Eishockey: Zwei Torhüter, drei Verteidiger und fünf Stürmer – die Zahl der Neuzugänge bei den Wild Wings hält sich im Vergleich zu früheren Jahren diesmal in Grenzen. Da ist es umso wichtiger, dass sie als Trümpfe stechen und sich nicht – wie schon so oft – als Flops erweisen. Unser Schwenninger Eishockey-Experte Matthias Hoppe ist guter Dinge, dass die Verantwortlichen ein glückliches Händchen hatten mit den Transfers. Der Auftritt der Mannschaft beim Magenta-Sport-Cup macht jedenfalls Appetit auf mehr. „Auch ich habe meine Lehren aus der letzten, katastrophalen Saison gezogen und bin nicht mehr so euphorisch wie vergangenes Jahr. Dennoch traue ich dieser Mannschaft einen Playoff-Platz zu“, sagt der ehemalige Nationaltorhüter kurz vor dem Saisonstart in der Deutschen Eishockey Liga. Und so schätzt Hoppe, der am Donnerstag seinen 62. Geburtstag feiert, die einzelnen Mannschaftsteile der Wild Wings ein:
Torhüter
Auf dieser Position sind die Wild Wings bestens besetzt. Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Joacim Eriksson hat bislang zwar nur ein Spiel für Schwenningen absolviert, doch schon da war zu erkennen, dass er ein Torhüter von internationaler Klasse ist. Der Schwede macht einen sehr stabilen Eindruck und zeichnet sich durch gutes Positionsspiel aus. Er geht nicht gleich bei jedem Larifari-Schuss runter, sondern bleibt lange stehen. Das eröffnet ihm viele Optionen. Der 30-Jährige ist ein guter Fänger und strahlt mit seiner ruhigen Art auf seine Vorderleute aus.
Patrik Cerveny durfte aufgrund von Erikssons Verletzung beim Magenta-Sport-Cup viermal ran und nutzte seine Chance mit Bravour. Er hat gezeigt, dass er eine sehr gute Alternative ist. Cerveny machte so gut wie keinen Fehler und hat es verdient, dass er in regelmäßigen Abständen zum Einsatz kommt. Mein Vorschlag: Cerveny sollte jedes dritte Spiel zwischen den Pfosten stehen. Gerät die Pause zu lang, läuft der zweite Keeper Gefahr, dass er in ein mentales Loch fällt.
Abwehr
In der vergangenen Saison noch das Sorgenkind der Wild Wings, präsentiert sich die Abwehr als kompakter Block, der nur schwer zu knacken ist. Die Defensive wurde sehr gut zusammengestellt. Das Umschaltspiel läuft schnell und sch
nörkellos, da wird nicht lange rumgetändelt. Unter Druck wird der Puck über die Bande sicher in die neutrale Zone gespielt. Will Weber ist eine Maschine, verschafft sich mit seinen Checks Respekt und fährt die Gegenspieler hart, aber fair an die Wand. Colby Robak knüpft an seine Glanzleistungen an, die er bei seinem Einstand in Schwenningen zeigte. Dank seiner außerordentlichen Spielintelligenz zählt Robak für mich zu den Top-Verteidigern in der DEL.
Dylan Yeo hat mich bislang am meisten überrascht. Nach einer enttäuschenden Vorsaison hat er sich unglaublich gesteigert. Yeo hat starke Szenen in der Offensive und verteidigt hinten konsequent. Emil Kristensen überzeugt mit gutem Passspiel und Johannes Huß ist auf dem Eis körperlich präsent. Beide Neuzugänge sind zweikampfstark. Benedikt Brückner wird als siebter Verteidiger genügend Eiszeit bekommen.
Angriff
Die erste Sturmreihe ist das Prunkstück der Wild Wings. Travis Turnbull, Darin Olver und Jamie MacQueen sind zwar nicht mehr ganz so spritzig, machen dies aber durch ihre Erfahrung, Spielintelligenz und Technik mehr als wett. Bei dieser enormen Klasse spielt das Alter keine Rolle. Vor allem das Powerplay der drei ist eine Augenweide. Da wandert der Puck ebenso schnell wie traumhaft sicher von Stock zu Stock. Im Abschluss glänzt MacQueen mit seinem Wahnsinnsschuss. Vor dieser Reihe hat sicherlich jeder Gegner Respekt.
Reihe zwei ist ebenfalls stark offensiv orientiert. Troy Bourke ist ein technisch versierter Stürmer, der Andreas Thuresson die Scheibe perfekt auflegt. Der Schwede fackelt nicht lange, sondern zieht sofort knallhart ab. Hoffentlich bleibt Thuresson in dieser Saison frei von Verletzungen. Boaz Bassen ist ein glänzender Schlittschuhläufer und leichtfüßig. Trotz seines geringen Körpergewichts scheut er keinen Zweikampf und ist ein exzellenter Forechecker.
Auch der dritte Sturm hat für Schwenninger Verhältnisse viel Qualität und lebt vor allem von den Spink-Brüdern. Tylor und Tyson verstehen sich blind. Es scheint, als hätten sie schon im Mutterleib miteinander gespielt. Das ist echtes Tikitaka. Der Dritte im Bunde, Alexander Weiß, ergänzt die beiden pfeilschnellen Zwillinge perfekt. Weiß ist zwar läuferisch nicht so stark, geht aber immer entschlossen vor das gegnerische Tor, dorthin, wo es wehtut.
Die vierte Reihe hat vor allem defensive Aufgaben zu verrichten und muss versuchen, möglichst wenig Gegentore zu kassieren. Maximilian Hadraschek ist ein ausgezeichneter Sturmführer, körperlich robust und stark im Unterzahlspiel. Neben Daniel Pfaffengut wechseln sich auf der dritten Position mit Cedric Schiemenz und David Cerny zwei junge Spieler ab. Allerdings müssen die beiden ihren Platz voraussichtlich gegen den vorerst letzten Schwenninger Neuzugang, Marius Möchel, verteidigen. Der 29-Jährige hat bislang noch kein Spiel für die Wild Wings absolviert und sich in seiner zehnjährigen DEL-Karriere noch nicht als echter Torjäger entpuppt. Er dürfte aufgrund seiner körperlichen Gardemaße als Stürmer mit Defensivaufgaben betraut werden.
Trainer
Chefcoach Niklas Sundblad treibt seine Mannschaft in jedem Spiel bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Der 47-jährige Schwede verlangt von den Spielern 100-prozentigen Einsatz, Kampf, Laufbereitschaft, Kreativität und Schnelligkeit. In den fünf Spielen um den Magenta-Sport-Cup war die Handschrift von Sundblad bereits gut zu erkennen.
Mit Gunnar Leidborg haben die Schwenninger zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und eine Planstelle eingespart. Als Co- und Torwart-Trainer besetzt er gleich zwei Positionen aus dem bisherigen Trainer-Trio. Der ehemalige Nationaltorhüter Schwedens versteht es ausgezeichnet, mit Goalies zu arbeiten. Das habe ich in den Neunziger-Jahren als Schwenninger Torhüter selbst noch erleben dürfen. Leidborg greift nicht allzu stark in das Wesen eines Torhüters ein, sondern korrigiert genau an den richtigen Stellen.