Eine Frau stellt nahe ihres Lieblingsplatzes am Waldrand ein Vogelhäuschen auf. Sie füttert hier die Tiere mit dem Ziel, das Wohlergehen der kleinen Tiere zu schützen. Plötzlich ist das Vogelhaus weg. Die Frau spricht von Diebstahl und beschwert sich unübersehbar. Eine städtische Einrichtung nimmt nun zu dem Fall Stellung, mit klarer Haltung.

Das Vogelhäuschen war an einem Platz am Waldrand unweit des Magdalenenbergles auf dem Villinger Laible positioniert. Wer die Frau ist, die mit ihrem Wirken Wildvögel behüten will, ist derzeit unbekannt. Klar ist nur: Die gut gemeinte Fütterungsstelle ist plötzlich weg. Was ist da passiert am Waldrand oberhalb der Stadt?
Die Vogelhüterin hat ihre kleine Hilfsanlage unweit einer Sitzbank aufgestellt. Hier gibt es Nachmittags und abends wärmende Sonne, ein trefflicher Platz, um sich von den Strapazen des Tages zu erholen.
Den Wildvögeln vom Villinger Wald geht es wie vielen Tieren. 200 Vogelarten brüten in Baden-Württemberg. 89 davon sind stark gefährdet. Und 25 dieser Arten gelten als bereits ausgestorben oder verschollen. So steht es in der roten Liste der Brutvogelarten.

Es ist nicht unumstritten, nach der Schneeschmelze noch Vögel zu füttern. Manche Experten meinen, die Tiere sollten sich besser eigenständig ihr Futter suchen. Ralf Claßen ist Tierschützer aus Villingen. Er stellt ganzjährig schmalzhaltiges Vogelfutter her und vertritt die Haltung, dass die Vögel lieber zu viel Futter bereit bestellt bekommen als zu wenig. Auch er füttert wie viele andere Bürger zuhause ganzjährig im Garten.

Viele Vögel leiden auch unter Wasserknappheit. Deshalb appellieren Tierschutzverbände, an Balkonen oder Gärten kleine Vogeltränken mit Frischwasser bereit zu stellen, idealweise so, dass sie unerreichbar sind für Katzen.

Dort, wo das kleine Vogelhaus der Villingerin verschwunden ist, laufen den ganzen Winter über und bis heute großformatige Waldarbeiten. Breite Reifenspuren an zerfahrenen Wegen zeugen ebenso davon wie zur Abfuhr bereitgestellte Baumstämme und kahle Lichtungen mit zarten Aufforstungs-Pflänzchen.
Die Sorge um die Waldvögel kann also durchaus aufkeimen im Villinger Wald. Was sagen die Experten vom Forst? Haben am Ende die Waldarbeiter das Vogelhäuschen abgeräumt im Glauben, die armen Piepmätze müssten vor scheinbar drohender Überfütterung geschützt werden?

Roland Brauner macht sich zuerst in seinem Revier kundig, bevor er antwortet. Der Stellvertretende Leiter des städtischen Forstamtes sagt dann: „Also wir waren das nicht.“ Ein Vogelhaus in diesem Bereich sei zudem unbekannt.
Brauner ist der Experte für dieses Villinger Waldstück schlechthin. Er hat hier auch sein privates Jagdrevier. Auch er kümmert sich damit um eine gedeihliche Zukunft des Forstes über den Dächern von Villingen auf dieser Anhöhe. Damit die Rehe nicht die zarten Neupflanzungen anknabbern, versuchen die Arbeiter hier mit scharfkantigem Plastik-Verbiss-Schutz zu verhindern.
Naturfreunde auch uneins über die richtige Haltung
Die vielen Freunde der Natur sind sich nicht immer grün. Wer Vögel füttert und sich auf einem Bänkchen sonnt, der will nicht vom Knallen von Jägers Flinte erschreckt werden. Und Förster wie Jäger wiederum sehen es kritisch, wie immer mehr Freizeit-Betrieb in den Wäldern rund um die Stadt strandet.

Mountainbikes, Gravel-Fahrräder, BMX, Yoga-Gruppen und Gassigänger sowie Jogger und Spaziergänger geben sich hier ein Stelldichein. Am Magdalenenberg gibt es auch Abend-Szenen von Gruppen mit lauter Musik aus Lautsprechern und anbei geparkten Fahrzeugen. Der städtische Vollzugsdienst bestreift das Gebiet, hat aber andere Schwerpunkte zu observieren.
Die gute Nachricht ist: Die Natur im kleinen Waldgebiet auf dem südlichen Laible-Buckel hat viele Liebhaber. Förster Brauner zieht aber auch kritisch die Augenbrauen hoch. Zum Beispiel wegen des Vogelhäuschens der Villingerin. „Das macht man einfach nicht, in den Garten von anderen etwas aufstellen“, kritisiert er das Vorgehen der unbekannten Frau. Brauner will es dabei aber auch belassen. Eigentlich.
Ganz zum Schluss appelliert er: „Sprechen Sie bitte mit uns, bevor Sie dem Wald Gutes tun wollen. Dann können wir beratend zur Seite stehen und die Aktion wirkt sich besonders sinnvoll aus.“ Im Klartext: Erst mit dem Förster sprechen, dann die Waldtiere behüten – gemeinsam mit dem Forst.
Der Wald und seine bedeutsame Öko-Funktion
Wer wissen will, wie besonders die Natur lebt, setzt sich frühmorgens beim Sonnenaufgang an den Waldrand und hört einfach zu. Nach ein paar stillen Minuten geht es los: Spechte klopfen auf hartes Holz, Amseln singen. Der Wald als natürliches Konzerthaus. Viele wollen das bewahren, nicht zuletzt auch, weil Wälder wie dieser den Klimawandel bremsen können.