Einem Hausverwalter aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis droht jetzt das Gefängnis. Jahrelang soll er Geld von den Konten verschiedener Eigentümergemeinschaften abgezweigt haben. Ab dem 27. Mai muss er sich vor dem Schöffengericht am Villinger Amtsgericht wegen gewerbsmäßiger Untreue in 94 Fällen, falscher Versicherung an Eides Statt und Subventionsbetrug verantworten. Weitere Termine sind für den 2. und 23. Juni anberaumt.
Besonders pikant: Der Mann betrieb seine Hausverwaltung im Nebenerwerb, während er hauptberuflich Finanzbeamter beim Finanzamt Villingen war. Etwa 1000 Wohnungen in mehreren großen Wohnanlagen wurden jahrelang von ihm betreut. In den Jahren 2015 bis Mitte 2019 soll er sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft Konstanz an den Konten bedient haben. Der Schaden wird auf mindestens 600.000 Euro geschätzt.
Beamtenverhältnis in Gefahr
Da der Fall vor dem Schöffengericht verhandelt wird, erscheint eine Freiheitsstrafe nicht unwahrscheinlich. „Bei einer Anklageerhebung zum Schöffengericht ging die Staatsanwaltschaft nach den gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen vermutlich davon aus, dass eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei bis zu vier Jahren verhängt werden könnte“, erläutert Bernhard Lipp, Pressereferent in Strafsachen und Ständiger Vertreter des Direktors am Amtsgerichts Villingen.
Für den Finanzbeamten könnte das weitreichende Folgen haben: „Bei einer Freiheitsstrafe ab einem Jahr endet ein Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils“, sagt Bernhard Lipp. Damit würde der Hausverwalter seinen Beamtenstatus und damit seine Pensionsansprüche verlieren, ohne dass ein Disziplinarverfahren dazu nötig ist.
In einem solchen Fall werden die Betroffenen in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, was erhebliche Einbußen bei der Rente bedeute.
„Damit verliert man erhebliche Anwartschaften. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung wird man in diesem Fall mit dem tatsächlich bezogenen Arbeitsentgelt eingestuft, was im Ergebnis meistens deutlich weniger ist als die Beamtenversorgung“, sagt der Richter.
Freiheitsstrafe ist Freiheitsstrafe
Dabei spiele es keine Rolle, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werde, wie es bei Schöffenverhandlungen oft der Fall sei. „Freiheitsstrafe ist Freiheitsstrafe.“ Geregelt wird das im Paragraph 24 des Beamtenstatusgesetzes.
21 Zeugen werden gehört
An den drei Verhandlungstagen sollen insgesamt 21 Zeugen gehört werden, darunter auch Polizeibeamte und Gerichtsvollzieher. „Ein strenges Programm“, sagt Bernhard Lipp. Die Staatsanwaltschaft Konstanz wirft dem Verwalter Untreue in 94 Fällen vor. Betroffen waren Wohneigentümergemeinschaften (WEG) in Villingen-Schwenningen und Furtwangen. „Ein relativ großes Verfahren“, sagt auch Andreas Mathy, Sprecher der Staatsanwaltschaft Konstanz, wo der Fall etwa 4000 Seiten Aktenmaterial umfasst.
Im Wesentlichen gehe es bei den Vorwürfen um nicht gerechtfertigte Barabhebungen und Überweisungen auf eigene Konten, so der Staatsanwalt. Hinzu kämen Hin- und Herüberweisungen zwischen verschiedenen WEG-Konten, mutmaßlich, um aufgerissene Finanzlöcher zu stopfen.
Mehrere Zivilklagen
Der Fall war publik geworden, nachdem eine WEG den Vertrag mit dem Mann gekündigt hatte. Die neue Hausverwalterin war bei der Durchsicht der Unterlagen stutzig geworden und hatte in monatelanger Kleinarbeit Unregelmäßigkeiten aufgedeckt: Der Verwalter soll 77.000 Euro abgezweigt haben.
Im Büro verkrochen
Gegen den Verwalter und Finanzbeamten wurden daraufhin auch mehrere Zivilklagen eingereicht. Augenscheinlich wird aktuell auch auf das Privatvermögen des Beschuldigten zugegriffen, um mögliche Forderungen der Geschädigten befriedigen zu können. „Wir haben schon lange befürchtet, dass da etwas im Argen liegt“, sagte ein Bewohner einer Villinger Wohnanlage bei einem zivilrechtlichen Gerichtstermin im vergangenen Frühjahr. „Immer, wenn es kritisch wurde, hat er sich in sein Büro verkrochen und war nicht zu sprechen.“