Dass ein Pfarrer im Erzbistum Freiburg zwei oder mehr Messen liest, ist nicht ungewöhnlich. Wenn Georg Gänswein dies tut, richtet sich sofort verstärkte Aufmerksamkeit darauf. Der ehemalige Sekretär von Papst Benedikt (†2022) hielt sich zu Wochenbeginn in Freiburg auf und nahm als Zelebrant an zwei Messen teil.

Schnell stellte sich die Frage: Bereitet der Kurienerzbischof die Rückkehr in die badische Heimat vor? Schnell reimt sich das eine zum anderen: Der 66-Jährige hat nach dem Tod von Benedikt keine Aufgabe mehr. Und: Papst Franziskus hat ihm in einem Interview in ungewöhnlich deutlicher Form nahegelegt, dass der Ex-Sekretär den Vatikan verlassen möge. Die Rückkehr in seine Heimat liegt also nahe.

Der Weihbischof klärt auf

Seitdem schießen die Spekulationen ins Kraut um den Mann, der durch sein Amt als Privatsekretär zur Berühmtheit wurde. Wozu die beiden Messen in Freiburg? Man habe dazu „keine Informationen“, heißt es zunächst aus der Pressestelle im Ordinariat.

Bei einem weiteren Anruf klärt sich die Sache dann doch noch auf: Er habe Gänswein am Abend vorher dazu eingeladen, die Messe im Münster mitzufeiern, sagt Weihbischof Peter Birkhofer. An seiner Bischofsweihe 2018 war auch Gänswein beteiligt war.

In der morgendlichen Messe um 7 Uhr konzelebrierten regelmäßig sieben, acht Priester, erläutert Birkhofer. Im Münster ist es außerdem normal, dass sich Priester von außen in der Sakristei melden, um bei einer Eucharistiefeier zu assistieren (als Konzelebrant) oder die Messe zu halten (Zelebrant). Bei Gänswein allerdings war sein Mitfeiern bereits verabredet.

Kurienerzbischof Georg Gänswein geht vor einer Eucharistiefeier bei Regen zur Sakristei des Freiburger Münster.
Kurienerzbischof Georg Gänswein geht vor einer Eucharistiefeier bei Regen zur Sakristei des Freiburger Münster. | Bild: Philipp von Ditfurth, dpa

Dass Gänsweins Messelesen also etwas mit seiner beruflichen Zukunft zu tun haben könnte, weist der Weihbischof ins Reich der Gerüchte. „Das ist natürlich Quatsch. Damit hatte das überhaupt nichts zu tun.“ Stattdessen: Ein ganz normaler Vorgang, „völlig unaufgeregt“.

Interviews im Herder-Verlag

Generalvikar Christoph Neubrand, Verwaltungschef des Bistums, hatte indes keinen Kontakt zum Besucher aus Rom. Erzbischof Stephan Burger hält sich in Kolumbien auf, um dort Projekte der Caritas kennenzulernen.

Gänswein besuchte in Freiburg auch den Herder-Verlag, um dort Interviews zu geben. Er reiste als Autor eines Bestsellers nach Süddeutschland und nicht, um nach einem leerstehenden Pfarrhaus im Kaiserstuhl zu schauen.

Der Verkauf des Buches „Nichts als die Wahrheit“ läuft bisher sehr gut, nachdem das Buch im März in deutscher Übersetzung auf den Markt gelangte. Durch die Interviews im Herder-Haus soll den Memoiren von Georg Gänswein noch ein Schub gegeben werden.

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Indiskretionen kommen nicht gut an

Seinem Ansehen in Italien haben die Betrachtungen in Buchform eher geschadet. Viele Beobachter waren entsetzt, dass die ersten Kapitel bereits in italienischen Zeitungen standen, als Benedikt XVI. noch nicht beerdigt war. Die Italiener werten es eher als Zeichen deutscher Überheblichkeit, dass er diese Memoiren geschrieben hat und auch Indiskretionen nicht scheut.

Im deutschen Büchersortiment steht das Buch von Gänswein jetzt Rücken an Rücken mit den Bekenntnissen von Dieter Bohlen: Der Sänger und Juror hatte schon vor 20 Jahren seine persönlichen Erlebnisse und Damenbekanntschaften niedergeschrieben unter dem Titel: „Nichts als die Wahrheit“.

Bald nicht mehr Kurienerzbischof

Die Zukunft des Monsignore mit Schwarzwälder Wurzeln scheint demnach weiter offen zu sein. Kenner des Erzbistums halten es für unwahrscheinlich, dass Georg Gänswein ins Erzbistum zurückkehrt. Auch die Option mit Costa Rica war wohl eine Ente. Gänswein bezeichnete es selbst als „Fake“, dass der Papst ihn als Diplomaten nach Lateinamerika entsenden werde. Fest steht nur, dass er den Vatikan verlassen muss. Der Kurienerzbischof wird dann zum Titularerzbischof.