Wer als deutscher Automanager sehen will, wie man mitten in der Multi-Krise erfolgreich sein kann, sollte ins französische Städtchen Douai schauen. Dort – unweit der belgischen Grenze – zieht Renault seit einiger Zeit Europas größtes Produktionszentrum für Elektroautos hoch.

Renault-Chef Luca De Meo setzt auf günstige Elektroautos und scheint damit Erfolg zu haben
Renault-Chef Luca De Meo setzt auf günstige Elektroautos und scheint damit Erfolg zu haben | Bild: ALAIN JOCARD, AFP

Neue Werke und eine riesige Batteriefabrik sind Teil von Renaults ambitionierter Elektro-Offensive. Konzernchef Luca de Meo hat sie vor fünf Jahren dem Unternehmen verordnet, das damals nach seinen Worten „quasi tot“ war. Heute sind damals gewährte Staatskredite zurückbezahlt und der Autobauer ist so profitabel wie noch nie.

Tausende Stellen werden gestrichen, Produktion abgezogen

In Deutschland sieht es anders aus. Von Erfolgsmeldungen ist die heimische Auto-Branche weit entfernt. Volkswagen stellt die Pkw-Produktion an zwei deutschen Standorten ein, streicht Tausende Stellen und will jedes Jahr vier Milliarden Euro sparen. Die Konzerntöchter Audi und Porsche, einst Ertragsperlen für Wolfsburg, schwächeln.

Arg ramponiert: Die Dieselkrise hat insbesondere VW viele Milliarden gekostet.
Arg ramponiert: Die Dieselkrise hat insbesondere VW viele Milliarden gekostet. | Bild: Jens Büttner, dpa

Der Absatz sinkt, insbesondere bei Elektrofahrzeugen und auf dem so wichtigen chinesischen Markt. Vergangene Woche schockte auch noch Mercedes-Benz mit einem Gewinneinbruch von gut 40 Prozent im Autogeschäft. Die Schwaben reagieren wie gewohnt – mit einem Sparprogramm. Auch in Stuttgart werden nun Jobs abgebaut.

Premiumhersteller haben Fehler gemacht

Besonders die deutschen Premiumhersteller haben in den vergangenen Jahren einiges anders gemacht als ihre ausländischen Konkurrenten. Man könnte auch sagen: Sie haben massive Fehler begangen, die andere vermieden. Mercedes-Benz, BMW, Audi und Co. haben ihre Modellpaletten auf Luxus getrimmt und vom Massenmarkt weg entwickelt.

Kleinwagen wie A- und B-Klasse oder der Audi A1 wurden oder werden eingestellt. Dicke Schlitten bringen dicke Gewinne, das war das Mantra, mit dem man vor allem den Aktionären gefallen wollte.

Ola Källenius, der Vorstandsvorsitzende der Mercedes-Benz-Group AG, hat den Autobauer auf Luxus getrimmt. Die Strategie fällt seit ...
Ola Källenius, der Vorstandsvorsitzende der Mercedes-Benz-Group AG, hat den Autobauer auf Luxus getrimmt. Die Strategie fällt seit einigen Monaten in sich zusammen. | Bild: Bernd Weißbrod, dpa

Den sogenannten deutschen Premiumherstellern ist es damit kurzzeitig gelungen, den Gewinn in ungeahnte Höhen zu jazzen. Dass es eine Hochrisikostrategie war, war schon damals klar. Und jetzt zeigen sich die Auswirkungen umso drastischer.

Die Einstiegskunden brechen weg und mit der Krise in China, wo Luxus plötzlich nicht mehr läuft, schmilzt der Gewinn je Fahrzeug wie Eis in der Sonne. Damit fehlt den Herstellern das Geld, auf dem Feld der Elektromobilität weiterzukommen. Dort fahren sie sowieso schon hinterher. Das Projekt Luxus ist gründlich schiefgegangen.

E-Dacia für 18.000 Euro

Autobauer wie Renault oder auch Toyota haben der deutschen Überheblichkeit Bescheidenheit entgegengesetzt und sich exakt spiegelbildlich verhalten. Statt auf Prestigemodelle haben sie auf Kleinwagen und familienfreundliche Fahrzeuge gesetzt, speziell auch im Elektrosegment.

Schon der Renault-Flitzer Zoe war vor einiger Zeit ein Gassenhauer. Und seine ebenfalls vollelektrischen Nachfolger R5 und R4, die gerade in den Handel rollen, setzen die Tradition fort. Mit dem E-Twingo und einem E-Dacia werden die Franzosen bis Mitte 2026 gleich zwei Jedermanns-Stromer unter 20.000 Euro in den Autohäusern haben. Das schafft nicht einmal Volkswagen.

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Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius kann sich unterdessen auf die Fahnen schreiben, die Durchschnittspreise der Marke mit dem Stern in seiner Amtszeit von gut 50.000 Euro auf mehr als 74.000 Euro nach oben getrieben zu haben. Nur kauft sie leider keiner mehr.

Deutsche Hersteller haben technologisch verloren

Schon in der Diesel-Krise führte eine ähnlich abgehobene Grundhaltung die Branche nahe an den Abgrund. Dass die Zeit für den scheinbar besten Antrieb der Welt abgelaufen war, wollte man in Stuttgart, München und Wolfsburg partout nicht erkennen.

Mit strategischen Strohfeuern wie der Luxusstrategie hat man sich seither über die Jahre gerettet und nicht erkannt, dass der technologische Abstand zu Tesla und den chinesischen Herstellern immer größer wurde. Bescheidenheit war eben noch nie eine Tugend der deutschen Leitbranche. Jetzt wird man sich schlicht bescheiden müssen.