Wer mit dem Auto im Herbst an einem Abend unter der Woche durch Singen fährt, dem wird es kaum gelingen, nicht an zumindest einem Sportplatz vorbei zu fahren, an dem gerade Flutlichter brennen. Denn im Singener Raum gibt es nicht nur reichlich Sportplätze, sondern vor allem auch etliche Spieler und Vereine, die auf Rasengrün trainieren, um für die Duelle an den Wochenenden gerüstet zu sein.

14 Klubs sind es derzeit, deren Männermannschaften am Spielbetrieb teilnehmen – hinzu kommt im Nachwuchsbereich die Besonderheit mit dem JFV Singen (siehe Infokasten). Im Vergleich dazu sind es in Konstanz, das deutlich mehr Einwohner hat, nur acht Klubs.

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Jeden Tag wird also auf den Plätzen in Singen gekickt – stundenlang. „Singen ist eine Fußball-Stadt. Wenn du hier durch die Straßen läufst, kannst du dich mit acht von zehn Leuten über Fußball unterhalten. Die Menschen sind völlig fußballverrückt“, sagt Jeton Spahija. Der Spielertrainer des AFC Rinia Singen ist vor rund fünf Jahren aus Magdeburg hergezogen und schätzt, welchen besonderen Stellenwert der Fußball in Singen genießt.

„Die Anlagen sind top, die Stadt investiert sehr viel für den Fußball“, sagt er. Es gebe hier viele Menschen, denen der Fußball am Herzen liege – auch wenn es in der Stadt in den vergangenen Jahren keinen Spitzenfußball mehr zu sehen gab. DFB-Pokalspiele und Zeiten, in denen der FC Singen 04 Amateurmeister wurde, sind lange her.

Im Vergleich zu Spahija kennt Agus Bosch die Region schon deutlich länger. Der Trainer des erst vor dieser Spielzeit gegründeten SC United Singen und Bruder des regional bekannten Fußballers Nedzad Plavci (FC 08 Villingen) erzählt: „Im Singener Raum gab es schon immer viele Talente. Der Fußball spielt hier eine enorm große Rolle.“

Viele Fußballer, viele Vereine – und für einige läuft es in der bisherigen Saison prächtig. Wie zum Beispiel für den AFC Rinia und den SC United, die der SÜDKURIER jeweils im Trainingsbetrieb besucht hat.

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Zwei Vereine, die einige Gemeinsamkeiten haben: Beide Klubs gibt es noch nicht lange, beide Männerteams trainieren jeweils mittwochs und freitags, beide sind Tabellenführer ihrer Kreisliga-C-Staffel und beide wollen in dieser Saison unbedingt aufsteigen in die Kreisliga B. Und doch gibt es auch gewaltige Unterschiede.

Der AFC Rinia, der in der Staffel 1 bisher eine Partie verloren und die restlichen Partien gewonnen hat, wurde vor der Saison 2020/21 gegründet. Die erste Runde hätte kaum besser beginnen können, Spiel um Spiel wurde gewonnen.

Beim C-Ligisten SC United war beim Trainingsbesuch des SÜDKURIER eine kleinere Gruppe als üblich da – wie der Trainer Agus Bosch ...
Beim C-Ligisten SC United war beim Trainingsbesuch des SÜDKURIER eine kleinere Gruppe als üblich da – wie der Trainer Agus Bosch erzählt. Spaß hatten die Kicker, die auf dem ersten Tabellenplatz der Kreisliga C (Staffel 2) stehen, aber trotzdem. | Bild: Julian Widmann

Dann kam allerdings der coronabedingte Abbruch und die Annullierung der Spielzeit: „Wir wollen nun unbedingt aufsteigen und uns dann auch gar nicht lange in der Kreisliga B aufhalten“, stellt Spielertrainer Jeton Spahija klar. Mittelfristig spielt man beim AFC mit dem Gedanken, in der Bezirksliga zu spielen. Aus gutem Grund, wie Spahija findet.

Denn beim albanischen Verein entwickle sich laut dem Spielertrainer, der vor Jahren für den FC 03 Radolfzell und den FC Singen 04 spielte, vieles in die richtige Richtung. Seit diesem Jahr gibt es sogar eine zweite Mannschaft, die ebenfalls in der Kreisliga C am Spielbetrieb teilnimmt.

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Trainiert wird in der Schlatter Dorfstraße 33, auf dem Gelände des PTSV Nordstern Singen-Schlatt. „Wir haben 55 Spieler für zwei Teams. Und mittlerweile auch einige sehr gute Fußballer in unseren Reihen“, sagt Spahija. Überwiegend seien es albanische Spieler, aber auch Portugiesen, Deutsche, Mazedonier, Italiener und Türken würden für den AFC auflaufen. „Die Herkunft ist irrelevant. Es geht darum, ob du Sportler bist oder nicht“, sagt Spahija, der meint: „Die schnelle und einfache Integration ist im Fußball einmalig. Das ist einfach das Schönste.“

Präsident des AFC Rinia ist Egzon Imeri. Er erzählt, dass es die Überlegungen, einen albanischen Verein in Singen zu gründen, schon 20 Jahre lang gab. „Wir sind extrem froh und dankbar, dass wir den Verein 2020 nun gründen durften“, sagt Imeri, für den das nicht selbstverständlich ist. „Es gibt ja schon enorm viele Vereine in Singen“, sagt er.

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Seit dieser Saison sogar noch einmal einen neuen – wobei dazu gesagt werden muss, dass mit dem CFE Independiente Singen, der sich in der vergangenen Saison aufgelöst hat, auch ein Klub weggefallen ist. Das neueste Projekt in Singen heißt SC United, bei dem Agus Bosch als Trainer mitwirkt.

Ist der SC United das neue Independiente, wie viele regionalen Fußball-Experten sagen? „Wir haben sechs Spieler in unserem Team, die von Independiente kamen“, erzählt Bosch. Natürlich sei die logische Folge, dass die Menschen in der Region Independiente und den SC United immer wieder in Verbindung bringen würden.

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Zumal neben den Kickern Pino La Vigna wie seinerzeit beim CFE als Spielausschussvorsitzender nun auch beim SC United die Fäden im Hintergrund zieht.

Für Bosch klang das neue Projekt beim Klub, der wie damals Independiente in der Münchriedstraße 6 trainiert, von Beginn an spannend: „Ich habe nicht lange überlegt, einzusteigen. Es sind viele langjährige Freundschaften. Und die Qualität der Spieler ist da“, sagt Bosch, der zuletzt zwei Jahre lang die A-Jugend des JFV Singen betreute.

Bild 2: Eine Stadt, 15 Vereine, eine Leidenschaft – so groß ist der Fußball in Singen
Bild: Julian Widmann

Ähnlich wie der AFC Rinia sei der SC United ein Team gespickt mit Spielern verschiedenster Nationalitäten. Das sei aber bei Independiente schon so gewesen. „Das war ein spanischer Verein, und da haben zeitweise nur zwei Spanier gespielt“, erzählt er mit einem Schmunzeln.

Agus Bosch schätzt seine Spieler sehr, auch wenn er gerne noch ein, zwei Kicker mit deutscher Spielweise hätte: „Wir haben gute Techniker, könnten aber noch ein, zwei laufstarke Spieler im Mittelfeld gebrauchen, die wissen, wie man Zweikämpfe führt“, sagt er.

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Dennoch läuft es für den SC United in seiner ersten Saison top. Platz eins in der Kreisliga C, Staffel 2 – ungeschlagen mit der vollen Punkteausbeute. Für Bosch kein Wunder, denn ehemalige Leistungsträger des CFE Independiente wie Francesco Santoro oder Sime Kresovic – um nur zwei Beispiele zu nennen – hätten in der Kreisliga C natürlich nichts verloren: „Mit diesem Team müssen wir aufsteigen“, sagt Bosch.

Vielleicht treffen der AFC Rinia und der SC United ja dann in der kommenden Saison in der Kreisliga B aufeinander? Bei Singener Stadt-Duellen geht es laut Agus Bosch immer „richtig zur Sache. Die Fußballer in der Stadt kennen sich. Da willst du den anderen ja aufziehen, wenn du ihn privat triffst“, erzählt Bosch und lacht dabei. Jeton Spahija hat für das kommende Jahr aber einen anderen Wunschgegner. Es verwundert allerdings kaum, dass es trotzdem ein Singener Klub ist: „Ich würde gerne gegen HSK Croatia Singen spielen. Das allererste Spiel nach der Gründung mit dem AFC haben wir damals 0:9 verloren. Wir wollen eine Revanche.“