In Bochum wird ein Linienrichter von einem Bierbecher getroffen, einen Tag später kommt es in Konstanz bei einem Amateurspiel zu hässlichen Szenen, als Fans einer Mannschaft während einer Partie einen Schiedsrichter angehen. In beiden Fällen wird die Partie abgebrochen. Natürlich sind beide Fälle nicht miteinander zu vergleichen. Eines haben sie aber gemein: Wer einen anderen Menschen tätlich angreift, weil der als Schiedsrichter eine Situation nicht dem eigenen Willen nach wertet, dessen Schaukel stand in Kindertagen zu nah an der Wand.
Der Vorfall in Bochum wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dem zu diesem Zeitpunkt mit 0:2 zurück liegenden Heimclub angelastet werden, da der Fan aus einem VfL-Block heraus den Bierbecher war.
Welche Konsequenzen den Vereinen nun drohen
Wie aber ist dieser Spielabbruch am Bodensee zu werten? Wer trägt die Schuld daran, wenn Zuschauer den Platz betreten und auf den Schiedsrichter losgehen, wie bei der Landesliga-Partie zwischen der SG Dettingen-Dingelsdorf und dem Türkischen SV Konstanz geschehen?
Die Verantwortung für die Sicherheit auf dem Sportplatz liegt zunächst beim Heimverein. Der muss ausreichend Ordner stellen, wie es in der Spielordnung heißt. Was aber ist ausreichend? Genauer definiert wird das anders als in anderen Landesverbänden nicht. Ausreichend kann bedeuten, dass eben keiner da ist, weil das eben reicht. Nur wenn dann etwas passiert, dann müssen eben Ordner bereits stehen, die auch als solche erkennbar sind – durch entsprechende Warnwesten etwa.
Sicherheit auf dem Fußballplatz gibt es nicht
Warum diese doch etwas schwammige Regelung? Weil die Sicherheit auf einem Sportplatz überhaupt nicht gewährleistet werden kann. Zwischen Rheinfelden und Konstanz kann jederzeit ein Zuschauer über die Bande klettern und auf das Spielfeld rennen. So viele Ordner, die man bräuchte, um das zu verhindern, hat kein Verein an Mitgliedern.
Und was bedeutet das nun? Hat der Heimverein nun die schlechtere Ausgangsposition mit Blick auf die anstehende Spielwertung?
Nicht unbedingt, denn auch der Gastverein ist verpflichtet, sich an Maßnahmen zur Sicherheit zu beteiligen. Vor dem Spiel muss hierfür ein Verantwortlicher genannt werden, der als Ansprechpartner dem Schiedsrichter zur Verfügung steht. Und wenn eine Gruppe klar einem Club zuzuordnen ist, kann der Schuldspruch eben auch den Gästeverein treffen.
Fans des Türkischen SV Konstanz sorgen für Abbruch
Angeblich war die Gruppierung, die in Dettingen das Spielfeld betrat, klar in ihrer Sympathie dem Türkischen SV Konstanz zuzuordnen, dessen Anhänger sich wahrscheinlich ohnehin benachteiligt sahen, da der Unparteiische acht Gelbe Karten und eine Ampelkarte gegen das Team gezückt hatte, die Gastgeber gänzlich ohne Verwarnung da standen. Verantwortliche des Vereins beteuerten zwar schon lange vor dem Spielabbruch gegenüber unserem Mitarbeiter, dass die betreffenden Personen nicht dem direkten Vereinsumfeld angehören, allerdings standen sie nahe der Trainerbank, was durchaus relevant für das Urteil sein dürfte. Hier hätte früher eigegriffen werden können.
So könnte das Urteil ausfallen
Wer aber entscheidet nun, wer die Punkte bekommt? Und welche Möglichkeiten eines Urteil gibt es überhaupt?
Tatsächlich sind nur drei Möglichkeiten vorhanden: Es wird ein Sieger und ein Verlierer bestimmt, beide Teams bekommen eine 0:3-Wertung, die Partie wird neu angesetzt. Die Urteilsfindung wird Aufgabe der Spruchkammer des Südbadischen Fußball-Verbands sein, die zunächst Stellungnahmen aller Beteiligten anfordern wird. Dann wird die Kammer beraten und wahrscheinlich erst in einigen Wochen zu einem Urteil finden.
Bleibt die Hoffnung, dass der Fall eine Ausnahme bleibt. Dass zukünftig reagiert wird, bevor etwas passiert. So wie übrigens am Samstag in der 2. Bundesliga, als ein Bremer Anhänger im Spiel gegen Darmstadt einen Bierbecher in Richtung Spielfeld warf – und sofort von den um ihn herum stehenden Kollegen eingenordet wurde. Frei nach dem Motto: Lass den Blödsinn sein, sonst hat sich das mit dem Fußball schnell erledigt, weil dann keiner mehr Lust haben wird, Schiedsrichter zu sein. In der Bundesliga, erst recht bei den Amateuren.