Unerwartet starke Nebenwirkungen und geringere Wirksamkeit: Der Astrazeneca-Impfstoff steht deswegen in der Kritik. Viele wollen lieber auf die begehrtere Biontech/Pfizer-Substanz warten, um sich gegen Corona impfen zu lassen. Doch Fachleute raten von dieser zögerlichen Haltung ab. Astrazeneca sei ein sehr guter Impfstoff und besser als sein Ruf, betont beispielsweise der Virologe Christian Drosten in einem Podcast des Norddeutschen Rundfunks. Allerdings macht sich die Reserviertheit inzwischen auch bei den Terminen für das Kreisimpfzentrum Schwarzwald-Baar in Villingen-Schwenningen bemerkbar. So blieben Impftertime mit dem Astrazeneca-Wirkstoff am Freitag über mehrere Stunden offen.

Der Unterschied ist mehr als bemerkenswert. Termine für den Biontech/Pfizer-Impfstoff, der aktuell für die über 80-Jährigen verimpft wird, sind rar und meist nur in einer kurzen Zeitspanne nach Mitternacht erhältlich. Ganz anders bei Astrazeneca: Am Freitag hatte man, das betrifft derzeit vor allem Pflegekräfte, alle Zeit der Welt, sich einen Impftermin für das Schwenninger Kreisimpfzentrum zu besorgen.
400 Impfdosen von Astrazeneca sind beim Kreisimpfzentrum eingetroffen, bestätigt die Referentin des Landrats, Kristina Diffring. Dafür werde am Mittwoch ein weiterer Impftag eingelegt: Es solle nicht gleichzeitig mit zwei unterschiedlichen Impfstoffen hantiert werden. Um Komplikationen zu vermeiden, werde am Freitag und Samstag, wie bisher auch, ausschließlich der Impfstoff von Biontech/Pfizer genutzt. Diffring geht davon aus, dass die Termine über das Wochenende vergeben sind. Beim Klinikum Schwarzwald-Baar sind inzwischen 1270 Dosen, ebenfalls von Astrazeneca eingetroffen. Sie werden nach und nach verimpft, bestätigte die Sprecherin Sandra Adams. Ihr sei bisher auch nicht bekannt, dass Mitarbeiter mit Blick auf die spezielle Substanz des britisch-schwedischen Herstellers eine Impfung verweigert hätten. Das werde auch gar nicht abgefragt, die Impfung sei freiwillig.
Die im Altenheim St. Lioba durchgeführten Impfungen nutzten den Impfstoff von Biontech/Pfizer, berichtet Michael Stöffelmeier, Vorstandsvorsitzender des Caritasverbands Schwarzwald-Baar. Da alle Einrichtungen bereits die erste Impfung erhalten hätten, gehe er davon aus, dass auch die Zweitimpfung mit dem selben Impfstoff durchgeführt werde. Daher sei die unterschiedliche Akzeptanz der Impfstoffe „bei uns derzeit kein Thema“. Er fügt aber auch hinzu: „Mitarbeitende, die nicht durch das mobile Impfteam geimpft würden, weil sie an dem Impftag nicht verfügbar waren und sich zu einem späteren Zeitpunkt um einen Impftermin im Impfzentrum bemühen müssen, hoffen allerdings schon darauf, mit dem Impfstoff geimpft zu werden, der die höhere Wirksamkeit hat.“ Das wäre dann der von Biontech/Pfizer.
Stöffelmaier empfiehlt allerdings, „sich auf jeden Fall impfen zu lassen, auch mit dem Mittel von Astrazeneca, denn eine Impfung ist besser als keine.“ Alle seriösen wissenschaftlichen Studien, die zur Zulassung des Impfstoffs geführt haben, ließen darauf schließen, dass kein hohes Gefährdungspotential für unerwünschte Nebenwirkungen von dem Impfstoff ausgehe. Die Risikoabwägung müsse allerdings jeder selbst treffen. „Wir raten aber dazu Meldungen, die in sozialen Netzwerken auftauchen oder auch Einzelmeldungen und Schlagzeilen genau auf den Wahrheitsgehalt zu prüfen und sich möglichst breit auf wissenschaftlicher Basis zu informieren“, sagt er abschließend.