Kai Blandin

Fußball-Oberliga: Er kam, spielte einen perfekten Pass und jubelte. Besser hätte der Einstand von Thomas Kunz beim FC 08 Villingen nicht sein können. Immerhin hatte er die Vorlage zum 1:1-Ausgleich durch Kamran Yahyaijan gegeben. „Doch, wenn wir gewonnen hätten“, grinst der 22-Jährige nach dem Unentschieden gegen die Stuttgarter Kickers. Völlig gelöst sitzt er da, muss sich schon jetzt den ein oder anderen Spruch seiner neuen Mannschaftskollegen anhören. Doch das kann er ab, es gefällt ihm sogar. Und ist um eine entsprechende Antwort selten verlegen. Ein Grund mehr, warum eine Aussage komplett ehrlich rüberkommt. „Ich bin so froh, hier zu sein“, betont Kunz immer wieder. Es war am Samstag, 12. September, als der Neuzugang seine Premiere im Nullacht-Trikot feierte.

Die Geschwindigkeit, wie schnell sein Transfer vom Liga-Konkurrenten Rielasingen-Arlen (Kunz: „Dort gab es atmosphärische Störungen, die Kommunikation hat einfach nicht mehr gepasst“) letztlich über die Bühne ging, überrascht selbst ihn. In der Woche vor dem Spiel gegen die Stuttgarter Kickers hatte es intensive Gespräche mit Arash und Marcel Yahyaijan gegeben. „Da habe ich gleich gemerkt, dass die Chemie stimmt. Außerdem wurde mir immer vorgeschwärmt, welch großer Zusammenhalt innerhalb der Truppe herrscht. Dies hat sich absolut bewahrheitet“, so Kunz. Nach nur einer gemeinsamen Trainingseinheit stand Kunz beim Heimspiel gegen die Kickers im Nullacht-Kader, gab mit seinem ersten Ballkontakt die bereits erwähnte Vorlage zum Ausgleich und ist seither fester Bestandteil der Villinger Mannschaft.

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In der Jugend durchlief Kunz alle Nationalmannschaften in der Schweiz. Kein Wunder, dass auch die großen Vereine schnell auf ihn und sein außergewöhnliches Talent aufmerksam wurden. Das Rennen machte schließlich der VfB Stuttgart. Aus einem einfachen Grund. „Fredi Bobic war damals Sportdirektor dort, Domenico Tedesco Jugendtrainer. Beide wollten mich unbedingt haben“, erinnert er sich. Also wagte er den Schritt, verließ seine Heimat nahe Schaffhausen und siedelte um ins Schwabenland. Auch wenn dort für ihn bald die ersten dunklen Wolken aufzogen – mit Bobic und Tedesco verlor er zwei seiner größten Förderer beim VfB – hat Kunz die Zeit in Stuttgart sehr viel weitergebracht. Sowohl fußballerisch als auch menschlich. Deshalb will er sie keinesfalls missen. Er spielte dort Junioren-Bundesliga sowohl bei der U 17 als auch bei der U 19, lebte erstmals weit entfernt von zuhause im Internat. „Andere sind daran zerbrochen, dass sie nicht mehr ihr gewohntes Umfeld hatten. Zwar hat mir meine Familie auch oft gefehlt, gerade wenn ich jemanden zum Reden gebraucht hätte, doch hat es mich eher stärker gemacht“, versichert er.

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Nach zwei Jahren brach Kunz seine Zelte in Stuttgart wieder ab, kehrte zurück in seine Heimat und spielte zunächst in St. Gallen, später in Zürich. Über die weiteren Zwischenstationen in Reutlingen und Rielasingen ist Kunz, der eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen hat und im Büro der Fensterfabrik seines Vaters arbeitet, nun also im Friedengrund gelandet. „Solche Pässe wie gegen die Kickers, über die Abwehrkette hinwegzuspielen, ist meine Stärke“, lautet die Selbsteinschätzung des offensiven Mittelfeldspielers. Auch wenn er den großen Traum von einer Karriere als Fußball-Profi inzwischen ad acta gelegt hat („Da bin ich Realist genug und gebe mich keiner Illusion hin“), empfindet er dies nicht als persönliche Niederlage. „Ich spiele jetzt in einer Oberliga, die ein richtig gutes Niveau hat. Auch wenn ich erst 22 Jahre alt bin, habe ich einiges an Erfahrungen gesammelt und kann dies hoffentlich hier in Villingen einbringen“, macht er deutlich.

Ganz anderes Thema, zumindest auf den ersten Blick: Thorsten Legat, früherer Fußballer und inzwischen omnipräsenter Gast in diversen Fernsehformaten, hatte im vergangenen Jahr in einem für ihn typischen Redeschwall bei einem Versprecher ein neues Wort kreiert. Der Begriff „Toppel“, den Legat damals im Dschungel von Australien bei einer Art Motivationsspritze der ehemaligen Teilnehmerin von „Germany‘s next Topmodel“, Gisele Oppermann, nach zahlreichen missglückten Prüfungen und anschließenden Weinkrämpfen gab, wurde seither zum geflügelten Wort und das Video davon im Netz zigfach angeklickt. Was aber hat das Ganze mit Kunz oder dem FC 08 zu tun? Ganz einfach, denn auch die Schwarz-Weißen haben inzwischen ihr „Toppel“. Nur mit den Unterschieden, dass Thomas Kunz beim Schweizer Pendant dieses Wettbewerbs in seinem Heimatland auftrat, bei den Eidgenossen sowohl weibliche als auch männliche Kandidaten erlaubt sind, er Herausforderungen nicht meidet und alles andere als eine Heulsuse ist.

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„Ja“, gibt Kunz zu, „daran habe ich teilgenommen, allerdings nur so zum Spaß.“ Weil es zeitlich gepasst hat und der ganze Spuk nach vier Wochen schon wieder vorbei war. „In der Schweiz wird eben nicht ein so großer Hype darum gemacht wie hier in Deutschland mit einer Heidi Klum als Zugpferd“, berichtet er. Trotzdem: Kunz schaffte es bis unter die letzten vier Kandidaten und ist dankbar für all die Erfahrungen, die er dabei gemacht hat. „Gerade die Foto-Shootings und Interviews haben mir in meiner Entwicklung geholfen“, ist er sich sicher. Die große Karriere auf dem Laufsteg strebt Kunz dennoch nicht an.