Nach einer längeren Zwangspause, bedingt durch Unruhen in Bolivien und die Coronapandemie, ist nun erneut ein siebenköpfiges Ärzteteam aus ganz Deutschland ins Amazonasbecken gereist. Vom 16. März bis 1. April konnten die Ärzte über hundert dringende chirurgische Operationen durchführen und dabei sogar Leben retten.
Die Arbeit der deutschen Ärztinnen und Ärzte wird vor Ort dringend benötigt: „lebensverbessernd, lebensverändernd und manchmal sogar lebensrettend sind unsere medizinischen Eingriffe“, berichtet Baumeister.
Oft hätte es das Team mit schlimmsten Fehlbildungen von Körperteilen, aber auch Wucherungen und Geschwüren zu tun, die manchmal vor Ort gar nicht genau einzuordnen wären. „Dann müssen wir Tropenärzte zu Rate ziehen, um zu erkennen, mit was wir es zu tun haben“, so der Chirurg weiter.

Viele Behandlungen würden schlicht nicht stattfinden, ohne das ehrenamtliche Ärzteteam: „Wir hatten schon Fälle, die jahrelang auf uns gewartet haben, mit offenen Wunden. Es sind einfach nicht genug Fachkräfte vorhanden“, erzählt Baumeister und hebt die Wichtigkeit der Ausbildung von medizinischem Personal vor Ort hervor: „Wir werden immer von einheimischen Ärztinnen und Ärzten unterstützt, die auch von uns lernen.“ So sorge man zusätzlich dafür, dass sich die medizinische Versorgung im Amazonasbecken auf lange Sicht verbessern könne.
123 Eingriffe in 13 Tagen
Knapp 700 Menschen hätten sich in diesem Jahr gemeldet, um von den deutschen Ärzten behandelt zu werden. Ein Team von bolivianischen Chirurgen vor Ort habe die Prüfung der Fälle übernommen und aussortiert, wer für eine Behandlung in Frage komme. 123 Personen konnten so schlussendlich in 13 Tagen behandelt werden.
„Manche Menschen sind schon seit Jahren bei uns in Behandlung. Wir begleiten Sie teilweise über einen längeren Zeitraum“, berichtet Baumeister. Viele Fälle könnten vor Ort gar nicht operiert werden, selbst wenn dies in Deutschland problemlos möglich wäre: „Ein chirurgischer Eingriff kostet in Deutschland etwa 4000 bis 5000 Euro. Wir behandeln die Menschen in Bolivien mit einem Bruchteil des Geldes“, gibt Baumeister zu.
Mehr Fehlbildungen bei Kindern
Hier komme man dann an die Grenzen des Machbaren, was nicht selten schmerzhaft für das engagierte Team ist: „Ich habe dieses Jahr einen sehr intelligenten jungen Mann behandeln dürfen, dessen Beine eine starke Fehlstellung haben, weshalb er im Rollstuhl sitzt“, erzählt der Chirurg.
In Deutschland hätte man ihm problemlos helfen können. „Das tut dann schon manchmal weh“, gibt Baumeister zu. Gerade bei Kindern seien körperliche Fehlbildungen viel häufiger als in Europa. Die Gründe sind unklar und die Dankbarkeit der Eltern groß, wenn man helfen könne.

„Die Menschen drücken ihre Dankbarkeit mit den einfachen Dingen aus, die ihnen zur Verfügung stehen.“ So habe er schon einen ganzen Schrank voll mit Souvenirs, die aus den im Amazonasbecken vorkommenden Paranüssen hergestellt würden.
Corona hat Arbeit erschwert
2019 führte die Wiederwahl von Präsident Evo Morales in Bolivien zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition. Ausschreitungen und ein Klima der Unsicherheit und Angst bestimmten den Alltag. Die wirtschaftlichen Folgen der Unruhen belasteten die ohnehin arme Region schwer. Als dann im Folgejahr Corona kam, verdichteten sich die Probleme: „Corona war für die Menschen in Bolivien zwar kein so riesiges Problem wie für die Europäer, es hat für uns aber trotzdem vieles erschwert“, so Baumeister.
Es habe auch in Riberalta Todesfälle aufgrund der Pandemie gegeben, eine Maskenpflicht und Hygieneregeln wurden eingeführt. Dies alles habe zu einer fast dreijährigen Pause der Hilfsaktion geführt und auch die medizinische Versorgung des südamerikanischen Landes noch schwieriger gemacht. Trotzdem schauen Steffen Baumeister und seine Kolleginnen und Kollegen positiv in die Zukunft und versuchen, so gut es geht nachzuholen, was in der Zwangspause versäumt wurde.
Ermöglicht wurde dieser Einsatz wieder durch zahlreiche Spenden. Wie viel genau zusammengekommen ist, kann Steffen Baumeister leider nicht sagen: „Wir schlüsseln uns nicht selbst auf, werden aber vom Verein Interplast e.V. in Bad Kreuznach mit den eingegangenen Spenden versorgt, die uns auch in diesem Jahr wieder einen knapp zweiwöchigen Einsatz ermöglicht haben“, berichtet er.
Baumeister ist sehr dankbar für die große Spendenbereitschaft, schließlich koste ein Einsatz ungefähr 25.000 Euro. „Es ist aber nicht nur Geld, was gespendet wird. Eine Dame bringt mir beispielsweise regelmäßig Plüschtiere vorbei, die sie zusammensammelt. Diese werden an die Kinder in Bolivien verteilt“, berichtet der Mediziner.
Die Planungen für den Nächsten Einsatz laufen bereits auf Hochtouren, denn auch im kommenden Jahr soll wieder ein deutsches Ärzteteam nach Riberalta reisen, um den Menschen vor Ort zu helfen.
„Ich bin überzeugt, dass die Hilfsbereitschaft der Menschen auch in diesen schweren Zeiten nicht nachlässt“, sagt Steffen Baumeister und hofft weiterhin auf zahlreiche Spenden für sein Ärzteteam.