Aufbruchstimmung in der CDU: Das zumindest will die Union mit der Neubesetzung einiger Schlüsselpositionen in der Partei vermitteln. Nach dem Rückzug des baden-württembergischen CDU-Vorstands Thomas Strobl aus dem Bundesvorstand bewerben sich einige um dessen Nachfolge.

Nominiert ist nun auch Andreas Jung – der Konstanzer Bundestagsabgeordnete will dafür seinen Fraktionsvizeposten aufgeben. Thorsten Frei, CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis, soll von seinem bisherigen Posten als Fraktionsvize zum parlamentarischen Geschäftsführer der Union werden.

Jung will in die Parteispitze

Dem SÜDKURIER sagt Jung, Strobl sorge im Land für Stabilität, während er an der Bundesspitze Raum für Erneuerung gebe. Der Südwesten sollte auch weiterhin an der Bundesspitze vertreten sein, so sein Credo.

In der Führungsspitze will der 46-Jährige das Thema Klima und Nachhaltigkeit verankern: „Wenn wir uns neu aufstellen, dann muss neben den Themen Wirtschaft und soziale Sicherheit auch Klima und Umweltschutz von vorne herein vertreten sein – nicht nur in Krisenzeiten“, so Jung. Die Aufgabe traue er sich zu, es sei aber auch „ein großer Schritt“, an die Bundesspitze der Partei zu treten. Die nötige Veränderung in der Union, die nun in die Opposition muss, wolle er mitgestalten.

Jung nicht konkurrenzlos

Jung macht aber auch klar: „Ich muss erst noch gewählt werden, das ist kein Selbstläufer.“ Das Feld sei eng, so Jung. Er hält auch eine Kandidatur von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer als „Stimme des Ostens“ für möglich, der sich bislang aber noch nicht erklärt hat.

Wird Andreas Jung gewählt, würde Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr und digitale ...
Wird Andreas Jung gewählt, würde Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, sein Nachfolger als Fraktionsvize werden. | Bild: Michael Kappeler

Carsten Linnemann, der bisher die Mittelstands- und Wirtschaftsunion leitete, diesen Posten aber abgibt, will kandidieren. Er galt lange als Anwärter für den Vorstandsposten selbst, unterstützt aber Friedrich Merz‘ Kandidatur für diesen Posten. Beide hält Jung für ernsthafte Konkurrenz.

Seinen Aufstieg an die Bundesspitze hatte Jung selbst gewollt, betont er – und sieht ihn als Machtgewinn: „Es gibt keinen Zweifel, für die CDU in Baden-Württemberg ist die herausgehobenste Position die des Bundesvize, die bisher Strobl innehatte.“ In der Bundestagsfraktion war er einer von elf Stellvertretern, in der Partei wäre er einer von fünf Stellvertretern. Ob er seine Karriere in der Partei noch weitertreiben will, sagt er nicht. Es gebe ja schon drei Kandidaten für den Bundesvorsitz seiner Partei, weicht Jung aus.

Frei schweigt sich aus

Wechseln wird auch Innenexperte Thorsten Frei, der als aussichtsreicher Kandidat für einen der begehrten Ministerposten galt, wäre die CDU in der Regierungsverantwortung geblieben. Über seinen voraussichtlichen neuen Posten als Parlamentarischer Geschäftsführer will der 48-Jährige aber auf Anfrage des SÜDKURIER nicht sprechen.

Energisch im Bundestag, schweigsam was seine neue Rolle angeht: Thorsten Frei.
Energisch im Bundestag, schweigsam was seine neue Rolle angeht: Thorsten Frei. | Bild: Kay Nietfeld

Sein Sprecher lässt ausrichten, Frei beteilige sich nicht an Spekulationen. Dass der gebürtige Bad Säckinger und frühere Bürgermeister von Donaueschingen den Posten bekommen wird, gilt aber als sicher. Damit wird er Vorgänger Michael Grosse-Brömer ablösen, der seinerseits Ambitionen auf den Bundesvizeposten hatte.

In seiner neuen Rolle wird Frei Parlamentsdebatten vorbereiten und Fraktionssitzungen, wird also zum Strippenzieher in der Partei, koordiniert die Tätigkeiten der Abgeordneten und muss Sorge tragen, dass in der Fraktion bei namentlichen Abstimmungen (also ohne Fraktionszwang) möglichst Geschlossenheit herrscht. Ein Managerposten also, einflussreich, aber auch mit „überschaubarem öffentlichen Prestige“, wie die „taz“ einmal schrieb.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, sagte einmal über den Posten: „Man ist die Schnittstelle von Fraktion, Partei, Regierung, Bundesrat, Europaparlament und Landtagsfraktionen.“ Er sehe seine Rolle als eine Mischung von Stabschef und Personalverantwortlichem, zudem trage er die Finanz- und Organisationsverantwortung, fasst er zusammen.

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Als parlamentarischer Geschäftsführer wird er eng mit Fraktionschef Ralph Brinkhaus zusammenarbeiten. Das setzt Vertrauen voraus. Durch seinen bisherigen Posten als Fraktionsvize arbeiteten Frei und Brinkhaus ohnehin schon eng zusammen. Reibungsflächen dürfte es hier kaum geben, in Frei fände Brinkhaus wohl eher einen Verbündeten: Frei unterstützte Brinkhaus, seinen Posten als Fraktionschef fortzuführen, als Parteichef Armin Laschet die Postenvergabe noch hinauszögern wollte – und selbst ein Auge darauf geworfen hatte.

Neuer Bundesvorstand erst im Januar

Erst im Januar wird ein neuer Bundesvorstand der CDU beim digitalen Parteitag gewählt. Drei Männer bewerben sich um den Vorsitz der Partei. Der bisherige Kanzleramtschef Helge Braun ist dabei der einzige, der sich zum ersten Mal bewirbt. Merkelkritiker Friedrich Merz, trat bereits 2018 und 2020 an und scheiterte. Der frühere Umweltminister Norbert Röttgen versuchte es ebenfalls schon 2020.

Andreas Jung hat bereits mit allen dreien zusammengearbeitet. Mit Braun arbeitete er am Klimapaket der CDU, mit Merz war er im Team Laschet verbündet und Röttgen war für Jung als Klimavertreter in dessen Ministerzeit eine wichtige Anlaufstelle. Zusammenarbeiten könne er mit allen, betonte Jung.