Die Bundespräsidentenwahl gilt als das Hochamt der Demokratie: 1472 Wahlleute kommen zusammen, um über das erste Amt im Staate abzustimmen. Weil unter diesen Wahlleuten nicht nur viele prominente Politiker sind, sondern auch etliche Promis aus Wissenschaft, Sport und Kultur vertreten sind, ist es auch ein Stelldichein bekannter Namen und Gesichter.
Gaby Hauptmann, Schriftstellerin und Moderatorin vom Bodensee, gehört zu den prominenten Gesichtern. Aber die Allensbacherin, die einst ihre journalistische Ausbildung beim SÜDKURIER absolvierte, ist auch Journalistin durch und durch. Die Heimatzeitung belieferte sie deshalb mit Bildern und ihren persönlichen Eindrücken vom Wochenende in Berlin.
Los ging es für die Mitglieder der Bundesversammlung schon am Samstagnachmittag – natürlich mit Tests. Damit die Wahl des Bundespräsidenten nicht zum Corona-Hotspot mutiert, ist Sicherheit groß geschrieben. Alle Delegierten müssen ein aktuelles negatives Testergebnis nachweisen können. Vor dem Reichstag wurde eigens ein Testzentrum aufgebaut – mit Kapazitäten von bis zu 650 Tests in der Stunde.
Die Schlangen vor dem Reichstagsgebäude sind trotzdem beträchtlich.

Hauptmann ist mit einer Gruppe von CDU-Wahlleuten angereist – die Südwest-CDU hatte die 64-Jährige auch nominiert. Teil der Gruppe ist praktischerweise auch Lisa Federle. Die Tübinger Notärztin erreichte bundesweite Bekanntheit, weil sie im Landkreis Tübingen schon früh auf ein Massentestkonzept setzte, mit dem man Altenheime und Pflegeeinrichtungen besser schützen wollte und das auch das Tübinger Modell der Lockerungen ermöglichte. „Angesichts der langen Schlange vor dem Testzentrum bekam Lisa Federle die offizielle Erlaubnis, unseren kleinen Kreis zu testen“, schreibt Hauptmann.
Ein Abendessen bis spät in die Nacht
Auf die offiziellen Ansprachen bei der CDU/CSU-Fraktionssitzung und im Plenarsaal des Bundestags folgte der gemütliche Teil beim gemeinsamen Abendessen der CDU-Landesgruppe. Gaby Hauptmann unterhält sich unter anderem mit Familie Schäuble – Wolfgang Schäuble und seine Frau Ingeborg waren ebenso da wie Schwiegersohn und CDU-Landeschef Thomas Strobl und dessen Ehefrau, die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl. Auch mit Friedrich Merz kommt Hauptmann ins Gespräch. Bei ihrer ersten Bundesversammlung 2012 – gewählt wurde damals Joachim Gauck – hatte sie neben dem heutigen CDU-Bundesvorsitzenden gesessen und ihn auf seine mögliche Rückkehr in die Politik angesprochen, die er damals verneinte. „Er musste selbst drüber lachen“, berichtet Hauptmann vom Gespräch.
Alles in allem scheint man sich gut unterhalten zu haben. Hauptmann und ihr Partner Pep Schmidbauer verlassen die Abendgesellschaft gegen 3 Uhr – nach eigenen Angaben nicht als letzte.

Nach recht kurzer Nacht geht es am Sonntagmorgen um 8 Uhr mit einer ökumenischen Morgenandacht in der St. Marienkirche los. „Eine Besonderheit, dem Pfarrer, Rabbiner und Imam zuzuhören“, schildert Hauptmann. „Gemeinsame Aussage, im Glauben und im Leben: miteinander, statt gegeneinander. Könnte man dies doch nur in alle Köpfe meißeln“, schreibt sie dazu. Bei den Fürbitten ist eine bekannte Stimme zu hören: Winfried Kretschmann. Keine Polit-Show des tatsächlich sehr gläubigen baden-württembergischen Ministerpräsidenten, sagt Hauptmann.
Ab Mittag kommen die Wahlleute im Paul-Löbe-Haus zusammen. Der Plenarsaal ist für die 1472 Wahlleute unter Corona-Bedingungen zu klein. „Klar macht jeder noch Schnappschüsse“, schreibt Gaby Hauptmann, die auch selbst zum Handy greift.

In der Gruppe der von der CDU Baden-Württemberg entsandten Wahlleute ist auch Schwester Maria Hanna Löhlein, Generaloberin vom Franziskanerinnenkloster Reute. „Eine aufgeschlossene und kluge Frau“, schreibt Hauptmann. „Beim morgendlichen Kaffee haben wir sie am Tisch mal so ein bisschen über ihre Ansichten zu Zölibat, Frauen in der Kirche usw. befragt.“ Leider könne sie nicht Päpstin werden. „Mit ihren modernen Ansichten würden die Gläubigen wieder ein- statt aus der Kirche austreten.“

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ebenfalls unter den Wahlleuten. Hauptmann ist ihr schon bei mehreren Gelegenheiten begegnet. Ihren neuen Roman konnte sie der Kanzlerin nicht in die Hände drücken – zu schwer für die Handtasche. Sie will ihn ihr schicken. Auf jeden Fall reicht die Zeit für einen Schnappschuss mit der CDU-Politikerin.
Hauptmann ist nicht die einzige Wahlfrau aus dem Wahlkreis Konstanz. Ein Bild mit den anderen Vertretern liefert sie ebenfalls.

Dass Schlagersänger Roland Kaiser unter den Wahlleuten ist, muss nicht verwundern. Sein politisches Engagement ist bekannt, der Sänger ist schon seit vielen Jahren bekennender Freund der SPD.
Zu den gut vertretenen Berufsgruppen bei den Wahlleuten zählen die Virologen. Auch der bekannteste darf nicht fehlen: Christian Drosten von der Berliner Charité berät nicht nur die Bundesregierung, er erklärt im NDR-Podcast Coronavirus Update seit zwei Jahren den Deutschen die Pandemie.

Zurück im Bus auf dem Weg zum Flughafen lobt die Schriftstellerin die gelöste, freie Stimmung im Paul-Löbe-Haus. „Man konnte jeden ansprechen.“ Ihre Befürchtung, dass dies durch Corona nicht möglich sein würde, hat sich nicht bestätigt. „Das war richtig gut.“ Steinmeiers Rede wird ihr im Gedächtnis bleiben – besonders ein Satz: „Vertrauen in die Demokratie heißt Vertrauen in uns selbst.“