Schulgebäude gab es bis zu diesem Zeitpunkt nicht, ebenso wenig wie eine funktionierende elektroakustische Anlage (ELA-Anlage).
Das sagte Roth im Gemeinderat
In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am Mittwoch wurde das Thema erneut angeschnitten: Wie OB Jürgen Roth sagte, habe eine „nicht in Diensten der Stadt stehende Person“ die ELA-Anlage abgestellt, weil diese brumme. Der Hausmeister sei über diese Tatsache nicht informiert gewesen. Neben dem Eingang zur Toilette sei zudem ein Feuerlöscher installiert, so Roth. Bei dem Brand vor drei Wochen hatte ein Lehrer den brennenden Papierkorb nach draußen gebracht.
Wie Roth im Gemeinderat weiter sagte, sei an die Gemeinderäte eine Liste verteilt worden, aus der hervorgehe, ob die Schulen über eine ELA- oder eine Rauchmeldeanlage verfüge. „Entweder es hupt oder es klingelt“, so Roth. Der Rauch sei über eine „eigenständige Ablüftung“ abgezogen. Die Schüler der Bertholdschule seien nicht in Gefahr gewesen.

Dem widerspricht Schulleiter Stefan Schülli vehement: Zwar wurden einige Rauchmelder mittlerweile angebracht, aber eben längst nicht in allen Räumen. Zum Brandzeitpunkt habe es jedenfalls keinen einzigen Rauchmelder an der Schule gegeben. Ein Mädchen erlitt eine Rauchgasvergiftung und musste stationär im Klinikum aufgenommen werden.
Auch der Schulgong ist defekt
Die neue ELA-Anlage werde aktuell an der Schule installiert, berichtet Schülli. Wer die alte Anlage abgehängt habe, könne er nicht sagen. Wohl aber eines: „Von uns hat sie keiner auch nur angefasst. Das weiß ich 100-prozentig“, kontert er Roths Bemerkung über eine „nicht in Diensten der Stadt stehende Person“. Lehrer sind Angestellte des Landes Baden-Württemberg.
Permanenter Brummton
Die alte Anlage habe permanent gebrummt, was den Unterricht massiv gestört habe. Weil an die Anlage auch die Schulglocke gekoppelt ist, wird an der Bertholdschule seit geraumer Zeit ohne Gong unterrichtet.

„Wir haben hier viele Schüler mit Aufmerksamkeitsproblemen. Die Lehrer haben sich reihenweise beschwert, dass mit dem Gebrumme im Hintergrund kein Unterricht möglich sei.“ Deshalb seien schon vor Monaten ein Techniker und ein weiterer Mitarbeiter der Stadt vor Ort gewesen. Diese hätten die Stadt ganz offensichtlich über die defekte Anlage informiert, ansonsten wäre die neue nicht bestellt worden. „Bisher hieß es immer, wir bekommen eine neue Anlage, wenn die große Brandschutzmaßnahme umgesetzt wird.“ Mit dieser Maßnahme – unter anderem wird eine Feuertreppe gebaut – soll nach Angaben der Stadt im kommenden Jahr begonnen werden.
Niemand fragt nach
Zur Kommunikation von Seiten der Stadt hat Stefan Schülli eine klare Meinung: „Das muss besser werden.“ Dass die Rauchmelder jetzt zumindest teilweise angebracht wurden, habe er erfahren, als die Handwerker in der Schule standen. Eine Info vorab habe es nicht gegeben. Auch hätten sich weder der Oberbürgermeister noch eine andere städtische Stellen nach dem Vorfall gemeldet, obwohl der die Stadt in einer E-Mail über den Brand informiert habe.
„Man sollte froh sein, dass in einer solchen Ausnahmesituation überhaupt jemand sofort reagiert.“Schulleiter Stefan Schülli
Weder habe man sich sich nach der Schülerin erkundigt, die zwei Tage im Klinikum lag, noch habe jemand dem Lehrer David Faller gedankt, der den brennenden Mülleimer nach draußen beförderte. Stattdessen im Gemeinderat anzumerken, dass neben der Toilette ein Feuerlöscher hänge: für Schülli eine Frechheit. „Man sollte froh sein, dass in einer solchen Ausnahmesituation überhaupt jemand sofort reagiert.“ Darüber hinaus sei der vorgegebene Wartungsintervall am Feuerlöscher auch bereits um einige Monate überschritten worden.
Kritik auch vom Elternbeirat
Rückendeckung bekommt Stefan Schülli sowohl von der Elternbeiratsvorsitzenden der Bertholdschule, Bettina Jachmann, als auch vom Vorsitzenden des Gesamtelternbeirats (GEB) der Schulen in VS, Tino Berthold.
„Man wird einfach hängen gelassen und bekommt keinerlei Infos. Das ist echt traurig.“Bettina Jachmann, Elternbeiratsvorsitzende der Bertholdschule
„Der Brandschutz ist seit Jahren Thema“, ärgert sich Bettina Jachmann. Sie sorgt sich um die Sicherheit der Kinder. Ihr Sohn besucht die dritte Klasse der Bertholdschule. Ihn habe das Feuer auch Tage später noch sehr beschäftigt. Der Elternbeirat habe viele Male auf die Mängel hingewiesen und auch das persönliche Gespräch mit der Stadt gesucht – zuletzt erst in dieser Woche. Im Rathaus werde man jedoch regelmäßig abgeblockt. „Man wird einfach hängen gelassen und bekommt keinerlei Infos. Das ist echt traurig.“

Für den GEB-Vorsitzenden Tino Berthold ist das Thema nicht neu. Sein erster Gedanke, als er von dem Brand hörte? „Hoffentlich ist niemand zu Schaden gekommen. Der zweite Gedanke war: Warum muss erst was passieren? Man weiß doch, dass etwas getan werden muss“, sagt er.
Der Gesamtelternbeirat habe immer wieder Einblick in die Prioritätenliste der Stadt gefordert, nach der die Brandschutzmaßnahmen an den Schulen abgearbeitet werden. Ohne Erfolg. „Uns wird immer nur gesagt, was gemacht wird. Aber was noch offen ist – dazu bekommen wir keine Aussage.“ Brandschutz an den Schulen sei Dauerthema und sei es schon unter Roths Vorgänger Rupert Kubon gewesen. Bei Kubon sei noch hinzugekommen, dass in seiner 16-jährigen Amtszeit generell relativ wenig Geld in die Schulen investiert worden sei.
Brandschutz offenbart Mängel
In gewisser Weise könne er die Stadt auch verstehen: „Wenn man den Brandschutz anpackt, ist die Frage: Welche Wände mache ich auf und was erwartet mich dahinter“, schildert der gelernte Elektriker. „Da bewegt man sich meistens ganz schnell im Bereich einer Sanierung oder gar Generalsanierung.“