Der Bau weiterer Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen stößt in Villingen-Schwenningen offenbar zunehmend auf Widerstand der Landwirtschaft. Diese Erfahrung machen derzeit die Stadt und die Stadtwerke an den Bertholdhöfen. Ähnlich geht es einem privaten Investor Gemarkung Weigheim. Der Versuch, dort einen Solarpark mit bis zu 25 Hektar zu realisieren, hat offenbar kaum noch eine Chance.

Im äußersten Zipfel von Villingen-Schwenningen, noch östlich der Bodensee-Autobahn 81 bei VS-Weigheim, wollte das Unternehmen Wpd Onshore aus Bietigheim-Bissingen eine Freilandanlage für Photovoltaik realisieren. Die Stadtwerke Villingen-Schwenningen hätten sich an dieser Investition gerne mit 20 Prozent beteiligt. Ins Visier genommen hatten die Investoren eine Fläche von bis zu 25 Hektar.

Widerstand von Anfang an

Doch als Vertreter der Stadt und des Investors Anfang 2023 auf die Eigentümer und Pächter der landwirtschaftlichen Flächen mit ihren Vorstellungen zuging, stießen sie von Anfang an auf Widerstand. Jetzt, etwa eineinhalb Jahre später, stellt die Ortsvorsteherin von Weigheim, Ursula Mosbacher, fest: „Seither hat sich nichts mehr getan. Wir haben nichts mehr gehört.“

Ursula Mosbacher, Ortsvorsteherin von Weigheim, bedauert: „Das wäre der richtige Platz für eine Solaranlage gewesen.“
Ursula Mosbacher, Ortsvorsteherin von Weigheim, bedauert: „Das wäre der richtige Platz für eine Solaranlage gewesen.“ | Bild: Ursula Mosbacher OV Weigheim .jpg

Die Versuche, die Landwirte mit lukrativen Pachtverträgen zu locken, hat genauso wenig funktioniert wie die Bemühungen, durch Landtausch zum Ziel zu kommen.

Das bestätigte der Projektleiter von Wpd Onshore, Philipp Gantenbein, auf SÜDKURIER-Nachfrage. „Damit steht das Projekt bei unserer Priorisierung nicht mehr oben“, erklärte er diplomatisch. Ganz abschreiben will er die Planung noch nicht. Wenn nur einer der großen Flächeneigentümer doch noch bereit wäre, zu verpachten, könnte es vielleicht noch was werden.

„Das wäre der richtige Platz gewesen“

Ursula Mosbacher bedauert im Namen des Ortschaftsrates Weigheim das mutmaßliche Scheitern. „Wir finden das schade. Das wäre der richtige Platz für eine Solaranlage gewesen“, betont sie. Der Ortschaftsrat sei stets dahinter gestanden.

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Allerdings, so berichtet Mosbacher, seien die Eigentümer und Pächter der Flächen zumeist keine Weigheimer, sondern Bauern aus Schura, einem Ortsteil von Trossingen. Und diese hätten hier ihre eigenen Interessen verteidigt.

„Da muss von oben mehr kommen“

Nach Überzeugung der Ortsvorsteherin müsste das Land die Möglichkeiten von Agri-PV-Anlagen stärker unterstützen. Dieses Konzept ermöglicht eine Doppelnutzung für Strom- und landwirtschaftliche Produktion. „Da muss von oben mehr kommen“, findet Mosbacher.

Landwirtschaft unter Solarpaneelen. Diese Anlage am Bodensee besichtigt der Gemeinderat Villingen-Schwenningen vor zwei Jahren. Bislang ...
Landwirtschaft unter Solarpaneelen. Diese Anlage am Bodensee besichtigt der Gemeinderat Villingen-Schwenningen vor zwei Jahren. Bislang umgesetzt wurde in der Doppelstadt aber noch keine solche Agri-PV-Anlage. | Bild: Stadt Villingen-Schwenningen

Wirtschaft sieht eine Versorgungslücke

Während sich die Kommunen beim Ausbau der erneuerbaren Energie schwertun, warnt die Industrie- und Handelskammer ganz aktuell: Der Energiebedarf in der Region steige gewaltig. Doch die politischen Ausbauziele der erneuerbaren Energien könnten mit dem Bedarf nicht mithalten: „In 16 Jahren wird es eine Versorgungslücke geben, die mit Importen oder neuen grundlastfähigen Kraftwerken gedeckt werden muss“, warnt die Kammer.

Nur 13 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien

Wie sieht es mit dem Energiebedarf in Villingen-Schwenningen aus und wie kommt der Ausbau der erneuerbaren Energien in der Doppelstadt voran? Nach Aussage der Stadtwerke VS liegt die aktuelle Ist-Strommenge in ihrem Stromnetz der bei 400 Gigawattstunden (GWh). Die erneuerbare Energien-Erzeugung im Netz liegt aktuell bei rund 53 GWh und damit bei etwa 13 Prozent der Gesamtmenge.

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Allerdings wurde der meiste Strom aus erneuerbaren Energien von auswärts dazu gekauft. Der Anteil der vor Ort eingespeisten Strommenge aus Photovoltaik ins Netz der Stadtwerke lag 2023 bei einer Leistung von 38 Megawattstunden. Dieser PV-Strom kam sowohl von Dachanlagen als auch von Freiflächenanlagen.

Bedarf soll um 70 Prozent steigen

Wie die IHK gehen aber auch Stadtwerke davon aus, dass der Strombedarf in den kommenden 20 Jahren gewaltig steigen wird: um vermutlich 70 Prozent und somit von 400 auf 700 Gigawattstunden.

Angesichts dieser Größenordnung nimmt sich der aktuelle Ausbau der erneuerbaren Energien in Villingen-Schwenningen bisher sehr bescheiden aus. 2022 wurden mit der Inbetriebnahme des Solarparks Spitalhöfe in Pfaffenweiler eine Leistung von 7,3 Megawatt zugebaut. 2023 wurde keine Anlage in Betrieb genommen.

Zahlreiche Flächen im Raum Villingen (oben) und Schwenningen (unten) wurden letztens Jahr für den Bau möglicher PV-Anlagen von ...
Zahlreiche Flächen im Raum Villingen (oben) und Schwenningen (unten) wurden letztens Jahr für den Bau möglicher PV-Anlagen von Investoren und Planern reserviert. Was davon tatsächlich realisiert wird, bleibt abzuwarten. | Bild: SK

Für die folgenden Jahre wurden aktuell knapp 100 Megawatt von verschiedenen Projektbüros und Betreibern auf Gemarkung Villingen-Schwenningen reserviert (siehe Grafik), teilen die Stadtwerke mit. Reservierung heißt aber nicht, dass diese Anlagen zwangsläufig realisiert werden können, siehe das Beispiel Weigheim.