Seit Jahren sind Kindergartenplätze Mangelware in Villingen-Schwenningen. Der Gemeinderat versucht zwar, die Lücken mit einem großen Investitionsprogramm zu schließen, kommt aber der wachsenden Nachfrage bisher nicht hinter.
Vor allem für Kinder zwischen drei und sechs Jahren (Ü3) sieht die Planung der Stadt größere Bedarfslücken in den nächsten Jahren. Diese Planung dürfte durch die Flüchtlingswelle aus der Ukraine möglicherweise schon in wenigen Wochen völlig überholt sein.
Doch auch ohne den Ukraine-Faktor fehlt es an Plätzen. Das gilt auch im Stadtbezirk Villingen. Das nächste Kindergartenprojekt soll daher auf dem ehemaligen französischen Kasernengelände Mangin, das in den nächsten Jahren zum neuen Wohngebiet „Oberer Brühl“ umgewandelt wird, umgesetzt werden. Die neue Kindertagesstätte soll bis 2025 in Betrieb gehen.
Kinder ins Unteroffiziersheim
Bei der Gebäudeauswahl gibt es jetzt eine Überraschung: Ursprünglich plante die Stadt, das Gebäude an der Ecke von Kirnacher- und Pontarlierstraße als künftige Kita herzurichten. Doch für den Platzbedarf der Stadt erwies sich diese Option als zu klein. Daher wird nun das ehemalige Unteroffiziersheim der Kaserne, das an der Kirnacher Straße zwischen der ehemaligen Kommandanten-Villa und der Waffenmeisterei liegt, als künftiger Kindergarten ausgewählt.

Das sorgte bei einigen Gemeinderäten im Technischen Ausschuss am Dienstag für allerhand Verblüffung. Denn der Vorbesitzer der Kaserne, der Bund mit seiner Immobiliengesellschaft (Bima), hatte dieses Gebäude aufgrund seines Zustands zum Abriss vorgesehen. Doch davon ist jetzt nicht mehr die Rede. Dieter Kleinhans, der Leiter des städtischen Hochbaumtes, versicherte, dass die Bausubstanz des einstigen Unteroffiziersheims sehr massiv und solide sei.
Umbau wirtschaftlicher als Neubau
Er versicherte nach kritischen Anfragen, dass die Sanierung des Gebäudes gewiss wirtschaftlicher sei als dort einen Neubau zu errichten. Schließlich werden ja auch für die Unterbringung von Ämtern der Stadtverwaltung und des Stadtarchivs zwei ehemalige Mannschaftsgebäude auf dem Kasernengelände saniert.
Zugleich biete die Immobilie einen weitläufigen Außenbereich für die Kinder. Es werden Umbaukosten von vier Millionen Euro erwartet, die aber als Sanierungsmaßname umfangreich bezuschusst werden. Die Ausschussmitglieder gaben sich mit dieser Empfehlung des Bauexperten zufrieden.
In dem ehemaligen Unteroffiziersheim sollen auf zwei Stockwerken vier Kindergarten-Gruppen untergebracht werden: Zwei Gruppen mit Kindern unter drei Jahren (U3-Gruppen) mit jeweils zehn Betreuungsplätzen), sowie eine Gruppe mit über dreijährigen Kindern (Ü3-Gruppen) mit einmal 25 und einmal 20 Plätzen.
Insgesamt werden damit 65 neue Kindergartenplätze geschaffen. Die Buben und Mädchen sollen von zwölf Mitarbeiterinnen betreut werden. Die Stadt rechnet mit jährlichen Personal- und Sachkosten von 821.000 Euro.
Betriebskindergarten der Stadt
Die Stadt beabsichtigt allerdings, wie im geplanten neuen Kindergarten in der Schwenninger Bürkstraße, auch diese Einrichtung als Betriebskindergarten für städtische Bedienstete vorzuhalten. Aufgrund der bisherigen Nachfrage-Erfahrungen mit solchen Betriebskindergärten geht die Stadt allerdings davon aus, dass rund ein Viertel dieser Plätze künftig von Kindern belegt werden können, deren Eltern nicht bei der Stadt beschäftigt sind.
Doch warum werden hier die Kinder städtischer Mitarbeiter bevorzugt? Die anderen Eltern zahlen ja auch Steuern. Die Stadt rechtfertigt dies mit dem Argument, dass der öffentliche Dienst in Zeiten des Fachkräftemangels attraktiv gehalten werden müsse.
Das starre Gehaltsgefüge im öffentlichen Dienst benachteilige diesen im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft erheblich. Durch Personalmangel in den Kommunen „sei die Aufrechterhaltung der Daseinsfürsorge in vielen Bereichen immer problematischer“, erläutert die städtische Pressesprecherin Oxana Zapf.
Kita-Angebot soll Stadtverwaltung attraktiv machen
Es gebe bei der Stadtverwaltung einen sich verschärfenden Personalmangel in der Kinderbetreuung, aber auch im Bereich der Ingenieure, Techniker, Sozialpädagogen oder studierten Verwaltungskräften. Die Verwaltung sei aber für ihre vielfältigen und dringenden Aufgaben darauf angewiesen, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. Hierbei spiele neben etlichen anderen Faktoren die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine bedeutende Rolle.
„Das Ermöglichen von Homeoffice, flexible Arbeitszeiten, aber vor allem auch die Bereitstellung von Kitaplätzen für die Belegschaft sind Maßnahmen, die Fachkräfte nachhaltig an uns binden. Insofern liegt die Bereithaltung von einigen Betriebskitaplätzen auch im öffentlichen Interesse“, so die Sprecherin der Stadt.
Das haben auch bereits viele andere Kommunen und öffentlich-rechtliche Unternehmen, wie z.B. das Klinikum Schwarzwald-Baar, die Polizei-Hochschule oder das Landratsamt erkannt und umgesetzt.
Weil es sich bei dem Kindergarten um eine städtische Einrichtung handelt, will die Stadtverwaltung diese Einrichtung in eigener Regie betreiben nicht einem kirchlichen oder sonstigen freien Träger überlassen. „Damit soll eine überkonfessionelle, sozialpolitisch und betriebswirtschaftlich unabhängige Betreuungssituation gewährleistet werden“, heißt es in der Sitzungsvorlage.

Mit der Planung des Gebäudeumbaus soll im Mai angefangen werden. Die Bauzeit ist vom Herbst 2023 bis Ende Juli 2024 vorgesehen. Dann könnte der Kindergarten bis Januar 2025 in Betrieb genommen werden.
Das Gebäude bietet aufgrund seiner baulicher Struktur theoretische Kapazität für sechs Kindergruppen. Es gibt also räumliche Reserven für die Zukunft.
Neben diesem Kindergarten hat die Stadtverwaltung noch zwei andere Kindergartenprojekte in Vorbereitung. Der evangelische Kindergarten der Markuspfarrei im Wohngebiet Goldenbühl soll um 18 Plätze für eine Ü3-Gruppe erweitert werden.
Zweiter Kindergarten im Oberen Brühl geplant
Außerdem ist im Wohngebiet Oberer Brühl ein zweiter Kindergarten mit 66 Ü3-Plätzen sowie 13 U3-Plätzen für die Allgemeinheit vorgesehen, der vor einem privaten Bauträger finanziert werden soll. Diese Plätze sind dringend nötig, da in diesem Wohngebiet in den nächsten Jahren rund 680 neue Wohnungen entstehen sollen.