Mit zwei Etappensiegen überraschte Radprofi Nico Denz aus Albbruck in seinem ersten Jahr bei Bora-hansgrohe, dem größten deutschen Team, die Radsport-Welt.

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Nico, zwei Etappensiege beim Giro innerhalb von drei Tagen. Jetzt ist Ihr Name nicht nur bei Radsport-Kennern ein Begriff. Wie fühlt sich das an?

Unmittelbar nach dem Sieg verstehst du gar nicht, was mit dir passiert. Das war wie in einem Traum.

Und nach dem zweiten Sieg wird schon über den dritten spekuliert.

Das wurde mir in den Mund gelegt. Ich will aber nicht gierig sein.

Das ist in diesem Jahr Ihr sechster Giro nacheinander. Vor fünf Jahren schrammten Sie knapp am Sieg vorbei. Dieses Jahr hat‘s geklappt. Kann es sein, dass Sie zu Italien eine besondere Affinität haben?

Das ist schon so. Italien ist wie meine zweite Heimat. Vielleicht liegt es auch daran, dass meine Großeltern in Süditalien leben.

Sie lieben eine leckere Pasta und auch den Espresso zwischendurch.

Ich liebe die schöne Landschaft, die Leute und das Essen. Aber das hier ist keine Freizeit. Der Giro ist harte Arbeit. Wenn ich an die letzte Giro-Woche denke, die heute beginnt, kann ich nur sagen, dass sie hammerhart ist.

Wie haben denn Familie, Freunde und Bekannte auf Ihre Erfolge reagiert? Gab‘s viele Glückwünsche?

Mein Handy ist fast explodiert. Ich habe Hunderte, vielleicht auch tausend Nachrichten bekommen. Gefühlt von jedem, der meine Nummer hat. Ich habe sie gelesen, komme aber noch nicht dazu, sie alle zu beantworten.

Zur Person

Gab‘s auch Gratulationen aus Ihrer Heimat?

Meine Eltern sind komplett durchgedreht vor Freude. Am Abend nach dem ersten Sieg hatten sie eigentlich noch was anderes vor. Da war ja Vatertag. Schulkameraden und viele Bekannte aus meinem Heimatverein, dem VBC Waldshut-Tiengen, haben sich gemeldet. Alle waren total begeistert.

Sie sind auch stolzer Familienvater. So ein Giro dauert über drei Wochen.

Du bist bei der Rundfahrt vier Wochen weg von der Familie. Wir haben das aber ganz geschickt gelöst. Meine Frau ist mit unseren zwei kleinen Kindern und meinem Bruder mit dessen Familie für zehn Tage in Urlaub am Gardasee. Das ist nicht so weit von den Orten, wo unsere beiden Ruhetage beim Giro waren. So konnten wir uns mal sehen. Das gibt mir viel Kraft und Motivation für die letzte Woche.

Nico Denz, Radprofi aus Albbruck: „Ich kann gut leiden. Wenn andere kaputt gehen, geht es bei mir noch weiter.“
Nico Denz, Radprofi aus Albbruck: „Ich kann gut leiden. Wenn andere kaputt gehen, geht es bei mir noch weiter.“ | Bild: Miclas Haasis Fotografie

Zurück zu Ihrem Team: Sie legen da eine ganz tolle erste Saison im größten Aushängeschild des deutschen Radsports hin.

Wichtig ist, dass ich meine Verpflichtung gerechtfertigt habe.

Dabei ist es gar nicht Ihre primäre Aufgabe, Etappensiege einzufahren. Oder stimmt das gar nicht?

Bei meinen beiden Siegen habe ich die Freigabe bekommen, das Ding durchzuziehen. Diese Chancen habe ich genutzt. Es stimmt aber, dass das nicht meine eigentliche Aufgabe ist, weshalb ich verpflichtet worden bin.

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Welche Rolle spielen Sie denn?

Ich bin als Helfer und Unterstützer gekommen und bringe in meinem Alter auch Erfahrung mit.

Also nur Flaschen holen und Löcher zufahren für Ihren Kapitän Lennard Kämna?

Das sehe ich nicht negativ. Es ist auch mehr als das. Ich war schon immer ein harter und zuverlässiger Arbeiter und mache das, was man von mir erwartet. Dafür schenkt mir mein Team viel Vertrauen.

Sie haben vergangenes Jahr eine Bergetappe bei der Tour de Suisse gewonnen und sich jetzt auch bei Sprints in Fluchtgruppen durchgesetzt. Sind Sie jetzt ein Kletterer, ein Sprinter oder ein Allrounder? Was zeichnet Sie aus?

Ich kann gut leiden. Wenn andere kaputt gehen, geht es bei mir noch weiter.

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Wie geht es für Sie nach dem Giro weiter?

Weiß ich nicht. Ich muss erst gut durch diese Woche kommen.

Das Profirennen in Gippingen im Schweizer Kanton Aargau fast neben ihrer Haustüre in Albbruck steht am 9. Juni an, danach geht gleich die Tour de Suisse los. Sind Sie dabei?

In Gippingen würde ich schon gern starten. Aber da ist noch nichts fix.

Die Deutschen Radmeisterschaften Ende Juni in Bad Dürrheim wären auch ein Heimspiel.

Ja, das ist fast bei mir zu Hause. Da bin ich sogar schon mal im Training die Strecke abgefahren.