Nur ein paar Stühle stehen auf der Färbe-Bühne in Singen. „As time goes by“, ein musikalisch-literarisches Kabarett, ist sehr minimalistisch gehalten. Das ist sowohl der kurzfristig anberaumten Premiere geschuldet als auch ständig wechselnden Corona-Regelungen. Kultur muss heutzutage so flexibel sein wie schon lange nicht mehr. Das macht aber nichts, denn für gute Unterhaltung wird dennoch gesorgt.

Mit Texten von Erich Kästner, Kurt Tucholsky und (wie das Ensemble verspricht) Weisheiten und Blödsinn aus dem Internet sind die Lacher gesichert. Mit ein Grund dafür ist sicherlich auch Langzeitmitglied Elmar F. Kühling, der in grünem Trainingsanzug und Cowboy-Stiefeln den modischen Blickfang des Abends bietet. Inmitten des sehr humorvollen Programms wird allerdings auch immer wieder das Hauptthema der vergangenen Monate verarbeitet – Corona.

Bereits zum Einstieg wird eine fiktive Tagesschau aus dem Jahre 1920 vorgetragen und anhand der Spanischen Grippe werden gekonnt Parallelen zur aktuellen Pandemie gezogen. So lautet eine der vorgetragenen Schlagzeilen: „Jetzt Verdopplung der Intensivbetten – auf zwei“. Den 30er-Jahre-Hit „Ich wollt‘ ich wär‘ ein Huhn“ dichtet Milena Weber anschließend passend um zu „Ich wollt‘ ich wär‘ immun“.

Keine Überlebenden von 1874

Während der eine oder andere Schauspieler sich in den letzten Monaten hinsichtlich Corona im Ton vergriffen hatte, findet das Färbe-Ensemble deutlich elegantere Wege. Statt Klagen wird da mit viel Selbstironie auch über die Künstler selbst gespottet. Narzisstisch seien sie, alle drogensüchtig und nur durch die Steuergelder der Bürger der Mitte finanziert. Im nächsten Atemzug geht es dann eben weiter mit einer Schimpftirade über die Politiker und deren Alkoholkonsum. Trotzdem bezieht die Truppe klar Stellung, wie sich in Scherzen über Verschwörungstheoretiker, Impfgegner und AfD zeigt. Impfskepsis sei berechtigt, von der Pockenimpfung 1874 gebe es schließlich auch keine Überlebenden mehr!

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Noch weiter darf das Schauspieler Daniel Leers in seiner Rolle als Scheinwerferlicht-Gegner treiben. Es sei schließlich seine eigene Entscheidung, ob er nachts ohne Licht fahren wolle. Manch einer sei immerhin schon daran erblindet. Die Positionierung innerhalb der Corona-Politik ist damit klar zum Ausdruck gebracht. Auch ein Seitenhieb gegen die viel beachtete Corona-Demonstrantin Jana aus Kassel darf nicht fehlen. So meint Leers mit einem Augenzwinkern: „Und ich fühle mich wie Jesus, weil ich es ab und zu im Kreuz habe.“ Wenn der unvorteilhafte Sophie-Scholl-Vergleich eines gezeigt habe, dann dass keine Schulen mehr geschlossen werden sollten. Jede verpasste Geschichtsstunde sei wohl eine zu viel.

Zwischen den Gags wird dieser Tenor noch durch Lieder wie „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten untermalt. Ein leichtherziger Abend, der nur einen Haken hat: Er ist zu schnell vorbei.

Weitere Vorstellungen: am 16.-19. und 23.-26. Juni jeweils um 20.30 Uhr in der Färbe. Weitere Informationen: http://www.diefaerbe.de