Ist das jetzt der Beginn einer großen Kampagne? Jochen Frank Schmidt, Leiter des Gloria-Musical-Theaters in Bad Säckingen, hat jedenfalls alles getan, was es dafür braucht: ein Video mit flammendem Appell gedreht, es auf Youtube hochgeladen und auch den Hashtag nicht vergessen.
Unter „#theateristsicher“ sollen Kollegen in ganz Deutschland es ihm nachtun und für so etwas wie Normalität in unseren Theatern werben. „Macht eigene Videos unter diesem Hashtag!“, ruft er in die Kamera. „Sagt den Bürgern: Geht wieder ins Theater und habt Spaß!“
Grund für seine Zuversicht: „Ganz viele renommierte Wissenschaftler“ hätten herausgefunden, dass es in der Pandemie keinen sichereren öffentlichen Ort gibt als das Theater. Namen oder konkrete Studien nennt er in seinem Video zwar nicht, doch er gibt sich sicher: „Es ist wahrscheinlicher, dass euch auf dem Weg ins Theater ein Klavier auf den Kopf fällt, als dass ihr euch bei uns im Saal ansteckt und daran versterbt!“ Stimmt das?
Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer mag Schmidts Optimismus nicht teilen. Zwar seien Theater etwa gegenüber Kinos im Vorteil, weil während einer Bühnenvorstellung nicht gegessen und getrunken werde. Dennoch sieht der Experte weiterhin Risiken.
„Geschlossener Raum, Verweildauer der Besucher über einen längeren Zeitraum, je nach Alter und Größe des Raumes suboptimale Be- und Entlüftung, im Dunkeln keine Möglichkeit, konsequentes Maskentragen zu überprüfen – daher genug Argumente, dass das Theater nicht wirklich der sicherste öffentliche Ort ist“, erklärt er auf SÜDKURIER-Anfrage.
„Zugespitzt formuliert“
Auf Rückfrage gibt Schmidt zu: „Ich habe es absichtlich zugespitzt formuliert.“ Ihm liege auch fern, die Pandemie zu verharmlosen. „Ich bin selbst dreifach geimpft, mit Querdenkern habe ich nichts zu tun.“
Allerdings klammere eine rein virologische Betrachtung viele wichtige Aspekte aus. So seien die Belüftungsvorschriften für Kulturveranstaltungen schon immer strenger gewesen als etwa die Regeln für Büroräume. Der bei Vorstellungen im Gloria-Theater gemessene CO2-Wert unterbiete manchmal sogar die Bedingungen draußen an der frischen Luft.
„Wir sind dann so sicher wie eine Open-Air-Veranstaltung mit dem Unterschied, dass bei uns sogar noch Maskenpflicht besteht!“ Auch was das Maskentragen im Dunkeln betrifft, müsse man genauer hinschauen: „Ins Theater gehen doch grundsätzlich vernünftige Menschen, die sich melden, wenn sie merken, dass der Nachbar seine Maske nicht korrekt trägt.“
Schmidt sendet Links zu Studien der TU Berlin, der Uni Halle-Wittenberg, dem Max-Planck-Institut. Seine zugespitzte, pauschale Formulierung „Theater sind sicher“ stützen sie zwar nicht, durchaus aber die Kernaussage, wonach die Infektionsgefahr unter bestehenden Hygienebestimmungen niedriger ist als etwa in Supermärkten.
Mehr als zehntausend Menschen hätten das Gloria-Theater seit Pandemiebeginn besucht, sagt Schmidt. „Wissen Sie, wie viele Fälle wir ans Gesundheitsamt melden mussten? Keinen einzigen!“ Ob der Appell Wirkung zeigt, bleibt abzuwarten: Bis gestern Mittag verzeichnete das YouTube-Video bescheidene 120 Aufrufe.